Tourismus Stahlplatte wird Ozeanriese: Ein Kreuzfahrtschiff entsteht

Turku · Die Kreuzfahrt boomt, immer neue Schiffe kommen auf den Markt. Doch wie entsteht eigentlich so ein Ozeanriese, der teilweise mehr als 6000 Passagiere fasst? Ein Werftbesuch.

 Anfang Dezember 2015: Die "Mein Schiff 5" nimmt langsam richtig Formen an.

Anfang Dezember 2015: Die "Mein Schiff 5" nimmt langsam richtig Formen an.

Foto:  Tui Cruises

Voraussichtlich zehn neue Kreuzfahrtschiffe werden in diesem Jahr ihren Dienst aufnehmen. Welche einzelnen Schritte beim Bau eines Kreuzfahrtschiffes notwendig sind, lässt sich beispielhaft anhand der "Mein Schiff 5" von Tui Cruises zeigen. Der Neubau wird Mitte Juli getauft.

Planung

Rund vier Jahre, bevor ein Schiff in Dienst gestellt wird, gibt es in aller Regel die ersten Überlegungen der Reederei. "Am Anfang steht die Idee für das neue Schiff, und die Eckdaten werden definiert", sagt Peter Heidacker, Director Newbuild bei Tui Cruises. Vor allem wird in dieser Phase festgelegt, wie groß das Schiff werden soll und ob es sich um eine Weiterentwicklung eines bestehenden Schiffs handelt oder um eine komplett neue Baureihe.

Zu entscheiden ist auch: An welche Zielgruppe soll sich das Schiff richten - Luxussegment, Premium- oder Massenmarkt? In diese Phase fällt auch die Suche nach einer Werft. Allzu viele fähige Werften, die auch noch freie Kapazitäten haben, gibt es auf der Welt nicht. Am bekanntesten sind die Meyer Werft mit den großen Standorten in Papenburg und Turku, STX im französischen Saint-Nazaire und Fincantieri.

Vertragsabschluss

Ist sich die Reederei mit einer Werft einig, wird ein Vertrag abgeschlossen. "Das Vertragswerk hat die Dicke eines stattlichen Buches", erzählt Heidacker. Darin ist fast alles schon festgelegt - mit Ausnahme des finalen Designs einzelner Schiffsbereiche. Für die "Mein Schiff 5" wurde der Vertrag im September 2013 unterzeichnet.

Konkretisierung der Pläne

In den folgenden Wochen muss die Reederei noch fehlende Pläne nachreichen. Daraus erstellt die Werft detaillierte Grundrisse. Bereits zu diesem Zeitpunkt steht dann zum Beispiel fest, an welcher Stelle sich einmal die Küche befindet oder wo es Fenster gibt. Neben den Neubauteams sind zu diesem Zeitpunkt auch freie Architekten im Team. Auch einzelne Fachabteilungsleiter der Reederei sind in die Planungen eingebunden. Zum Beispiel sagt der Verantwortliche für das Thema Wellness, wie groß die Sauna sein soll, der Direktor Entertainment plant unter anderem das Theater.

Erster Stahlschnitt

Bis wirklich etwas gebaut wird, dauert es in der Regel noch einmal rund ein Jahr. In einer kleinen Zeremonie wird das erste Stück Stahl geschnitten. Bei der "Mein Schiff 5" war dies am 18. November 2014. Nach einem Schiff sieht das, was in einer riesigen Halle auf dem Werftgelände entsteht, noch nicht so richtig aus. Auf Bahnwaggons wird der Stahl angeliefert, dann auf dem Werftgelände zunächst gewaschen, behandelt und schließlich in einer riesigen, 500 Meter langen Produktionsstraße geschnitten.

Aus den einzelnen Stahlplatten werden nach und nach immer größere Bauteile. Die "Mein Schiff 5" besteht aus insgesamt 77 solcher Blocks, die teilweise bereits Rohrleitungen, Isolierung und Technik enthalten, ansonsten aber vor allem aus Stahl bestehen. Ein einzelner Block wiegt bis zu 400 Tonnen.

Kiellegung und Kabinen

Wenn die meisten Blöcke fertig sind, beginnt das, was Heidacker als "Lego-Spiel im Großen" bezeichnet. Die einzelnen Blöcke werden im Trockendock mithilfe eines riesigen Krans zusammengefügt. Wenn der erste Block eingesetzt wird, gibt es eine kleine Zeremonie: die Kiellegung. Bei der "Mein Schiff 5" war das im Juni 2015. Das Schiff nimmt in den folgenden Monaten nun langsam Form an. In der Hochphase sind rund 1500 Arbeiter von Meyer Turku täglich am Bau beteiligt, erklärt Kim Olin, Projektmanager der Werft. Parallel zu den einzelnen Stahlblöcken werden die Kabinen gebaut. Die fertigen Kabinen samt Möbelstücken werden in das Schiff von außen eingeschoben und im Inneren an Ort und Stelle gerückt.

Aufschwimmen

Sobald die einzelnen Blöcke zusammengefügt und verschweißt sind, ist das Schiff schwimmfähig. Das Trockendock wird geflutet, das Schiff schwimmt auf. Auch aus diesem Anlass gibt es eine kleine Zeremonie, bei der "Mein Schiff 5" Mitte Januar 2016. Gut 70 Prozent aller Arbeiten sind zu diesem Zeitpunkt erledigt.

Innenausstattung

Was jetzt noch ansteht, sind vor allem die Arbeiten im Inneren des Schiffes. Zum Beispiel ist zum Zeitpunkt des Aufschwimmens noch kein einziger Quadratmeter Teppich verlegt. 55 000 Quadratmeter werden es bei der "Mein Schiff 5" am Ende sein. Das endgültige Okay gibt das Projektteam zusammen mit dem Chef der Reederei.

Testfahren

Kurz vor der Auslieferung gibt es Testfahrten. Dabei werden Antrieb und Fahrverhalten getestet. Teilweise werden auch extreme Manöver gefahren, um zu sehen, wie das Schiff reagiert.

Übernahme

Rund vier Wochen vor der Taufe übernimmt die Reederei offiziell das Schiff. Zuvor trägt die Werft die komplette Verantwortung. Nach und nach geht die komplette Crew an Bord. Aus der Werft wird das Schiff zum Taufort gefahren. Mitunter gibt es noch Einführungsfahrten, bei denen die Crew das Schiff kennenlernt.

Taufe

Letztes großes Event ist die Taufe. Das Schiff erhält offiziell seinen Namen. Höhepunkt ist meist, dass eine Flasche Champagner am Schiffsrumpf zerschlagen wird. Tui Cruises feiert die Taufe der "Mein Schiff 5" am 15. Juli in der Lübecker Bucht.

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