Juristischer Beistand im Netz BGH stärkt Verbraucherrechte bei Online-Anwaltsverträgen

Karlsruhe · Haben Mandanten beim Abschluss eines Anwaltsvertrages übers Internet ein Widerrufsrecht? Unter bestimmten Voraussetzungen schon, stellt der Bundesgerichtshof klar.

 Wer per Telefon oder Internet einen Anwalt beauftragt, hat möglicherweise ein Widerrufsrecht. Dies ist etwa der Fall, wenn der Anwalt eindeutig im Fernabsatz tätig ist. Foto: Oliver Berg/dpa

Wer per Telefon oder Internet einen Anwalt beauftragt, hat möglicherweise ein Widerrufsrecht. Dies ist etwa der Fall, wenn der Anwalt eindeutig im Fernabsatz tätig ist. Foto: Oliver Berg/dpa

Foto: Oliver Berg

Verbraucher, die rein übers Internet oder am Telefon einen Anwalt beauftragen, können genauso ein Widerrufsrecht haben wie beim Online-Einkauf. Auch in einem solchen Fall gelten die Regeln für Fernabsatzverträge, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Dafür, dass ein Anwalt im Fernabsatz tätig ist, sprechen demnach ein begrenztes Rechtsgebiet, ein Internetauftritt mit bundesweiter Werbung und Mandantschaft aus ganz Deutschland. Das Urteil wurde nun veröffentlicht. (Az. IX ZR 133/19)

In dem Fall hatte ein Student eine auf Hochschul- und Prüfungsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei mit Hauptsitz in Köln verklagt. Der Mann hatte 2017 erst selbst Klage gegen einen Notenbescheid der Fernuniversität Hagen erhoben. Später unterschrieb er nach einem telefonischen Beratungsgespräch mit der Kanzlei eine Honorarvereinbarung und zahlte einen Vorschuss. Insgesamt stellte ihm die Kanzlei am Ende rund 6250 Euro in Rechnung. Der Student widerrief die Honorarvereinbarung und forderte den Vorschuss zurück.

Die Frage war, ob der Student hier ein Widerrufsrecht hatte, wie es Verbraucher im Fernabsatz vor Fehlentscheidungen schützen soll. Der BGH meint, dass ja - denn die Parteien hätten bis zum Abschluss der Vereinbarung nur telefonisch und per E-Mail Kontakt gehabt. Die Anwaltskanzlei habe nicht schlüssig dargelegt, dass ihr Vertriebs- und Dienstleistungssystem nicht auf den Fernabsatz ausgerichtet sei. Tatsächlich spreche einiges dagegen: So bekomme die Kanzlei im Monat bis zu 200 Neuanfragen für Mandate aus ganz Deutschland, obwohl sie nur einen Hauptsitz und drei weitere Kontaktstellen habe.

Normalerweise beträgt die Frist für den Widerruf 14 Tage. Werden Verbraucher nicht über ihr Widerrufsrecht informiert, beginnt diese Frist aber nie zu laufen. So war es auch hier. Der Student kam deshalb aus dem Vertrag noch Monate später wieder heraus. Nach dem BGH-Urteil muss er nichts bezahlen und bekommt den Vorschuss zurück.

© dpa-infocom, dpa:201204-99-575346/3

(dpa)
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