Familien-Kolumne „Kinderkram“ Wenn Kinder wählerisch beim Essen sind

Bonn · Für Kinder zu kochen ist kein Vergnügen, findet unsere Autorin. Bei ihren Kindern gibt’s nur Lieblingsessen oder Totalverweigerung. Und aktuell werden sogar „Nudeln ohne alles“ boykottiert.

Irgendwer schreit immer „bäh“.

Irgendwer schreit immer „bäh“.

Foto: New Africa - stock.adobe.com

Vor ein paar Wochen hat unsere sechsjährige Tochter verkündet, sie möge nun keine Nudeln mehr. Wenn überhaupt werde sie die Teigwaren zukünftig nur noch in Form von Spaghetti zu sich nehmen – und auch das nur in Kombination mit Bolognese-Soße. Mich hat diese Aussage etwas ratlos zurückgelassen. Zum einen finde ich es beachtlich, in solcher Absolutheit das eine Lebensmittel abzulehnen, für eine ganz bestimmte Form dann aber eine Ausnahme zu machen. Außerdem ist mit ihrer Aussage unser Nummer-eins-Notfall-Gericht weggebrochen, das gekocht wird, wenn alle Hunger haben und niemand Lust auf Diskussionen: „Nudeln ohne alles“. Nudeln ohne alles gingen einfach immer und sie beinhalten für die erwachsenen Mitesser das Potenzial, sie durch würzige Soßen und pfiffige Beilagen aufzupeppen.

Für Kinder zu kochen ist oft kein Vergnügen. Das fing schon damit an, dass unser älteres Kind mit kaum fünf Monaten unsere liebevoll selbstgekochten Möhrenbreie verschmähte, bei den Fertiggläschen aus der Drogerie aber beherzt zuschlug. Zwischendrin gab es Phasen großer Experimentier- und Probierfreudigkeit. Aktuell weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr, was wir kochen sollen. Irgendwer schreit immer „bäh“. Zumal der Nudel-Boykott zeitlich ungünstig mit einer ähnlich vehementen Aussage der dreijährigen Schwester zusammenfällt. Sie hatte es leider nicht ebenfalls auf Nudeln abgesehen, sondern auf Kartoffeln – und auch hier gibt es eine Ausnahme: Pommes.

Im Moment mögen die beiden fast nichts – und noch viel weniger mögen sie alle beide. Die Schnittmenge sind Gummibärchen, rohe Möhren, Salami, Pommes, Oliven und Zitroneneis. Das ist aber kein Menü – zumindest aus Elternsicht – geschweige denn eine ausgewogene Ernährung.

Bei den meisten Erwachsenen, die ich kenne, ist das so: Es gibt ein paar Sachen, die essen sie für ihr Leben gern, Semmelknödel mit Mandelkernsoße zum Beispiel. Dann gibt es ein paar Dinge, die sie gar nicht mögen, nicht vertragen oder aus irgendwelchen anderen Gründen ablehnen, sagen wir Koriander oder Fleisch. Dazwischen liegt ein sehr großes Spektrum an Gerichten und Lebensmitteln, die sind echt okay. Bei unseren Kindern nicht. Unsere Kinder mögen etwas entweder richtig gern – oder sie essen es einfach nicht.

Meine Mutter sagt, ich solle das gelassen sehen. Wenn sie nur ein Gemüse essen, dann ist das doch auch schon etwas. Dann gibt es eben das. Ich freue mich auch ehrlich über die Liebe unserer älteren Tochter zu Gurkensalat. Aber ich selbst möchte einfach nicht jeden Tag Gurkensalat essen. Und wir kochenden Erwachsenen haben auch keine Lust, immer für jedes Familienmitglied eine Extrawurst zu braten – auch nicht im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich habe einmal einen Bericht gesehen, in dem es darum ging, dass in Frankreich gegessen wird, was auf den Tisch kommt, auch vom Nachwuchs. Und auf den Tisch kommen Coq au vin, Ratatouille, Fischsuppe. Schließlich, so das Argument, sei noch kein Kind vor dem gedeckten Tisch verhungert. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Aussage angesichts von Erkrankungen wie Magersucht in ihrer Absolutheit so stehen bleiben kann, aber grundsätzlich ist da wohl etwas Wahres dran. Was ich ziemlich sicher weiß, ist, dass ich nicht die Nerven hätte, das bis zum Äußersten auszutesten.

Hinzukommt, dass die Vorlieben der Kinder nicht so stabil sind wie im fortgeschrittenen Alter. Bananen werden immer eine gewisse Zeit geliebt, dann wieder ein paar Wochen komplett abgelehnt. Leider lässt sich das Angebot hier oft nicht so schnell an die starken Schwankungen der Nachfrage anpassen – weswegen mein Google-Verlauf alle paar Wochen die Suche „Tipps reife Bananen verbrauchen“ aufweist. (Ich kann gebackene Banane wie beim chinesischen Imbiss und veganen Schoko-Bananen-Kuchen empfehlen).

Das wiederum lässt mich hoffen: Dass es sich beim Nudel- und Kartoffelboykott nicht um Lebensentscheidungen handelt, sondern um eine Phase, die bald wieder vorbei ist. Dann gibt es endlich wieder „Nudeln ohne alles“ mit Soße.

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