Versorgungssicherheit im Kreis Ahrweiler Ahrtal-Werke sind gegen Stromausfälle gewappnet

Kreis Ahrweiler · Der Geschäftsführer Dominik Neswadba schildert, wie die Ahrtal-Werke gegen einen längeren Stromausfall im Kreis Ahrweiler gewappnet und wie diese im Ernstfall schnell reagieren.

 Blick auf das Umspannwerk in Sinzig. Für Stromausfälle haben Versorger, Behörden und Hilfsorgansiationen Notfallpläne.

Blick auf das Umspannwerk in Sinzig. Für Stromausfälle haben Versorger, Behörden und Hilfsorgansiationen Notfallpläne.

Foto: Martin Gausmann

„Das ist wie die Reise mit einer Zeitmaschine zurück in die Steinzeit.“ So hat einmal ein Remagener Polizeisprecher die Folgen eines mehrstündigen Stromausfalls im Kreis Ahrweiler beschrieben. 5000 Menschen waren seinerzeit betroffen und nichts ging mehr: keine Sirene, keine Tankstelle, kein Geldautomat, keine Supermarktkasse, keine Verkehrsampel. Die Reihe ist beliebig fortsetzbar, denn fast alles und jedes, was der moderne Mensch fast rund um die Uhr braucht, hängt irgendwie am Stromnetz oder an dessen Steckdosen.

  • Drei Kategorien von Ursachen

Die Ursachen dafür, dass der Saft weg ist, können dabei mannigfaltig sein, werden von Experten jedoch in drei Kategorien gegliedert: Erstens höhere Gewalt wie Unwetter, Blitzeinschlag, Schneebruch. Zweitens Einwirkung durch Dritte wie der klassische Fall des Baggerfahrers, der eine Leitung kappt. Oder sonstige Ursachen im Verantwortungsbereich der Netzbetreiber wie Materialschäden oder Fehlverhalten.

Fast alles ist im Kreis Ahrweiler schon da gewesen. Immer wieder. Und dennoch gilt das deutsche Stromnetz in Sachen Versorgungssicherheit als europaweit führend.

Das sagte Dominik Neswadba bei einer Veranstaltung der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, die sich passend zum Thema als Veranstaltungsort die Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler ausgesucht hatte. Neswadba ist Geschäftsführer der Ahrtal-Werke in Bad Neuenahr-Ahrweiler und wartete mit konkreten Zahlen auf. „Durchschnittlich ist jeder Haushalt in Deutschland pro Jahr 16,5 Minuten ohne Strom.“ Wobei die meisten Ausfälle aus Störungen im Mittelspannungsnetz, das sind die Versorgungsleitungen in den Kommunen, resultierten. Immerhin 13,2 Minuten pro Haushalt.

  • „Streberland“ im Vergleich

Hochgerechnete Zahlen, denn die einen trifft es, andere eben nicht. Sicherste Länder in Sachen Stromversorgung sind nach Deutschland Dänemark und die Niederlande, die Slowakei ist hingegen Spitzenreiter mit mehr als 500 Minuten pro Haushalt und Jahr, gefolgt von Polen und Bulgarien. „Wir sind eben so etwas wie ein Streberland“, sagt Neswadba, „das liegt aber auch daran, dass wir einen hohen Anteil an Erdkabeln für den Mittelspannungsbereich haben.“ Die seien eben wenig anfällig.

Auf der sicheren Seite seien sowieso Krankenhäuser und Kliniken, die über entsprechende Notstromaggregate verfügen. Da werde es erst kritisch, wenn es einen Stromausfall über einen längeren Zeitraum gebe, wie 2005, als im Münsterland die Stromleitungen unter Schneelast zusammenbrachen und über drei Tage nichts mehr lief.

  • Länder üben gemeinsam

Da mussten dann die Katastrophenexperten und Krisenmanager ran. Deren Führungsebene sitzt in Bonn im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), zu dem auch die Ahrweiler Akademie gehört. Und just dort waren ein Jahr vor dem Fall Münsterland die Fäden der ersten länderübergreifenden Katastrophenschutzübung (Lükex) zum Thema flächendeckender Stromausfall zusammengelaufen.

