Familien-Kolumne „Kinderkram“ Umweltschutz ist eigentlich kinderleicht

Bonn · Es gibt sie immer wieder die Augenblicke, in denen kindliche Weitsicht Eltern einfach nur sprachlos macht. Ein guter Anlass, eigene Gewohnheiten einmal zu hinterfragen.

Familien-Kolumne „Kinderkram“: Umweltschutz ist eigentlich kinderleicht
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Als sie erfuhr, dass ihr heiß geliebter Unverpackt-Laden schließt, war unsere Tochter untröstlich. Der Weg dahin, das vorherige Zusammensuchen von Gläsern und Dosen, die sie dann mit verschiedenen Dingen füllt, war ihr ein lieb gewonnenes Ritual und ein wichtiges Anliegen. Eifrig überlegte sie daher, wie wir Eltern vielleicht in die Bresche springen, beruflich umsatteln und den Laden, der seine Waren ohne unnötige Plastikumhüllung verkauft, fortführen könnten.

Inmitten dieser schon recht konkreten Überlegungen erreichte uns dann aber die Nachricht, dass andere die gleiche Idee schon in die Tat umgesetzt haben. Die Wiedereröffnung steht kurz bevor, der Termin ist dick im Kalender unserer Tochter vermerkt, auch in dem ihrer kleinen Schwester. Das Bewusstsein für ihre Umwelt und den sorgsamen Umgang mit ihr haben beide verinnerlicht. Gut, die Große mehr als die Kleine, aber vom Prinzip her wissen beide sehr genau, was den Klimawandel vorantreibt und was hilft, ihm Einhalt zu gewähren – und das durchaus mehr als manch ein Erwachsener.

Auch mich versetzen sie dabei gelegentlich ins Staunen über so viel kindliche Weitsicht und lassen mich mein eigenes Verhalten immer wieder kritisch hinterfragen. Bei unserer Großen fing das schon sehr früh an. Ein gefällter Baum ließ einst auf dem Weg in den Kindergarten ihre Tränen kullern und in ihr kurzzeitig den Wunsch reifen, eines Tages Bürgermeisterin zu werden, um das künftig zu verhindern. Der Berufswunsch ist längst ein anderer, aber ihre Liebe zur Natur ist geblieben. Davon zeugt als jüngstes Beispiel der ausgediente Kaugummi-Automat, den sie mit ihrem Papa zu einem Spender für Saatkugeln umbaut. Die Produktion der mit allerlei bienenfreundlichem Saatgut gefüllten Kugeln läuft schon auf Hochtouren. Nur über den besten Ort für den Automaten sind wir uns noch nicht so recht einig geworden. Da prallt die elterliche Sorge vor Vandalismus auf kindlichen Idealismus.

Klare Haltung

Nachhaltig in Erinnerung ist mir auch ein Gespräch, das sich bei einer Autofahrt entwickelte. Unsere Kleine verkündete damals, dass sie später mal genauso ein Auto fahren möchte wie ihre Mama. „Ich nicht“, zerstörte ihre große Schwester, damals noch im Grundschulalter, schnell ihre Hoffnung auf einen gemeinsamen Plan. Sie wolle gar keinen Führerschein machen, da Autos ja der Umwelt schaden, fügte sie noch erklärend hinzu. Auch meinen Einwand, dass es ja auch Elektroautos gebe, schmetterte sie ab: „Ja, Mama, aber der Strom muss ja auch irgendwie erzeugt werden.“ Damit war die Unterhaltung für sie beendet – und ich war sprachlos und zugegebenermaßen auch stolz auf meine Tochter, die in so jungen Jahren schon eine so klare Haltung zeigte.

Die hat sie sich auch als Zwölfjährige bewahrt. Sie hinterfragt alte Gewohnheiten, versucht, uns alle von verpackungsfreier Seife für Haut und Haar als Ersatz für Duschgel und Shampoo aus der Plastikflasche zu überzeugen und geht mit gutem Beispiel voran. Gut, sie steigt auch noch zu mir ins Auto, aber nicht ohne vorher alle Alternativen auszuschließen. Auch ich prüfe mein Verhalten kritischer als früher – nutze zum Beispiel häufiger das Fahrrad für kleinere Einkäufe und achte beim Einkauf darauf, Müll zu vermeiden. Vielleicht wäre ja eine Idee unserer Tochter aus jüngeren Jahren die Lösung für gleich mehrere Probleme: ein mit Biomüll betriebenes Auto. Ihre dazugehörige Zeichnung liegt an einem sicheren Ort bereit – für alle Fälle.

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