Von Marketing bis Yoga Was Sie zum Bildungsurlaub wissen müssen

Frankfurt/Berlin · In den meisten Bundesländern haben Beschäftigte einen Anspruch auf Bildungsurlaub. Doch wie beantragt man ihn? Und wie kann man die Zeit eigentlich nutzen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Vom Marketing-Seminar bis zum Sprachkurs: Bei der Wahl der Seminare können Sie Ihren Interessen frei folgen. Einzige Voraussetzung: Sie müssen vom jeweiligen Bundesland für Bildungsurlaub anerkannt sein.

Vom Marketing-Seminar bis zum Sprachkurs: Bei der Wahl der Seminare können Sie Ihren Interessen frei folgen. Einzige Voraussetzung: Sie müssen vom jeweiligen Bundesland für Bildungsurlaub anerkannt sein.

Foto: Christin Klose/dpa Themendienst/dpa-tmn

In 14 von 16 Bundesländern gibt es für Beschäftigte einen Rechtsanspruch auf Bildungsurlaub. Ausnahmen sind Bayern und Sachsen.

Doch nur wenige Beschäftigten nehmen bestehende Möglichkeiten auch wahr: Einer Befragung des Ifo-Instituts im Auftrag des Personaldienstleisters Randstad zufolge, für die 630 Personalchefs befragt wurden, sind es im bundesweiten Durchschnitt lediglich 3,5 Prozent.

Dabei lässt sich Bildungsurlaub für die unterschiedlichsten Fortbildungen nutzen - sie müssen gar nicht zwingend mit dem eigenen Beruf zu tun haben. Höchste Zeit, mehr darüber zu erfahren.

Was genau bedeutet Bildungsurlaub?

Bildungsurlaub ist ein gesetzlicher Anspruch, vom Arbeitgeber für eine Fortbildung von der Arbeit freigestellt zu werden. Und das unter Fortzahlung der Vergütung. „Es handelt sich dabei um zusätzliche Tage, die nicht auf den Erholungsanspruch angerechnet werden“, erklärt Tjark Menssen vom Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Frankfurt am Main. Diese Tage können für Weiterbildungen genutzt werden, die als Bildungsurlaub anerkannt sind.

Um Bildungsurlaub in Anspruch nehmen zu können, müssen Beschäftigte bei ihrem Arbeitgeber allerdings die Probezeit hinter sich haben. Jedes Bundesland, in dem es einen Anspruch auf Bildungsurlaub gibt, hat die entsprechenden Regelungen zudem in einem eigenen Landesgesetz verankert. „Manche Länder haben Kleinbetriebe von der Geltung ausgenommen und die Anzahl der Beschäftigten pro Jahr beschränkt, die den Urlaub in Anspruch nehmen dürfen“, so Menssen. Hierzu sollte man sich also vorab gesondert informieren.

Wie viele Tage Bildungsurlaub gibt es?

In Bundesländern, in denen dieser vorgesehen ist, haben Vollzeitbeschäftigte einen Rechtsanspruch von fünf Tagen Bildungsurlaub pro Jahr. Man kann ihn auch auf zehn Tage alle zwei Jahre ansparen. Wird weniger als fünf Tage in der Woche gearbeitet, verringert sich der Anspruch entsprechend.

Übrigens: „Einen Anspruch auf Bildungsurlaub haben neben Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten etwa auch Minijobber sowie arbeitnehmerähnliche Beschäftigte“, sagt Lara Körber von „A-Z Bildungszeit“. Das Berliner Start-up betreibt die Plattform „ Bildungsurlauber.de“, über die Anbieter entsprechender Seminare ihre Angebote veröffentlichen können.

Haben auch Azubis Anspruch auf Bildungsurlaub?

Grundsätzlich ja, zumindest in den Bundesländern, in denen ein Rechtsanspruch auf Bildungsurlaub besteht.

Der Anspruch ist in den Ländern aber unterschiedlich geregelt. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel haben Azubis laut Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz einen Anspruch auf insgesamt fünf Tage politische Arbeitnehmerweiterbildung während ihrer Berufsausbildung. In Mecklenburg-Vorpommern gilt der Freistellungsanspruch von fünf Tagen pro Jahr nur für die Teilnahme an politischen Weiterbildungen und Weiterbildungen für ein Ehrenamt.

Wie kann man den Bildungsurlaub nutzen?

Denkbar ist der Besuch von Sprachkursen, Seminaren, wie etwa im Bereich Marketing, oder von Führungskräftetrainings. Genauso ist es möglich, im Zuge des Bildungsurlaubs Seminare in Sachen Burnout-Prävention, Yoga etwa oder Pilates, zu buchen - und das nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Die Idee des Bildungsurlaubs besteht darin, Menschen weiterzubilden, damit sie sich besser an den Wandel in Gesellschaft und Arbeitswelt anpassen können. „Man sollte deshalb nicht so sehr darauf achten, was einem beruflich nutzt, sondern seinen Horizont erweitern“, rät Menssen. Dabei ist es immer gut, „sich zu fragen, welchem individuellen Bedürfnis oder Lernziel man schon immer einmal Zeit widmen wollte“, so Körber.

Angebote für Seminare, die als Bildungsurlaub anerkannt sind, finden sich beispielsweise auf den entsprechenden Websites der Länder. Einen Überblick über deren Weiterbildungsportale gibt es auf dem Portal der Kultusministerkonferenz.

Wer übernimmt die Kosten?

Wie beim regulären Erholungsurlaub stehen Arbeitgeber in der Pflicht, das Gehalt fortzuzahlen. Kosten für Seminare und Arbeitsmaterialien sowie Fahrtkosten müssen Beschäftigte allerdings selbst übernehmen. Die Ausgaben lassen sich jedoch bei der Einkommensteuererklärung absetzen.

Geht es indes um Fortbildungen, die für die Arbeit wichtig sind, dann sollte die Arbeitgeberseite die Kosten zahlen.

Wie beantragt man Bildungsurlaub?

Menssen beschreibt das Vorgehen so: Man sucht sich bei einem Anbieter ein Angebot heraus, kontaktiert ihn und gibt an, für welche Zeit man eine Teilnahme wünscht. Der Anbieter sendet dann Unterlagen zu, die Beschäftigte beim Arbeitgeber für den Antrag einreichen müssen. „Je nach Bundesland sind die Anträge vier bis neun Wochen vor dem Bildungsurlaub dem Arbeitgeber vorzulegen“, so Körber.

Kann der Arbeitgeber „Nein“ sagen?

Abhängig von der jeweiligen gesetzlichen Regelung im einzelnen Bundesland können Arbeitgeber die Freistellung ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen - etwa ein Großauftrag, der schnell abzuarbeiten ist.

Sollte das einmal der Fall sein, verfällt der Anspruch aber nicht - aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Suchen Sie sich einen neuen Termin und beantragen Sie erneut Bildungsurlaub.

Was tun, wenn es im eigenen Bundesland kein Recht auf Bildungsurlaub gibt?

Natürlich kann man sich immer auf eigene Kosten fortbilden und dafür gegebenenfalls zum Beispiel das Wochenende oder die Abendstunden nutzen. Und: Wenn der Arbeitgeber darin einen Nutzen sieht, kann er das selbstverständlich auch freiwillig unterstützen.

© dpa-infocom, dpa:230607-99-975731/2

(dpa)
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