Mietrecht Was passiert, wenn Mieter oder Vermieter sterben
BONN · Fachanwalt Markus Gelderblom von Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg erklärt, welche Rechtsfolgen ein Todesfall im Mietverhältnis hat.
Der Tod eines Vertragspartners wirft in Mietverhältnissen immer wieder Fragen auf. Ein Beispiel: Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin war der Partner in das Mietverhältnis eingetreten. Dass jedoch missfiel dem Vermieter, worauf er das Mietverhältnis im Sinn des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kündigte. Der Vermieter begründete dies unter anderem damit, dass sich der Partner der Verstorbenen die Miete nebst Nebenkostenvorauszahlung auf Dauer nicht leisten könne; der neue Vertragspartner des Vermieters war noch in der Ausbildung.
In einem Urteil vom 31. Januar 2018 entschieden die Richter gegen den Vermieter: Eine außerordentliche Kündigung sei bei einer bloß „gefährdet erscheinenden“ Leistungsfähigkeit des nun als Mieter auftretenden Lebenspartners nur in besonderen Ausnahmefällen möglich (BGH, Urt. v. 31. Januar 2018 – VIII ZR 105/17).
Das Beispiel zeigt aus Sicht von Rechtsanwalt Markus Gelderblom, Geschäftsführer von Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg, exemplarisch: Die Verunsicherung, wenn ein Mieter verstirbt, ist bei Vermietern groß. Daher hatte er das Thema erst Anfang des Monats auf dem Erbrechtstag in Bonn in einem Vortrag beleuchtet.
Der Fall vor dem BGH zeigt eindringlich: „Das Mietverhältnis endet mit dem Tod des Mieters nicht automatisch“, stellt Gelderblom klar, der auch Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist: „Es kommen verschiedene Rechtsnachfolger als neue Mieter in Betracht, mit denen das Mietverhältnis fortgesetzt oder neu begründet wird.“ Handelt es sich allerdings um einen Mietvertrag „auf Lebenszeit“, entspreche das einem befristeten Mietvertrag, führt er aus: „Der endet dann endgültig mit dem Tod des Mieters“.
Und was ist mit den Belangen von jenen Personen, die mit dem Mieter in der Wohnung gelebt hatten, etwa dem Ehegatten, aber selbst nicht Mieter waren? Gelderblom: „Den Personen, mit denen der Mieter zusammengelebt hatte, wird dadurch Rechnung getragen, dass ihnen ein Eintrittsrecht zugebilligt werden muss. Sie kommen also auch in den Genuss der sozialen Schutzvorschriften, um nicht plötzlich eine jahre- oder jahrzehntelang (mit-)genutzte Wohnung räumen zu müssen.“ (BayObLG, Gerichtsbescheid vom 2.7.1993 – RE-Miet 5/92).
Ein solches Eintrittsrecht ist ebenfalls gesetzlich normiert, ergänzt Rechtsanwalt Jörg Schneider, Fachanwalt und Leiter der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht im Bonner Anwaltverein. Ehegatten und Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnergesetzes treten in das Mietverhältnis ein und müssten dem Vermieter sogar binnen eines Monats nach dem Tod des Mieters mitteilen, wenn sie den Eintritt nicht wünschen. Wenn damit kein automatischer Eintritt in das Mietverhältnis erfolgt, würde das Mietverhältnis dann mit den übrigen Familienangehörigen oder Personen, die in enger Bindung eine Lebensgemeinschaft führen und die in der Wohnung mitgewohnt haben, fortgesetzt – selbst wenn sie nicht Erben sind.
