Mode als Spiegel Warum wir gerade fröhliche Outfits tragen

Frankfurt/Main · Die aktuelle Mode ist farbenfroh, und das trotz des Pandemieblues. Smileys, Comics und bunte Figuren zieren Shirts und Pullover - und heben so unsere Stimmung.

 Die 90er sind zurück: Auf dem kastigen Oversize-Shirt von Asos Design befindet sich ein verspielter Scooby Doo Blockprint (ca. 40,00 Euro). Foto: Asos Design/dpa-tmn

Die 90er sind zurück: Auf dem kastigen Oversize-Shirt von Asos Design befindet sich ein verspielter Scooby Doo Blockprint (ca. 40,00 Euro). Foto: Asos Design/dpa-tmn

Foto: Asos Design

An grauen Tagen geht der Griff tendenziell eher zu unauffälligen, gar dunklen Kleidungsstücken. Das spiegelt oft die Laune wider. Doch es gibt auch diese Momente: Morgens entscheidet man sich trotz allem ganz bewusst für ein farbiges Outfit, um sich selbst etwas Gutes zu tun.

Deshalb sind Smileys, lustige Comicfiguren und kunterbunte Blumenmuster gerade ein Modetrend. Wir leben schließlich in einer bitterernsten Pandemie.

„Klar ist: Die Zeiten sind aktuell für die meisten Menschen eher schwierig. Da setzt dieser Modetrend ganz bewusst ein Zeichen zu mehr Optimismus und Fröhlichkeit“, erklärt der Stilberater Andreas Rose aus Frankfurt. „Das gilt nicht nur für die Trends, die man jetzt in den Läden findet. Das war auch schon auf den internationalen Laufstegen der Top-Designer so.“

Trendsetter tragen fröhlich-kindliche Mode

Vor kurzem war das noch unvorstellbar, vor allem bei den Stilbewussten. „Es ist noch gar nicht lange her, dass kindlich-naive Modeideen verpönt waren - wer sie trug, wurde nicht wirklich ernst genommen“, so Trendexperte Rose. „Das allerdings war typisch deutsch, in anderen Ländern gab es dieses Phänomen gar nicht.“

Mittlerweile aber habe sich das auch hierzulande geändert. Denn die fröhlich-kindliche Mode sei für so manchen Modefan und Trendsetter auch ein Stück Rebellion gegen allzu großen Ernst im Alltag.

Gesellschaftliche Stimmungen und Mode hängen immer zusammen. „Mode ist einerseits Ausdruck der eigenen Identität, andererseits aber auch der Gesellschaft, in der wir leben“, erläutert Kommunikationspsychologe Prof. Carlo Michael Sommer aus Darmstadt. „Denn es geht nicht nur darum, darzustellen, wer wir sind, sondern auch darum, wie andere uns sehen. Kleidung hat immer auch eine klare Botschaft.“ Allerdings funktioniere diese Botschaft nicht über eine Modesaison, sondern sei eine langfristigere Angelegenheit.

Vergleichbar mit der Rocksaumtheorie

Das wohl berühmteste Beispiel von gesellschaftlichen Begebenheiten und Mode ist „die Länge der Röcke im Kontext zur wirtschaftlichen Entwicklung“, sagt Modeexperte Rose. Danach werden die Röcke kürzer, wenn die Wirtschaft einen Aufschwung verzeichnet - und vice versa.

Diese sogenannte Rocksaumtheorie des Ökonomen George Taylor aus den 1920er Jahren ist mittlerweile durch empirische Untersuchungen belegt worden, auch wenn die Entwicklung einen gewissen Zeitraum braucht, um zu greifen. Daher steht die Vermutung im Raum: Smileys, Blumen- oder bunte Punktemuster sowie alles andere Fröhliche könnten in nächster Zeit verstärkt in die Entwürfe der Designer eingehen und auch entsprechend vermehrt gekauft werden.

Tragbar ist das allemal. „Allerdings nicht jedes Stück“, findet die Stilexpertin Andrea Lakeberg aus Berlin. „So funktionieren im Businesslook T-Shirts mit frechen Sprüchen überhaupt nicht.“ Ein allgemein fröhliches Motiv auf dem Shirt zu einem klassischen Business-Anzug - bei Frauen dazu Pumps - seien eine Möglichkeit für den Arbeitstag, so Lakeberg.

Vor allem ein Trend fürs Privatleben

Im Privatleben dagegen darf das Outfit ruhig lässiger ausfallen. Zumal sich im vergangenen Jahr viele Menschen im pandemiebedingten Homeoffice modisch grundsätzlich verändert haben. „Und sie sind dabei experimentierfreudig geworden“, sagt Lakeberg. „Gerade mit kindlich-fröhlichen Trends kann man da viel machen.“ Ein schönes Beispiel von der Einkaufsberaterin ist die Kombination aus Tüllrock, Motiv-Shirt und Lederjacke.

Trotzdem sollte man auch in der Freizeit immer ein wenig auf die Gesamtwirkung Outfits achten. Und zwar so, „dass man unterm Strich nicht aussieht wie eine Vierjährige“, so Lakeberg. „Wer also noch unsicher ist, ob dieser Look wirklich zu einem passt, versucht es besser erstmal mit wenigen Stücken.“

Und mit Haltung. Denn, so betont Lakeberg weiter: „Wer fröhlich-kindliche Stücke mit Selbstbewusstsein und einem gewissen Augenzwinkern trägt, wird auch ernstgenommen.“

© dpa-infocom, dpa:210430-99-419718/2

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