Es war eine Stabsübung mit insgesamt mehreren Tausend Akteuren, die BBK-Präsident Christoph Unger später so kommentierte: „Bei der ersten Lükex 2004 haben wir einen flächendeckenden Stromausfall angenommen. Ein Jahr später wurde das im Münsterland Realität. Da konnten alle Beteiligten auf die Erfahrungen der Übung zurückgreifen.“ Üben lohnt sich also. „Deshalb gibt es auch Schulungen und Seminare für die Mitarbeiter der Ahrtal-Werke“, sagt Neswadba. Diese könnten dabei auf die Erfahrungen ihres Partners, der Stadtwerke Schwäbisch Hall, zurückgreifen. Bekanntlich gehören die Ahrtal-Werke zu 51 Prozent der Kreisstadt, zu 49 Prozent Schwäbisch Hall.

  • Inselbetrieb für Regionen

Und nach dem Vorbild der Partner will Neswadba auch für den Fall eines Stromausfalls gerüstet sein: Denn diese haben ein sogenanntes Inselnetz, das für den Schwarzstart (Start von Null an) ausgelegt ist. Dabei wird über ein Führungskraftwerk das Netz aufgebaut, das für fünf bis sieben Tage einen Inselbetrieb (Stadt, Kleinregion) möglich macht und so dann zumindest stundenweise die Versorgung für die Abnehmer sicherstellt. Ein Modell, das übrigens auch andere Stromkonzerne fahren. 

„Wenn wir demnächst das zweite Kraftwerk an der Kreuzstraße bauen, können wir an einen solchen Inselbetrieb denken“, sagt Neswadba. Bislang reiche die Kapazität des Kraftwerkes am Dahlienweg lediglich dafür, 20 Prozent des Stroms der Kreisstadt zu produzieren. Die Ahrtal-Werke seien seit Jahresanfang Eigentümer des Netzes in der Kreisstadt und hätten seitdem 2,3 Millionen Euro hineingesteckt. Angeschafft wurden aber auch eigene Notstromaggregate, die im Ernstfall durch Vertragspartner aufgestockt werden könnten.

  • Einsatzleitung im Kreishaus

Wie ist aber der Kreis Ahrweiler gerüstet? Im Kreishaus laufen in Normalzeiten in Sachen Katastrophenschutz die Fäden bei Bert Betram zusammen. Dort ist im Krisenfall auch die technische Einsatzleitung untergebracht, der per Gesetz der Landrat vorsteht. Der Technischen Einsatzleitung gehören neben Vertretern von Polizei und Bundeswehr auch die der Freiwilligen Feuerwehren, des technischen Hilfswerkes und weiterer Hilfsorganisationen an.

Auch Material ist da. So gibt es beim Kreis, bei den Feuerwehren und beim THW eine ganze Reihe an Notstromaggregaten, die nicht nur in Hallen stehen, sondern regelmäßig bei Übungen eingesetzt werden. Dies immer in der Hoffnung, der Ernstfall möge nie eintreten.

Und wenn, rät Neswadba schmunzelnd zu Gelassenheit im Kerzenschein: „Dann ist mehr Zeit für die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen.“ Und mit einem GAU wie in Indien am 31. Juli 2012 rechnet er sowieso nicht: Damals waren auf dem asiatischen Subkontinent beim „größen Stromausfall in der Geschichte der Menschheit“ 600 Millionen Menschen betroffen. Da würde dann das Zitat des Polizeisprechers so richtig passen.

  • Zeitplan der Versorger

Ein Szenario, das in Deutschland eher unwahrscheinlich ist, denn die Versorger setzen bei einem Blackout auf einen Zeitplan. Nach einer Stunde: Inselbetrieb mit eigenen Kraftwerken. Zwischen drei und acht Stunden: Sicherung der Grundbedürfnisse. Acht Stunden: komplette Versorgung der Abnehmer. Inselbetrieb über Aggregate und eigene Kraftwerke. Und wenn’s dann doch nicht klappt: Siehe oben.

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