Vogelvirus im NRW Sorge um die Amsel im Rheinland

Wie 2011 und 2012 häufen sich derzeit bei Vögeln Virusinfektionen durch Stechmücken. Bislang aber hat der Naturschutzbund zumindest hier in der Region keine Auffälligkeiten feststellen können.

 Amseln in Gefahr: Durch die Witterung gibt es mehr Stechmücken, die den todbringenden Usutu-Virus übertragen.

Amseln in Gefahr: Durch die Witterung gibt es mehr Stechmücken, die den todbringenden Usutu-Virus übertragen.

Foto: picture alliance / dpa

Die ausgewachsene Amsel wirkt irgendwie apathisch. Sie flüchtet nicht mehr, wenn der Mensch sich auf sie zu bewegt. Das Tier dürfte krank sein und innerhalb weniger Tage sterben, vermutet Lars Lachmann, Vogelschutzexperte des Naturschutzbunds (Nabu) NRW.

Die Amsel gehört zu den derzeit vielen Vögeln, die gerade am Niederrhein und im Raum Aachen verenden. „Zahlreiche Meldungen gingen auch aus dem bekannten Ausbruchsgebiet der Jahre 2011 und 2012 ein, nämlich aus der Region entlang des Rheins von Freiburg bis Köln“, erläutert Lachmann. Und er hat auch den vermuteten Verursacher parat: den 2010 erstmals in Stechmücken in Deutschland festgestellten tropischen Usutu-Virus. Der hatte schon 2011 und 2012 in Deutschland ein Massensterben unter heimischen Vögeln, darunter vor allem Amseln, ausgelöst.

„Das vermehrte Auftreten von Usutu-Infektionen wurde in diesem Jahr sicherlich durch den Witterungsverlauf begünstigt“, argumentiert der Vogelexperte. Auf einen milden Winter folgten ein feuchter Frühsommer und ein trockener und warmer Spätsommer – ideale Bedingungen für Stechmücken. Die aktuellen Ausbruchsgebiete entsprächen weitgehend den Regionen mit den höchsten spätsommerlichen Tagestemperaturen.

Nach einigen Jahren ohne größere Ausbrüche trete das Virus 2016 wohl wieder vermehrt auf, so Lachmann. Bereits seit Ende Juli seien Nachrichten von kranken und kurze Zeit später verstorbenen Amseln eingegangen. Seit dem 23. September habe man daraufhin zur Online-Meldung entsprechender Beobachtungen aufgerufen. Möglichst sollten auch Proben toter Tiere zur Untersuchung an das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg gesendet werden.

Dem Nabu wurden daraufhin 611 Usutu-Verdachtsfälle aus Deutschland angezeigt. „Davon rund 200 aus NRW. Eine bemerkenswert große Zahl im Vergleich zu etwa 400 Meldungen im Herbst 2011 und 1040 Meldungen im gesamten Ausbruchsjahr 2012“, sagt Lachmann. Ebenfalls seien derzeit der Raum Leipzig und Berlin sowie der Norden Niedersachsens und Schleswig-Holstein von Fällen heimgesucht. Ein klareres Bild der tatsächlichen Verbreitung des Virus' werde sich ergeben, sobald die weiterhin verzeichneten Meldungen überprüft würden. Schon 2011 hatte der Nabu anhand einer Internet-Meldeaktion nachweisen können, dass die Amselbestände in den damals vom Virus betroffenen 21 Landkreisen zwischen 2011 und 2012 merklich zurückgegangen waren: bei einem bundesweiten Gesamtbestand von rund acht Millionen Brutpaaren, damals möglicherweise etwa 300 000 Amseln. Die beim letzten Ausbruch lokal stark dezimierten Bestände hätten sich aber in den vergangenen vier Jahren langsam erholt.

Hat eine Usutu-Epidemie also nur ein regelrechtes Amselsterben zur Folge? Lachmann kann das letztlich nicht eindeutig bejahen. Auch andere Vogelarten könnten vom Virus befallen sein und daran sterben wie etwa die Eule. „Das Überwiegen der Amseln lässt sich zum Teil durch deren Häufigkeit und Nähe zum Menschen erklären, was die Wahrscheinlichkeit des Auffindens toter Amseln erhöht“, vermutet Lachmann. Aber eine besondere Empfindlichkeit dieser Art gegenüber dem Virus sei natürlich ebenfalls möglich.

Peter Meyer vom Nabu Bonn erklärt, dass im Raum Bonn und dem linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis zurzeit noch keine Meldungen über tote Amseln vorliegen. Auch der hiesige „Vogelnotruf“, der ja von vielen kranken oder verletzten Vögel erfahre, habe für das hiesige Gebiet noch keine besonderen Fälle aufgenommen.

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