GA-Telefonaktion zum Thema "Schreibabys" Wenn Eltern und Kind keine Ruhe finden

Bonn · Am Dienstag, 4. Juni, beantworten vier Expertinnen von 10 bis 12 Uhr die Fragen der Leser.

 Susanne Absalon

Susanne Absalon

Nächte mit wenig Schlaf: Das ist für die meisten Eltern zunächst einmal ganz normal. Alle Babys schreien. Sowie sie haben, was sie brauchen, sind die meisten auch bald wieder ruhig. Doch manche brüllen weiter, und es will kein Ende nehmen.

Langanhaltendes Schreien über Wochen und Monate führt zu einer enormen Stressbelastung für die Eltern, die trotz großer Anstrengungen keinen verlässlichen Weg finden, ihr Kind zu beruhigen und glauben, deshalb keine gute Mutter oder kein guter Vater zu sein.

Die Gefühle reichen von Ohnmacht, Hilflosigkeit und Verzweiflung bis zur Wut, während sich der gesamte Alltag darauf konzentriert, das Schreien irgendwie in den Griff zu bekommen. Häufig wird auch der Kontakt mit Freunden und Bekannten eingeschränkt, was die Isolation verstärkt.

Auch Paarkonflikte treten in diesem Kontext häufiger auf. Exzessives Schreien gilt als der stärkste Risikofaktor für Misshandlung im frühen Kindesalter: Extremer Kontrollverlust der Eltern trifft auf eine große Verletzbarkeit des Säuglings.

Rund ein Drittel der Eltern klagt über Probleme mit einem Kind, das sich trotz aller Versuche kaum oder nicht beruhigen lässt. Der umgangssprachliche Begriff "Schreibaby" heißt in der Fachliteratur "Exzessives Schreien"; es zählt zu den Regulationsstörungen im Säuglingsalter.

Von exzessivem Schreien in den ersten sechs Lebensmonaten spricht man, wenn das Kind seit mindestens drei Wochen an mindestens drei Tagen pro Woche jeweils mehr als drei Stunden lang schreit. Meist beginnen diese "anfallsartigen Unruheepisoden" in der zweiten Lebenswoche und steigern sich in Intensität und Häufigkeit bis zur sechsten. Gelegentlich bleiben sie aber auch bis zum sechsten Lebensmonat bestehen.

Was können Eltern tun? Wo finden sie Rat und Hilfe - allein schon, um zu wissen, dass sie mit ihren Sorgen nicht allein dastehen? Antworten auf diese und weitere Fragen geben am Dienstag, 4. Juni, bei einer Telefonaktion des General-Anzeigers vier Expertinnen der Koordinierungsstelle "Frühe Hilfen Bonn - Das Netzwerk für Vater, Mutter, Kind" (www.fruehehilfen-bonn.de).

Susanne Absalon ist Diplom-Sozialpädagogin, Netzwerkkoordinatorin und Entwicklungspsychologische Beraterin. Nadine Kappel steht der Koordinierungsstelle als Familienhebamme zur Verfügung.

Diplom-Pädagogin Renate Scheider arbeitet als niedergelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in eigener Praxis in Bonn und Dr. Ursula Scharnagl ist Oberärztin im Kinderneurologischen Zentrum der LVR-Klinik Bonn und Leiterin der Regulations-Sprechstunde.

Das Netzwerk Frühe Hilfen ist Ansprechpartner für alle Familien in Bonn während Schwangerschaft und mit Kindern bis zum dritten Lebensjahr sowie für Fachkräfte und Ehrenamtliche, die Familien beraten, betreuen und unterstützen. So bündelt es auch die Einrichtungen mit spezifischen Angebote für Eltern mit Schreibabies.

Im Jahr 2017 hat die Koordinierungsstelle rund 440 Anfragen angenommen. Bei knapp 160 fand ein Hausbesuch durch eine pädagogische Fachkraft statt. In 30 Prozent der Fälle, bei denen Belastungsfaktoren erfasst wurden, berichteten Vater, Mutter, Bekannte oder auch Fachkräfte von einem frühgeborenen, behinderten oder erkrankten Kind oder auch von einem schwierigen Temperament, auf die sich erfahrungsgemäß die meisten Anfragen beziehen.

Zu den gravierendsten Folgen einer frühkindlichen Misshandlung gehören Hirnschäden des Kindes durch heftiges oder anhaltendes Schütteln. Das 2018 gegründete "Bündnis gegen Schütteltrauma" hat sich zum Ziel gesetzt, Eltern gezielte Informationen bieten, um auch auf diesem Weg die Häufigkeit von Schütteltraumata zu mindern. Auch das Netzwerk ist hier mit eingebunden. (stl)

Die Telefonnummern unserer Expertinnen:

Susanne Absalon (0228) 224 224155

Nadine Kappel (0228) 108 248

Renate Scheider (0228) 108 288

Dr. Ursula Scharnagl (0228) 108 227

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