Wärmedämmung am Haus Dämmen bleibt sinnvoll

BONN · Durch Brände und Schimmelbildung ist Wärmedämmung in Misskredit geraten. Fachleute aus der Region sagen: Zu Unrecht. Unabhängige Beratung hilft individuell und berücksichtigt Sanierungsbedarf und Budget. Informationsabend am 22. November in Bonn.

 Außenwände werden meist mit Platten aus Polystyrol gedämmt – auch bekannt als Styropor. Es gibt auch andere Dämmstoffe.

Außenwände werden meist mit Platten aus Polystyrol gedämmt – auch bekannt als Styropor. Es gibt auch andere Dämmstoffe.

Foto: picture alliance / dpa-tmn

Wenn es um energetisches Bauen und Sanieren geht, wird kaum ein Thema so kontrovers diskutiert wie das Dämmen: „Stoppt den Dämmwahn!“ überschrieb etwa die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Artikel (13.5.2014) und titelte weiter: „Deutschland wird mit Styroporplatten verpackt. Das ist ökologisch zweifelhaft, absurd teuer, die Häuser gehen schneller kaputt. Und es drohen noch weitere Risiken.“

Da mehr und mehr Verbraucher die Frage nach dem Sinn oder Unsinn von Wärmedämmung umtreibt, wurde derweil die Politik aktiv. Etwa die Landtagsfraktion der CDU in NRW, die im vergangenen Jahr einen Antrag (Drucksache 16/8129) mit dem bezeichnenden Titel „Dämmwahn bremsen – Kosten und Nutzen bei der Energiesparverordnung ins Gleichgewicht bringen“ gestellt hatte.

Zur Erklärung heißt es in einer Pressemitteilung: „Bei vielen Maßnahmen der energetischen Sanierung stimmt das Verhältnis von Kosten und Nutzen nicht“, so Wilhelm Hausmann, Baupolitischer Sprecher der CDU-Fraktion: „Eine Sanierung nach den Vorschriften der Energieeinsparverordnung zahlt sich oft für den Eigentümer nicht aus.“ Experten aus der Region raten jedoch, die Diskussion zu versachlichen: Dämmen sei sehr wohl in vielen Fällen weiterhin sinnvoll.

Kritik an der Wärmedämmung

Kernpunkte der Kritik am Dämmen fasst CDU-Politiker Hausmann so zusammen: „Neben der Frage, ob die Sanierung mit Wärmedämmverbund-Systemen aus aufgeschäumten Kunststoffen bauphysikalischen sinnvoll ist, gilt neben der Brandsicherheit auch die Behandlung der Oberflächen mit Bioziden zum Schutz vor Algen- und Schimmelpilzbewuchs als problematisch.“

Daher fordere man die Landesregierung auf, „dem Beispiel Hessens zu folgen und die in Paragraf 25 Energieeinsparverordnung (EnEV) geregelte Ausnahmen so anzuwenden, dass eine unbürokratische Befreiung möglich ist“. Es könne nicht sein, dass Eigentümer gezwungen werden, ihre Immobilien bei einer Modernisierung komplex zu Dämmen, obwohl dies wirtschaftlich wie energetisch unwirtschaftlich wäre.

Warum der Dämmeuphorie vielerorts Skepsis gewichen ist, kann Celia Schütze, Geschäftsführerin der Bonner Energie Agentur (BEA) erklären: „Für viel Verunsicherung haben die Meldungen über Fassadenbrände gesorgt“, glaubt die Bonner Fachfrau. Wie bereits berichtet, war vor allem die Fassadendämmung mit dem beliebten Dämmstoff Polystyrol nach Bränden wie einem Großbrand in Frankfurt im Jahr 2012 stark in die Kritik geraten.

