Mietrecht Zoff um zehn Euro

BONN · Ein Vermieter aus der Region findet, dass zu viel um Bagatellbeträge gestritten wird. Das koste unnötig Geld und Nerven. Mieterbund und Haus & Grund setzen aus ihrer Sicht auf ein konstruktives Miteinander.

 Harmonie zwischen Mieter und Vermieter ist nicht selbstverständlich: Was dazu beiträgt, sind eindeutig formulierte Verträge sowie Menschen, die sich um ein auskömmliches Miteinander bemühen.

Harmonie zwischen Mieter und Vermieter ist nicht selbstverständlich: Was dazu beiträgt, sind eindeutig formulierte Verträge sowie Menschen, die sich um ein auskömmliches Miteinander bemühen.

Foto: STOCK ADOBE

Vor einigen Wochen hatte der General-Anzeiger auf der Immobilienseite einen Artikel veröffentlicht, in dem es um Vermieter ging, die sich rechtlich gegenüber ihren Mietern oft im Nachteil fühlen. Dieses Thema stieß auf große Resonanz, unter anderem bei einem privaten Vermieter aus der Region. Der Besitzer eines Mehrfamilienhauses ärgerte sich dabei über die Rolle des Mieterbundes Bonn/Rhein-Sieg/Ahr, der seiner Ansicht nach oft zu kompromisslos kurzfristige finanzielle Vorteile seiner Vereinsmitglieder durchsetzt und dies ohne Abwägung der langfristigen Folgen für das Mietverhältnis.

So geschehen in einem Fall, als der Hausbesitzer den gemeinschaftlich genutzten Waschmaschinenraum im Keller modernisiert und durch Hochsetzen der Waschmaschinen auf gemauerte Podeste rückenfreundlicher umgestaltete. Unerfreulich aus seiner Sicht: Die Antwort einer Mietpartei bestand darin, nach Beratung durch den Deutschen Mieterbund für ihrer Ansicht nach unerträglichen Lärm und Staub Mietminderung zu verlangen. „Mit zusammengebissenen Zähnen“ zahlte der Vermieter. Dabei wurden die Arbeiten seinen Angaben zufolge nach Art und Umfang rechtzeitig angekündigt und fanden während der Woche zu normalen Arbeitszeiten statt.

Seit dieser Zeit sei das Miteinander angespannt. Belastend wiegt dabei für den Vermieter die Korrespondenz mit dem Mieterbund, der immer wieder eingeschaltet werde. Gleichwohl sagt der Beschwerdeführer: „Mietervereine sind notwendig. Leider steigern sie nicht immer Gerechtigkeit, sondern erhöhen durchaus die Bewirtschaftungskosten, vor allem dann, wenn Privatvermieter, um nicht ungeschützt zu sein, auch anwaltliche Hilfe und Beratung in Anspruch nehmen müssen.“ Als Privatvermieter wünsche er sich, dass Mietervereine auch dahingehend auf ihre Vereinsmitglieder einwirken, Streitfälle umfassender zu bewerten und – soweit möglich – gütlich im Vorfeld beizulegen.

Ähnliches sagt auch Helmut Hergarten, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg, mit Blick auf die in den vergangenen Jahren rasant gestiegenen Beratungszahlen bei seiner Organisation. Hergarten beobachtet eine zunehmende Streitlust der Mieter, „und dabei ginge es häufig um Bagatellbeträge unter zehn Euro“. Um diese geltend zu machen, würden sich die Mieter eben auch des Mietervereins bedienen, was ein Grund für steigende Beratungszahlen sei.

