Familien-Kolumne „Kinderkram“ Der Kindergeburtstag: schöne Schätze und wilder Müll
Bonn · Bei der Gestaltung des Kindergeburtstags hatte sich GA-Redakteur Christoph Meurer einmal gehörig in die Nesseln gesetzt. Das sollte ihm nicht noch einmal passieren – und dann besuchte seine Tochter eine Party, die in Erinnerung bleiben wird.
Es gibt Zeitgenossen, die behaupten, dass sich die Menschheit nicht wesentlich weiterentwickelt hat, seit unsere Vorfahren ihre Höhlen verlassen haben. Es gibt keinen wirklichen Fortschritt, es geht lediglich um immer größer, immer schneller, immer weiter. Unbestreitbar ist, dass wir unser Jäger-und-Sammler-Gen in den vergangenen X-Hunderttausend Jahren nicht verloren haben. Bei Kindern zeigt sich das unter anderem auf den Geburtstagsfeiern. Denn aktuell gilt: keine Feier ohne die Jagd nach einem Schatz.
In dieser Hinsicht hatte ich mich vor geraumer Zeit gehörig in die Nesseln gesetzt. Es stand die Feier zum fünften Geburtstag unserer älteren Tochter an. Da für jenen Tag schlechtes Wetter angesagt war und ich – das räume ich ein – nicht so recht in der Stimmung war, improvisierte ich in der Wohnung vier Spiele, an deren Ende jedes Kind eine kleine Tüte mit Süßigkeiten bekam – was ich dann als Schatz deklarierte.
Die Schmach vergessen lassen
Ich muss gestehen, dass mir damals nicht klar war, welche Bedeutung eine Schatzsuche für das Gelingen einer Party hat. Das wurde mir dann am Tag nach der Geburtstagsfeier durch unsere Tochter eingeimpft. Harte Worte und ein stechender Blick bohrten sich in mein Inneres: Nein, Papa, das war keine gute Schatzsuche. Beim nächsten Geburtstag muss das besser sein!
Herausforderung angenommen. Allerdings musste es beim sechsten Geburtstag, der vor Kurzem anstand, wieder eine Indoor-Aktivität sein. Schlechtes Wetter, schon wieder. Die Schmach des Vorjahres wollte ich aber nicht auf mir sitzen lassen. Also verwandelte ich Kinder-, Schlaf- und Wohnzimmer in drei Themenräume, unter anderem mit Lichteffekten, 150 aufgeblasenen Luftballons und zwei selbst gestalteten Puzzles.
Am Ende verschiedener Aufgaben und Rätsel wartete eine gut versteckte Schatzkiste, die ich in Kleinarbeit mit goldenem Krepppapier und selbstklebenden Plastikedelsteinen verziert hatte. Das kam an – und die Auszeichnung „Vater des Jahres“ nehme ich weiterhin gerne entgegen.
Wo wir aber wieder bei größer, schneller, weiter angekommen sind. Schließlich strahlten mich auch noch ein paar Tage nach der Party zwei himmelblaue Augen an und unterstrichen so die Botschaft, dass die Schatzsuche bei der nächsten Feier noch besser werden müsse.
Eine Schatzsuche ohne Schatz
Wobei: Manchmal muss es gar keine Knalleffekte geben, damit eine Geburtstagsschatzsuche in Erinnerung bleibt. Schließlich berichtete unsere ältere Tochter neulich ganz engagiert von der Geburtstagsparty einer Freundin. Natürlich mit Schatzsuche – in diesem Fall als Freiluftveranstaltung.
Allerdings ohne Schatz. Denn der befand sich nicht dort, wo ihn der Vater der Gastgeberin versteckt hatte. Sehr ärgerlich. Weswegen der Vater schnell einen Ersatz-Schatz zusammenstellte und in der Nähe des Hauses versteckte. Möglicherweise hat er die Vater-des-Jahres-Auszeichnung verdient.
Tatsächlich tauschte der Original-Schatz aber wieder auf, wie unsere Tochter berichtete. Eine ältere Dame hatte die Pappschachtel im Wald gefunden, sie für illegal entsorgten Müll gehalten und war zu der Adresse gegangen, die noch auf dem früheren Versandpäckchen klebte.
Sie wollte den Eltern des Geburtstagskindes gerade eine Standpauke über Abfallentsorgung halten, als sie über den Sinn aufgeklärt wurde und zerknirscht von dannen zog. Unsere Tochter merkte dazu noch an, dass man natürlich keinen Müll im Wald liegen lässt. Wegen der Umwelt. Vielleicht hat sich die Menschheit im Laufe der Epochen doch ein wenig weiterentwickelt. Zumindest Teile davon. Zu wünschen wäre es uns allen.