Eigentumswohnung Neues Bad erfordert keinen besseren Schallschutz

BONN · Rechtsexperten aus der Region erläutern ein BGH-Urteil zum Wohnungseigentumsrecht. Der Eingriff ins Gemeinschaftseigentum entscheidet darüber, welcher Schallschutz nach einer Sanierung rechtlich ausreicht.

 Badsanierung: Beim Schallschutz gilt meist der Standard aus der Zeit der Gebäudeerrichtung.

Badsanierung: Beim Schallschutz gilt meist der Standard aus der Zeit der Gebäudeerrichtung.

Foto: STOCK ADOBE

Das Urteil des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe vom 16. März (Az. V ZR 276/16), bei dem die Richter in einem Streit um eine Badsanierung in einem Mehrfamilienhaus zu entscheiden hatten, wurde bundesweit aufmerksam verfolgt. Der Richterspruch sieht vor, dass ein Wohnungseigentümer, der bei der Sanierung seines Bades den Boden und dabei auch den Estrich erneuert, nicht für verbesserte Trittschallwerte sorgen muss. Was das Urteil konkret sagt, und warum die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist, erklärt Ralf Schweigerer, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Experte im Bonner Anwaltverein. Auch aus Sicht der Verbraucherschutzorganisation Wohnen im Eigentum e.V. schafft das Urteil jetzt Klarheit im Wohnungseigentumsrecht.

Gestritten hatten sich im konkreten Fall Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft aus einer Anlage, die 1990 errichtet worden war. Bei der Sanierung seines Badezimmers im Jahr 2012 hatte der beklagte Wohnungseigentümer den Estrich aus seiner Immobilie vollständig entfernen und eine Fußbodenheizung einbauen lassen. Ferner wurden der Fliesenbelag sowie sämtliche Sanitärobjekte erneuert und eine Leitung unter Putz verlegt.

Der Kläger, der seine Wohnung unter der sanierten Wohnung hatte, beschwerte sich anschließend, dass sich der Schallschutz verschlechtert habe. Er verlangte Schallschutzmaßnahmen gemäß der im Jahr 2012 geltenden Mindestanforderungen. Nachdem das Amtsgericht und das Landgericht den Fall verhandelt hatten, landete der Sachverhalt vor dem BGH. Im Wesentlichen galt es darüber zu entscheiden, ob der Kläger verlangen kann, dass ein besserer Trittschallschutz als bei der Errichtung des Hauses hergestellt wird.

„Der BGH hatte bereits in der Vergangenheit geklärt, dass sich der Schallschutz bei der Erneuerung eines Bodenbelags grundsätzlich nach den Mindestanforderungen der DIN 4109 richten muss“, führt Fachanwalt Schweigerer aus. Maßgebend für die Schallschutzanforderungen seien der Stand der Technik in der Zeit, als das Gebäude errichtet wurde. Als einen typischen Fall bezeichnet Schweigerer etwa den Austausch eines Teppichbodens gegen Parkett, was schalltechnisch kritisch zu sehen sei. „Dabei gilt aber zu beachten, dass diese Rechtsprechung allein Veränderungen im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers betraf wie den Bodenoberbelag.“

Offen blieb bislang die Frage, wie die Rechtslage ist, wenn bei einer Sanierung Gemeinschaftseigentum verändert wird. „Der BGH hatte bislang offengelassen, ob er die gleichen Maßstäbe anwenden wird, wenn bei der Erneuerung des Bodenbelags auch in den Estrich oder in die Geschossdecke eingegriffen wird“, führt Fachjurist Schweigerer aus, „also das Gemeinschaftseigentum berührt wird.“ Diese Frage hätten die Richter nunmehr in ihrer Entscheidung vom 16. März beantwortet. Es gehe im Kern darum, „welche Gebäudeteile im Rahmen der Sanierung betroffen sind“, sagt Schweigerer weiter. Handele es sich um Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum?

