Bildungsausschuss des Landtags Schulleiter berichten von Einschränkungen im Unterricht nach der Flut

Grafschaft · Bei einer Sitzung des Bildungsausschusses des Landtags kommen Schulleiter und Schüler aus dem Ahrtal zu Wort. Sie berichten von Einschränkungen im Unterricht wegen der Folgen des Hochwassers – und von persönlichen Erlebnissen in der Flutnacht.

 Die Vorsitzende des Bildungsausschusses des rheinland-pfälzischen Landtags: Giorgina Kazungu-Haß (Mitte). Rechts daneben ist Bildungsministerin Stefanie Hubig zu sehen (beide SPD)

Die Vorsitzende des Bildungsausschusses des rheinland-pfälzischen Landtags: Giorgina Kazungu-Haß (Mitte). Rechts daneben ist Bildungsministerin Stefanie Hubig zu sehen (beide SPD)

Foto: Martin Gausmann

Der Bildungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags hat auf der Grafschaft getagt. Bei der Sitzung im Gebäude des Winzervereins Lantershofen ging es um die Situation der Bildungseinrichtungen im Ahrtal nach der Flut. Mit dabei war auch Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). „Es ist eine große Katastrophe und Tragödie“, sagte sie mit Blick auf das Hochwasser Mitte Juli, das an der Ahr extreme Schäden verursachte. Beeindruckend zu sehen sei es, was sich in den fünf Monaten seither getan habe. „Uns kam es von Anfang an darauf an, dass die Kinder und Jugendlichen wieder eine Heimat haben nach der Katastrophe“, sagte Hubig. Sie verwies darauf, dass 17 Schulen  mit 8900 Schülern im Kreis Ahrweiler von der Flutkatastrophe betroffen sind. Sie alle aber hätten nach den Sommerferien wieder zur Schule gehen können. Teilweise müsse der Unterricht aber in Containern oder an anderen Schulen stattfinden. Manche Jungen und Mädchen müssen dafür Hubig zufolge bis nach Neuwied auf der anderen Rheinseite fahren.

Der Leiter der Philipp-Freiherr-von-Boeselager-Realschule plus Ahrweiler, Timo Lichtenthäler, berichtete bei einer Anhörung im Zuge der Ausschusssitzung davon, dass seine Schule sich aufgrund der Zerstörungen derzeit auf theoretischen Unterricht und die Hauptfächer konzentriere. Damit wieder mehr Praxis möglich werde, stehe er mit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion für die Anschaffung einer mobilen Sporthalle in Kontakt. Auch eine andere Schule habe ihre Halle bereits zur Verfügung gestellt. Es gebe, so Lichtenthäler, eine „unglaubliche Solidarität“. Mit Blick auf professionellen seelischen Beistand – in der Spitze waren 60 Psychologen an den Schulen im Ahrtal unterwegs – sagte Lichtenthäler, dass er dies zunächst für viel gehalten habe. „Aber es war genau richtig“, unterstrich er nun.

Schüler berichten von der Flutnacht

Zwei Schüler der Realschule plus berichteten bei der Ausschusssitzung anschließend von ihren persönlichen Erlebnissen während der Flutnacht. „Das Schlimmste war für mich, die Schreie und Hilferufe der Nachbarn zu hören“, berichtete die 16-jährige Bleona Syleimani. Die Todesfälle in vielen Familien seien eine große Belastung. Auch der 15-jährige Adem Prebeza bezeichnete Hilfeschreie in der Flutnacht als seine schlimmsten Erinnerungen an die Katastrophe. „Wir müssen das immer noch verarbeiten“, ergänzte er.

Die Rektorin der flutgeschädigten Grundschule Bad Neuenahr, Ursula Bell, schilderte die Provisorien und Probleme, die nun ihren Alltag bestimmten. „Heute ging das Wasser nicht“, sagte sie beispielsweise. „Das hat Folgen, wie gehen dann über 300 Schüler auf Toilette?“ Die kahlen Wände an ihrer Schule sind Bell zufolge noch immer nicht wieder zu verschließen, da sie noch zu feucht seien. Der Keller der Schule sei nicht nutzbar, die Sporthallen erst in anderthalb Jahren wieder. 

Der Förderschulrektor der Janusz-Korczak-Schule in Sinzig, Andreas Schmitt, erklärte: „Fast nichts ist wie vorher, vieles ist ein Provisorium.“ Aber strahlende Kinderaugen seien das Wichtigste. Mehrere Mitglieder der Schulgemeinschaften im Ahrtal betonten in der Anhörung des Bildungsausschusses, die Katastrophe sollte trotz allem auch als Chance genutzt werden, etwa mit innovativem Wiederaufbau von Schulgebäuden und einer engen Verknüpfung von Grundschulen und Kindergärten.

Apropos Kindergärten. Von diesen sind neun mit 816 Jungen und Mädchen von der Flut betroffen. Derzeit, darauf machten zwei Mitarbeiter der Kreisverwaltung in einem Vortrag aufmerksam, werden die Kinder in Provisorien betreut – in Dorfgemeinschaftshäusern, einem Messezelt auf dem Sportplatz in Lantershofen und im Kloster Kalvarienberg. Zudem werden derzeit Container zur Unterbringung bestellt, heißt es. Wohl nicht alle Kitas können wieder aufgebaut werden. Und ein Aufbau der Kita-Gebäude, so wie sie einmal waren, ist teilweise nicht sinnvoll, wie bei dem Vortrag deutlich wurde. Denn die Gebäude stammten mitunter aus den 1970er und 1980er Jahren. Heute gebe es andere Anforderungen an sie. Und: Die Flut könne wiederkommen. Mit Material der dpa

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