Ein Vermieter kann jedoch Mietern, die für den verstorbenen Mieter qua Gesetz eingetreten sind, außerordentlich unter Beachtung der gesetzlicher Frist, die drei Monate beträgt, kündigen. Und zwar dann, „wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund und zusätzlich ein berechtigtes Interesse, wie etwa Eigenbedarf oder erhebliche schuldhafte Pflichtenverstöße, vorliegen“. Hier genügt zum Beispiel eine persönliche Feindschaft oder bereits bestehende erhebliche tatsächliche und rechtliche Auseinandersetzungen zwischen Vermieter und Eintretendem oder anderen Mitmietern, erklärt Fachanwalt Schneider: „Es gehören auch Themen wie eine erhebliche Störung des Hausfriedens oder unerlaubte gewerbliche Nutzung der Mietwohnung dazu.“ Schneider weist darauf hin, dass bei einer Mietermehrheit die Kündigung dann allen Mietern gegenüber ausgesprochen werden müsse: „Teilkündigungen sind hier nicht möglich.“
Bleibt ein weiteres Problem zu klären, das sich oft bei einem Sterbefall stellt: Wenn der Mieter gestorben ist, wem gegenüber kann der Vermieter dann seine Ansprüche aus dem Mietvertrag geltend machen? Gelderblom: „Es ist unzulässig, die Wohnung einfach zu räumen und diese neu zu vermieten.“ Erben hätten zudem das Recht, „die Erbschaft binnen einer Frist von sechs Wochen ab Kenntnis des Anfalls und Kenntnis des Grundes der Berufung durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht auszuschlagen.“
Entscheidend für den Erben ist aus Sicht von Bernhard von Grünberg, Vorsitzender des Mieterbundes Bonn/Rhein-Sieg-Ahr, „ob er tatsächlich damit rechnen kann, einen höheren Betrag zu erben, oder ob es nicht finanziell günstiger ist, sehr kurzfristig die Erbschaft auszuschlagen.“ In dem Fall habe der Vermieter nämlich keinen Anspruch mehr auf Miete. „Natürlich ist dann auch die Kaution nicht mehr vom Erben zurückzufordern“, bekräftigt von Grünberg.
Wenn die Erbschaft nicht ausgeschlagen wird, müssen die Erben mit der üblichen Dreimonatsfrist kündigen und die sonstigen Verpflichtungen des Verstorbenen übernehmen. Von Grünberg: „Das bedeutet beispielsweise auch, dass der Erbe die Wohnung renovieren muss, wenn eine entsprechende vertragliche Regelung besteht“. Er rät daher, die Vermögens- und Einkommensverhältnisse möglichst vor dem Tod des Erblassers ohne Scheu zu bereden; oder aber sich nach dem Tod einen schnellen Überblick zu verschaffen, „um die Entscheidung, die Erbschaft bei Gericht auszuschlagen, sachgerecht treffen zu können“.
Auch folgendes Problem kann sich stellen: Der verstorbene Mieter zahlt die Miete mittels eines Dauerauftrags von seinem Girokonto. Auf dieses überweist aber auch die Rentenversicherung des Verstorbenen, so dass die Mietzahlungen durch die Rentenzahlungen gedeckt werden. In diesem Fall gilt laut Gelderblom: „Der Vermieter ist der Rentenversicherung zur Erstattung verpflichtet, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Mieters zu Unrecht erbracht worden sind.“
Was aber ist zu beachten, wenn der Vermieter sterben sollte? „Der oder die Erben treten kraft Gesetzes mit allen Rechten und Pflichten als Vermieter in das ansonsten unveränderte Mietverhältnis ein“, bringt es Gelderblom auf den Punkt: „Ein außerordentliches Kündigungsrecht zugunsten des Mieters begründet der Tod des Vermieters nicht.“ Es eröffne sich für die Erben des Vermieters „kein Anspruch auf Änderung des bestehenden Mietvertrages oder gar auf Neuabschluss“. Für den Mieter empfehle sich bei etwaigen Zweifeln, an wen er die Miete entrichten soll, folgendes Verfahren: „Er kann die Miete sicherheitshalber beim Amtsgericht hinterlegen, etwa, wenn zwei Vermieter-Erben sich streiten und den Mieter jeweils auffordern, die Miete an sich zu zahlen.“