Jahressteuergesetz Bundestag beschließt umfassende Steueränderungen

Berlin · Das Jahressteuergesetz ist ein Sammelsurium verschiedenster Maßnahmen. Es gibt Erleichterungen, aber auch Belastungen - je nach Sichtweise.

Eine Frau hält eine Geldbörse mit Banknoten in der Hand.

Eine Frau hält eine Geldbörse mit Banknoten in der Hand.

Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Der Bundestag hat am Freitag das Jahressteuergesetz mit umfassenden steuerlichen Änderungen beschlossen. Erleichterungen gibt es zum Beispiel für Solaranlagen, für Arbeitnehmer und im Wohnungsbau. Mineralölkonzerne sollen befristet einen „Energiekrisenbeitrag“ leisten. Eine Übertragung von Immobilienvermögen durch Erbschaften und Schenkungen könnte teurer werden. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen.

Energiekrisenbeitrag

Unternehmen in der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft, die bedingt durch die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und steigender Energiepreise Milliardengewinne machen, sollen einen „Energiekrisenbeitrag“ leisten - befristet auf die Wirtschaftsjahre 2022 und 2023. Gewinne, die im Vergleich zu den Vorjahren den Durchschnittsgewinn um 20 Prozent übersteigen, werden mit 33 Prozent besteuert.

Vermutlich vor diesem Hintergrund schrieb Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf Twitter, das Jahressteuergesetz enthalte vor allem gute Nachrichten, aber auch einige „Wermutstropfen“. Er will nicht von einer „Übergewinnsteuer“ sprechen, die er lange abgelehnt hatte. Im Gesetz steht aber: „Der EU-Energiekrisenbeitrag ist eine Steuer im Sinne der Abgabenordnung.“ Die Maßnahme soll dem Bund Mehreinnahmen von einer Milliarde Euro bringen.

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katharina Beck, erklärte, die Beteiligung von Mineralölfirmen mit ihren Übergewinnen an den Krisenkosten sei ein „wichtiges Zeichen für Gerechtigkeit und Solidarität“. „Das hätte vor einem halben Jahr niemand geglaubt, dass wir das als Ampel beschließen.“ Die Grünen hätten sich einen höheren Steuersatz gewünscht über das von der EU geforderte Mindestmaß von 33 Prozent, dies sei aber nicht möglich gewesen in der Koalition.

Entlastungen für Arbeitnehmer und Alleinerziehende

Der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird von auf 4008 Euro auf 4260 Euro pro Jahr erhöht. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach von einem wichtigen Baustein zur Unterstützung von Alleinerziehenden. „Viele Alleinerziehende können trotz Erwerbstätigkeit nur schwer eine gesicherte Existenz für sich und ihre Kinder schaffen. Weitere Unterstützung ist notwendig, auch um die Belastungen durch gestiegene Energiepreise und die Inflation abzufedern.“

Weitere Entlastungen gibt es durch Anhebungen des Sparer-Pauschbetrags, des Ausbildungsfreibetrags und des Arbeitnehmer-Pauschbetrags.

Die Regelungen für ein häusliches Arbeitszimmer werden vereinfacht und die Homeoffice-Pauschale wird erhöht. Seit der Corona-Pandemie arbeiten viele Arbeitnehmer im Homeoffice statt im Büro. Oft haben dabei aber die Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gefehlt. Deswegen wurde 2020 eine befristete Homeoffice-Pauschale eingeführt. Diese Pauschale wird nun erhöht. Künftig gibt es eine Tagespauschale von 6 Euro, für maximal 210 Tage. Der steuerliche Höchstbetrag beläuft sich also auf 1260 Euro im Jahr. Für alle, die ein Arbeitszimmer zu Hause und keinen Firmen-Arbeitsplatz haben, gibt es künftig auch eine Jahrespauschale von 1260 Euro. Damit soll den Betroffenen viel „Papierkrieg“ erspart werden.

Wohnungs- und Energiepolitik

Das Jahressteuergesetz solle einen neuen Impuls für den Wohnungsneubau geben, der ins Stottern geraten sei, sagte der SPD-Abgeordnete Bernhard Daldrup im Bundestag. Konkret wird die lineare Abschreibung auf Wohngebäude von zwei auf drei Prozent erhöht. Durch eine Neuauflage der Sonderabschreibung soll der bezahlbare und klimagerechte Mietwohnungsneubau gefördert werden.

Steuerzahler sollen ihre Rentenbeiträge ab dem kommenden Jahr voll absetzen können, zwei Jahre früher als ursprünglich geplant. Das soll ein erste Schritt sein, um ein auf langfristige Sicht bestehendes Risiko einer Doppelbesteuerung von Renten zu vermeiden.

Die Energiepreispauschale für Renten- und Versorgungsbeziehende in Höhe von 300 Euro unterliegt, wie auch die Pauschale für Erwerbstätige, vollständig der Besteuerung. Die Besteuerung erfolgt mit dem individuellen Steuersatz. Dies stelle einen sozialen Ausgleich her, da die Besteuerung einkommensabhängig erfolge, wie aus einem Schreiben an die Mitglieder der SPD-Fraktion hervorgeht.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll mit steuerlichen Erleichterungen bei Solaranlagen einen kräftigen Schub bekommen, wie der Grünen-Abgeordnete Stefan Schmidt sagte. Wer eine kleine Photovoltaikanlage auf dem Dach seines Hauses hat, wird von Ertragsteuern befreit, rückwirkend zum 1. Januar 2022. Außerdem werden viele steuerliche Erklärungspflichten beseitigt.

Wertermittlung von Immobilien

Änderungen bei der Wertermittlung von Immobilien könnten bei größeren Vermögenswerten zu einer höheren Erbschaft- oder Schenkungsteuer führen. Die Neuregelung geht zurück auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. Der Bund der Steuerzahler kritisierte, es würden nicht gleichzeitig Freibeträge erhöht. Es bleibe aber die Möglichkeit, einen niedrigeren Wert mithilfe eines Gutachtens zu belegen. Bayern hat sich im Bundesrat bereits für eine Erhöhung von Freibeträgen eingesetzt. Die FDP zeigte dazu Bereitschaft.

Lindner sagte im SWR-„Interview der Woche“, bei der Bewertung von Immobilien müsse er einer Regelung folgen, die noch auf die Verantwortung des früheren Bauministers Horst Seehofer (CSU) zurückgehe. Er warf den Unionsparteien Angstmacherei vor. Es sei keine „breitflächige Steuererhöhungsorgie“ zu befürchten.

Direkte Auszahlungen

Mit dem Jahressteuergesetz soll außerdem die Rechtsgrundlage für eine direkte Auszahlung öffentlicher Unterstützungsleistungen geschaffen werden, und zwar über die steuerliche Identifikationsnummer. Dies soll in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen Zahlungsweg etwa für das geplante Klimageld ermöglichen. In einem ersten Schritt sollen die bislang nicht in der Identifikationsnummer-Datenbank enthaltenen Kontonummern für Steuerpflichtige erhoben und gespeichert werden.

© dpa-infocom, dpa:221202-99-758998/3

(dpa)
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