Familien-Kolumne „Kinderkram“ Unsichtbar, aber immer da

Bonn · Wenn Kinder auf einmal von und mit Freunden sprechen, die niemand außer ihnen sieht, ist das kein Grund zur Sorge. Im Gegenteil, so ein imaginärer Freund stärkt sie fürs Leben.

 Um Unterhaltsames und Ärgerliches aus dem Elternalltag geht es in unserer Kolumne "Kinderkram".

Um Unterhaltsames und Ärgerliches aus dem Elternalltag geht es in unserer Kolumne "Kinderkram".

Foto: GA/ivector - stock.adobe.com

Wann er kam und wann er wieder ging, kann ich im Rückblick nicht mehr so genau sagen. Aber eine Zeit lang war unsere Familie größer als sie eigentlich ist. Patto hieß der Gefährte, den unsere Große eines Tages in unser Leben holte. Wir brauchten ein paar Tage, bis wir verstanden, dass es sich dabei nicht um einen neuen Jungen in ihrer Kita-Gruppe handelte. Nein, Patto war nicht nur dort ihr Spielgefährte. Er war immer zur Stelle, wenn sie ihn gerade brauchte, allerdings nur für sie allein sichtbar, ihr persönlicher imaginärer Freund also.

Der nahm zwischenzeitlich viel Raum ein in unserem Familienleben. Meist war er verantwortlich für das Chaos im Kinderzimmer und natürlich auch Ideengeber für jedweden Unsinn, den unsere Tochter anstellte. „Das war Patto“, ist bis heute ein geflügeltes Wort. Patto war aber weit mehr als ein Unruhestifter. Er hat die Kreativität unserer Tochter definitiv beflügelt. Davon zeugen all die Geschichten, die sie uns von ihm erzählte. Sie hat sich um ihn gesorgt und ihn in vielen Situationen einbezogen. Beim Essen musste natürlich auch ein Teller für ihn auf dem Tisch stehen, beim Spielen bekam er stets eine eigene Spielfigur und wenn er dann gewonnen hat, hat sie sich wirklich aus tiefstem Herzen mit ihm gefreut.

Sorgen haben wir uns wegen Patto nie gemacht. Wir fanden ihn amüsant. Und, dass es ihn gab und unsere Tochter mit ihm so viel erlebt, einiges sogar von ihm gelernt hat und an ihm auch gewachsen ist, hat uns gefallen. Erst im Nachhinein habe ich gelesen, dass sie mit ihrem imaginären Freund gar nicht so außergewöhnlich ist. Jedes dritte Kind soll so einen Fantasiefreund haben.

Diese Quote erfüllen wir sogar über. Denn Patto blieb nicht lang allein. Eines Tages zog auch sein jüngerer Bruder Momo bei uns ein. Auch ihn konnten wir Eltern nicht sehen, unsere jüngere Tochter dafür aber umso besser. Ihre große Schwester war davon anfangs nicht sehr begeistert, konnte dem Familienzuwachs aber zunehmend mehr abgewinnen. Und Patto und Momo verstanden sich nach ein paar Anlaufschwierigkeiten gut, auch wenn jeder so seine Eigenwilligkeiten hatte und natürlich immer auf der Seite seiner jeweiligen Freundin war.

Was mich allerdings bis heute wundert: Beide haben es strikt abgelehnt, mit uns in den Urlaub zu fahren. „Sie fahren zu ihren Eltern“, erklärten uns unsere Töchter jedes Mal. Vielleicht brauchten aber auch sie einfach mal ein wenig Urlaub von Patto und Momo. Von einer dieser Heimreisen sind die beiden Jungs im Übrigen bis heute nicht zurückgekehrt. „Sie wissen noch nicht, ob sie noch mal zurückkommen“, klärte uns unsere Jüngste erst die Tage auf. Ich fände es schön, denn irgendwie fehlen mir die Zwei.

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