„Ich wünschte mir, der Mieterverein würde seinen Mitgliedern hin- und wieder raten, fünf gerade sein zu lassen, auch wenn man dann mal auf einen Anspruch von zwischen zehn und 15 Euro verzichtet“, führt Hergarten aus. So verfahre man nämlich bei Haus & Grund: „Bei Bagatellangelegenheiten raten wir Mitgliedern, den Fall zu den Akten zulegen.“

Selbstverständlich sei der Mieterbund stets daran interessiert, „das Mietverhältnis nicht durch unnötige Auseinandersetzungen zu belasten“, stellt Felix von Grünberg, Vorsitzender des Mieterbundes Bonn/Rhein-Sieg/Ahr, klar: „Wir führen im übrigen bei 22 000 Haushalten, die bei uns Mitglied sind, im Jahr höchstens 300 Prozesse.“ Ziel des Mieterbundes sei es, gerade zwischen Mieter und Vermieter zu vermitteln: „Wir sind auch in der Region Bonn/Rhein-Sieg/Ahr der größte Streitschlichter schlechthin“, betont von Grünberg. Dabei verweist der Mieterbund auch auf die stark gesunkene Zahl an Gerichtsverfahren – bei allerdings gleichzeitig gestiegenen Beratungszahlen des Mieterbundes.

Von Grünberg bestätigt, dass es dabei oft um kleinere Beträge gehe, zum Beispiel bei der Betriebskostenabrechnung. Aber der Mietrechtsexperte stellt klar: „Gerade hier ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass im Sinne von Vermieter und Mieter Abrechnungen auch in Zukunft korrekt erfolgen.“ Kurz gesagt: Es sei zu vermeiden, dass Vermieter behaupten, durch die Begleichung von nicht geschuldeten Betriebskosten hätte der Mieter vom Grundsatz her nicht gerechtfertigten Betriebskosten zugestimmt.

Werden die nämlich drei Mal in Folge stillschweigend gezahlt, akzeptiere der Mieter damit stillschweigend auch die beanstandeten Betriebskosten. Genau diesen Automatismus will der Mieterbund durch einen Einspruch, bei dem es auch nur um kleine Beträge geht, vermeiden: „Hier sind wir sehr erfolgreich“, stellt von Grünberg klar.

Außerdem gehe es ihm noch um einen weiteren Punkt: „In Zeiten, in denen die Immobilienpreise und die Mieten immer weiter steigen, wird das Wohnen gerade für Menschen mit einem geringeren Einkommen immer teurer.“ So müssten viele ältere und alleinstehende Mieter auf ihr Geld achten: „Da kann es am Monatsende auf jeden Cent ankommen“, führt er aus. Aber natürlich komme es in der Beratungspraxis auch vor, dass Mieterbeschwerden so nicht weiter verfolgt würden: „Wir hatten einmal einen Fall, bei dem es um einen umgeknickten Gartenschlauch und einen Streitwert von damals 40 Mark ging.“ Diesen Anspruch juristisch weiterzuverfolgen habe man wegen Geringfügigkeit schlicht abgelehnt.

Zu dem konkreten Einzelfall des Beschwerdeführers aus der Region kann man beim Mieterbund nichts sagen. „Der ist uns nämlich überhaupt nicht bekannt“, sagt Felix von Grünberg. Grundsätzlich sei es aber oft so, dass sich ein Sachverhalt ganz anders darstelle, „als behauptet.“ Deswegen findet es von Grünberg prinzipiell auch zielführend, dass Vermieter bei Haus- und Grund organisiert sind und Mieter beim Mieterbund: „Dadurch können Auseinandersetzungen versachlicht werden.“.

Das kann Haus & Grund-Chef Helmut Hergarten nur unterschreiben: „Das Verhältnis von Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg zum Mieterbund ist seit vielen Jahrzehnten konstruktiv.“ Gerade von Kollege zu Kollege könnten Dinge oft unkompliziert „auf dem kleinen Dienstweg“ geklärt werden.

„Im Übrigen begrüße ich, dass wir in Bonn die Situation haben, dass wir nur einen großen Mieterverein haben, der eindeutig sozialdemokratisch orientiert und geprägt ist“, sagt Hergarten: Im Ruhrgebiet gebe es häufig zwei oder drei Mietervereine unterschiedlicher politischer Couleur, die sich dann gegenseitig argumentativ übertreffen und die einen Kompromiss unmöglich machten: „Diese Situation haben wir in Bonn nicht“: Ungeachtet der grundsätzlich guten Zusammenarbeit gebe es nur ein Thema, bei dem beide Seiten Welten trennten: beim Mietspiegel.

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