Kur AG in Bad Neuenahr Aktionäre in schlechter Stimmung

BAD NEUENAHR · Sollte die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler das Angebot der Kur AG ablehnen, Grundstücke von der Aktiengesellschaft im Wert von 2,7 Millionen Euro zu erwerben, dann wird die Liquidität des Unternehmens nicht mehr gewährleistet sein. Die Stadt selbst ist mit 27,4 Prozent an der AG beteiligt. Bis zum 30. September soll sich die Stadt erklären.

Dann läuft ein befristetes notariell beurkundetes Kaufangebot ab. Dies unterstrich gestern der Vorstand der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr, Gerd Zimmermann, auf der Hauptversammlung des Unternehmens. Vorausgegangen war die Präsentation des Geschäftsberichtes für 2012. Die Zahlen lassen deutlich werden, wie sehr das Damoklesschwert über der Kur AG schwebt.

Wie bereits berichtet, schloss die Kur AG das vergangene Jahr mit einem Defizit von knapp 1,2 Millionen Euro ab. Im Jahr zuvor hatte der Fehlbetrag bei lediglich 350.000 Euro gelegen. Weggebrochen sind insbesondere Erlöse im Kur- und Badebetrieb (-16,6 Prozent), was unter anderem auch auf die stark abgenommene Zahl der Kurgäste (-41,1 Prozent) zurückzuführen ist.

Heftig sind auch die Verluste, die mit der Tochterunternehmung Ahr-Thermen erwirtschaftet worden sind. Auf fast 800.000 Euro beläuft sich die Unterdeckung, mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2011. "Das Jahr 2013 und auch 2014 wird geprägt sein von den Maßnahmen zur Sicherung der Liquiditätssituation und der Restrukturierung der Aktiengesellschaft", sagte Zimmermann.

Insbesondere von der Übertragung der Ahr-Thermen in eine öffentliche Trägerschaft, sprich: in die Hände der Stadt. Ein erstes Angebot habe die Stadt abgelehnt, ein nachgebessertes ebenfalls. Um eine "konsequente Trennung von den defizitären Aufgaben des Kurbetriebes" zu erreichen, habe man eine Vereinbarung mit der Stadt gekündigt, in der bestimmte Aufgaben der Kur AG übertragen waren.

Folge: Ab Januar 2014 wird die Gesellschaft nicht mehr für den Kurbetrieb im Kurpark und die Durchführung von Veranstaltungen zuständig sein. Noch offen ist, wer die Trägerschaft über den Betrieb des Ahr-Resorts übernehmen wird. Zimmermann: "Wir befinden uns in der Klärungsphase."

Die Aktiengesellschaft ist seit mehr als 150 Jahren Trägerin des privaten Heilbades Neuenahr. "Es oblag bisher also einer privaten Gesellschaft, einen Kurbetrieb zu unterhalten", so Zimmermann. Nahezu alle Heilbäder in Deutschland befänden sich hingegen in öffentlicher Hand und erhielten erhebliche Zuschüsse.

Intensiv ging Zimmermann auch auf die Ahr-Thermen ein: "Es ist unserer Meinung nach nicht möglich, ein Thermalbad ohne öffentliche Gelder zu betreiben." Immerhin gelte es, auch die Investitionskosten zu bedienen. Durch die Subventionierung der Heilbäder und Kurorte sowie der Badeanlagen durch den Steuerzahler würden anderorts die Leistungen zu nicht kostendeckenden Preisen angeboten.

"Da sich jedoch öffentliche wie private Anbieter im selben Markt bewegen, ist es einem privaten Anbieter ohne entsprechende Zuschüsse unmöglich, eine Preisgestaltung vorzunehmen, die eine Gesamtdeckung der Aufwendungen ermöglicht", führte der Kur AG-Chef aus.

Bedeutet: Das Twin beispielsweise erhält zur Kostendeckung alljährlich rund 800.000 Euro aus dem städtischen Steuertopf. Die Ahr-Therme null Euro. Für Zimmermann eine grobe Ungerechtigkeit. Würde man das Zuschussgebaren anderer Kommunen auf die Bad Neuenahrer Verhältnisse übertragen, so wäre eine öffentliche Zuwendung von rund 1,5 Millionen Euro alleine für den Betrieb der Ahr-Thermen gerechtfertigt.

Längst habe man sich nach einem privaten Betreiber umgesehen. Zimmermann: "Ohne Zuschuss will keiner die Ahr-Thermen übernehmen." Hätte die Stadt Bad Neuenahr im vergangenen Jahr nicht für 4,86 Millionen Euro bereits Liegenschaften von der Kur AG gekauft, was dem Unternehmen entsprechende Einnahmen bescherte, die zum Teil auch bereits in 2012 kassenwirksam wurden, so wäre die Bilanz der Aktiengesellschaft noch viel schlimmer ausgefallen. Das bestätigte Zimmermann auf Anfrage des GA.

Hart ins Gericht gingen die Aktionäre mit Vorstand und Aufsichtsrat. Zweifel an der nötigen Fachkompetenz, die Gesellschaft wieder auf Erfolgskurs zu bringen, wurden laut. Eine "konsequente Politik der Substanzvernichtung" werde betrieben, eine klare strategische Ausrichtung mit entsprechendem Erfolgspotenzial sei nicht erkennbar.

"Wir werden wohl auf ewige Zeiten keine Dividende mehr sehen", sagte ein Aktionär. Und: "Jetzt stehen wir offenkundig vor einem Scherbenhaufen." Für die verheerende Entwicklung mitverantwortlich seien "die Herren des Aufsichtsrates", die zu allem Überfluss zur Wiederwahl stünden. Bürgermeister Guido Orthen, von Amts wegen Mitglied des Aufsichtsrates, erklärte, er sei "in brennender Sorge um das Unternehmen".

Fehlleistungen des Unternehmens würden mit dem Hinweis auf die ständig sinkende Spielbankabgabe "kaschiert". In Wahrheit habe es große Managementfehler gegeben. Die Kur AG betreibe einen Vermögensverzehr ohne jegliche Perspektive. Aufsichtsrat und Vorstand wurden allem vorgetragenen Unmut und vieler Gegenstimmen sowie einer von Verdruss gekennzeichneten Stimmung zum Trotz mit den Mehrheitsstimmen der süddeutschen Einzeleigentümer entlastet.

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