„Diese Meldungen waren teils reißerisch und nicht beispielhaft“, so Schütze. Niemand störe sich etwa daran, dass ein Dachstuhl aus Holz brennbar sei. Laut Schütze gibt es außerdem jede Menge alternativer Dämmstoffe, die weit weniger brennbar seien: „Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann einfach Dämmstoffe einsetzen, die nicht brennbar sind, etwa Mineralwolle oder Schaumglas.“

Noch ein weiterer Aspekt kommt für Thomas Gramlich, Vorsitzender des Bezirksgruppe Bonn/Rhein-Sieg des Bundes Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB), hinzu: „In Misskredit gebracht hat das Dämmen zudem die Schimmeldiskussion.“ Fakt sei in der Tat: „Bei vielen Verbrauchern, die sich bei der Sanierung allein auf das Dämmen konzentriert hatten, trat Schimmel auf.“ Das Phänomen kann er erklären: „Ein unsanierter Altbau wurde oft bislang über Undichtigkeiten gelüftet.“

Auch weist eine Stellungnahme des BDO NRW zu dem besagten CDU-Antrag darauf hin, „dass unserer Erfahrung nach in der Regel Bauschäden und Feuchtigkeitserscheinungen in Innenräumen eher bei ungenügend gedämmten Gebäuden“ auftreten würden. Hinzu komme der Aspekt, dass ein bestehendes Gebäude mit Wärmedämmung weiterhin einen höheren Verkehrswert habe als dasselbe Gebäude ohne Wärmedämmung.

Dämmen ist grundsätzlich eine effiziente Maßnahme

Zwar gibt es laut Gramlich unbestritten Dämmmaßnahmen, die nicht zielführend sind, „etwa Anschlüsse und Übergänge zu anderen Bauteilen, die nicht richtig geplant und falsch ausgeführt werden“. Doch grundsätzlich sei Dämmen weiterhin eine effiziente Maßnahme, „wenn ein ganzheitliches Sanierungskonzept vorliegt“, unterstreicht der Architekt.

Auch für die BEA gibt es keine Gründe, das Dämmen zu verteufeln. Im Gegenteil, so Celia Schütze: „Wir erleben einen Systemwechsel beim Bauen. Der ist auch notwendig, da wir jetzt unsere Welt von morgen bauen und die muss bis 2050 nahezu CO2-frei sein.“ Bis dahin bleibe die Effizienz der Gebäude, also die gedämmte Hülle, „ein ganz wichtiger Baustein“.

Zudem sagt Schütze: „Fast alle Probleme lassen sich im Einzelnen lösen.“ In vielen Fällen unberechtigt sei auch oft das Argument, der hohe Aufwand rechne sich nicht „Es gibt für jeden Geldbeutel sinnvolle Maßnahmen, bis hin zu energiesparendem Heizen und Lüften, das nichts kostet.“ Sie rät daher: „Durch eine fachkundige Beratung lassen sich viele Fragen klären und Energieeffizienz und Gestaltung verbinden.“

Dämmen wird laut der BEA-Geschäftsführerin allein schon deshalb ein Thema bleiben, weil die Anforderungen an Baustandards noch zunehmen: „Die neue EnEV 2017, die derzeit in Vorbereitung ist, soll den Weg zum Niedrigstenergie-Standard ebnen, der ab 2021 EU-weit verpflichtend ist.“

Beim BDB sieht man das allerdings anders

Dort hatte man erst im vergangenen Jahr von der Bundesregierung ein EnEV-Moratorium für einen Zeitraum von fünf Jahren gefordert. Die Auswirkungen bisheriger Verordnungen sollten untersucht und in Bezug auf ihre Wirksamkeit validiert werden. Schließlich habe die EnEV laut Gramlich „mit ihren zunehmend erhöhten Anforderungen in den letzten 15 Jahren immer stärkere Anforderungen an Energieeinsparungen im Neu- und Altbau gestellt“. Gleichwohl hatte die Bauministerkonferenz ein Moratorium bei der EnEV abgelehnt.

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