Im konkreten Fall hätten die Richter die Frage eines Eingriffs in das Gemeinschaftseigentum geprüft. Bei einem solchen Eingriff ist Paragraf 22 Absatz 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) maßgebend. Welche Pflichten ein Wohnungseigentümer bei einer solchen Maßnahme hinsichtlich des Schallschutzes zu beachten habe, ergebe sich wiederum aus Paragraf 14 Nummer 1 WEG. Danach sei laut Schweigerer jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, „dass keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwachsen darf“. Entscheidend sei für die Richter zu prüfen gewesen, ob ein solcher Nachteil vorliegt oder nicht.

Im vorliegenden Fall erkannten die Richter keinen solch gravierenden Nachteil. Allein der Umstand, dass bei Renovierungsarbeiten in das gemeinschaftliche Eigentum eingegriffen wird, war für den BGH kein überzeugender Grund dafür, „dass die im Zeitpunkt der Maßnahme anerkannten Schallschutzwerte maßgeblich sein sollen“, so Schweigerer. Ein Wohnungseigentümer, der Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum vornimmt, ist im Grundsatz zwar zu dessen Wiederherstellung, aber nicht zu einer „Ertüchtigung“ verpflichtet. „Eine Verbesserung gegenüber dem Urzustand können Miteigentümer nach einem aktuellen BGH-Urteil höchstens dann verlangen“, ergänzt Sabine Feuersänger, Referentin bei der Bonner Verbraucherschutzorganisation Wohnen im Eigentum e.V., „wenn eine Baumaßnahme in erheblichem Umfang in die Gebäudesubstanz eingreift“.

Aus ihrer Sicht schafft die BGH-Entscheidung damit grundsätzlich Klarheit für Wohnungseigentümer: „Bei Renovierungen im Sondereigentum führt ein geringfügiger Eingriff ins Gemeinschaftseigentum nicht dazu, dass ein Trittschallschutz nach den heutigen Vorschriften und Grenzwerten hergestellt werden muss.“

Auch Schweigerer begrüßt das Urteil grundsätzlich, weil es Klarheit „für alle baulichen Maßnahmen schafft, die ein Wohnungseigentümer umsetzt und bei denen er in das Gemeinschaftseigentum eingreift“. Auch hätten die BGH-Richter für Rechtssicherheit bei der Frage gesorgt, welcher Standard für den Trittschallschutz bei einer Badsanierung zu beachten ist: der Schallschutzstandard zum Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung oder jener zum Zeitpunkt der Modernisierung.

Für Wohnungseigentümer ist das BGH-Urteil aus Sicht von Wohnen im Eigentum-Referentin Feuersänger noch wegen eines anderen Aspekts wichtig. Der BGH habe nämlich nicht nur geklärt, dass das bei üblichen Wohnungsrenovierungen angefasste Gemeinschaftseigentum wiederhergestellt, aber nicht verbessert werden muss. Vor allem lenkt das Urteil auch noch einmal den Fokus darauf, „wie riskant es ist, ohne WEG-Beschluss Arbeiten am Gemeinschaftseigentum zu veranlassen“, sagt Feuersänger: „Dazu sind Wohnungseigentümer nämlich nicht berechtigt.“

Dies bedeute in der Praxis: Verschlechtere ein Wohnungsinhaber den Ausgangszustand, wird er das auf Wunsch der anderen Miteigentümer auf seine Kosten korrigieren müssen. Hat die Maßnahme gar in erheblichem Umfang in die Gebäudesubstanz eingegriffen, müssen sich laut Feuersänger die Miteigentümer nach dem neuen BGH-Urteil auch nicht damit zufriedengeben, „dass die Ausführung dem übrigen, ursprünglichen Gebäudeniveau entspricht“. Darum rät Wohnen im Eigentum: Jedem Streit in dieser Sache vorbeugen, indem Gemeinschaftseigentum niemals eigenmächtig renoviert wird.

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