Wiederaufbau im Ahrtal Altenahr will sich das Vorverkaufsrecht auf Flutgrundstücke sichern

Altenahr · Die Verbandsgemeinde sichert sich das Vorkaufsrecht für Grundstücke und verschafft sich damit Spielraum für die Neugestaltung. Damit soll auch dem Wegzug von Einwohnern und Betrieben entgegengewirkt werden.

 Altenahr Ende Juli, eine Woche nach der Flutkatastrophe: Zahlreiche Häuser im Ort wurden komplett zerstört oder stark beschädigt.

Altenahr Ende Juli, eine Woche nach der Flutkatastrophe: Zahlreiche Häuser im Ort wurden komplett zerstört oder stark beschädigt.

Foto: dpa/Boris Roessler

Zehn Menschen aus Altenahr haben in der Flutnacht ihr Leben gelassen. 520 der 660 Gebäude in der Ortsgemeinde sind von den Zerstörungen betroffen, 480 davon sogar in schwerstem Ausmaß: Diese Zahlen nannte der Altenahrer Bürgermeister Rüdiger Fuhrmann jetzt zu Beginn der ersten Ratssitzung nach der Katastrophe. Der Rat, der in der Werkstatt des Autohauses Mönch am Roßberg tagte – denn andere Versammlungsorte gibt es nicht mehr – legte dort eine Gedenkminute für die Toten ein. Und stellte in der Sitzung wichtige Weichen für die Zukunft.

Der Wiederaufbau sei „ein Projekt von vielen, vielen Jahren, wahrscheinlich einer ganzen Generation“, blickte Fuhrmann voraus. Der Bürgermeister dankte allen, die dafür gesorgt haben, dass der Müll weg ist und dass ein Großteil der Gebäude bereits entkernt werden konnte.

Ein Vorkaufsrecht für Ortsgemeinde soll beim Wiederaufbau helfen

Die Gemeinde habe in Altenahr und Kreuzberg Info-Stellen mit festen Mitarbeitern eingerichtet, führte der Bürgermeister weiter aus und wies auf die Zukunftskonferenz am 30. September in Grafschaft-Ringen hin, bei der die künftige Struktur der Ahr-Region vorgestellt werden und in diesem Zuge auch benannt werden solle, was beim Bauen möglich sei. Anschließend seien in den einzelnen Orten Bürgerversammlungen geplant.

Ein Vorkaufsrecht zugunsten der Ortsgemeinde soll beim Wiederaufbau helfen. Der Rat beschloss entsprechende Satzungen für alle Gemeindeteile und für das Langfigtal.  Damit soll die Gemeinde  „handlungsfähig sein und bei anstehenden Grundstücksverkäufen eingreifen können, falls „das Geschäft der Verwirklichung der mit dem Wiederaufbau verbundenen Ziele entgegensteht“. Außerdem soll die Verfügbarkeit über die Grundstücke „weitergehende Handlungsspielräume“ ermöglichen.

Ziel ist es, Ersatz für zerstörte Gebäude zu schaffen sowie Flächen für den künftigen Hochwasserschutz bereitzuhalten. Öffentliche Freiflächen, Aufenthaltsbereiche, Rad und Fußwege, Ínfrastruktur, Wohn- und Gewerbeflächen sollen berücksichtigt werden. Die Gemeinde will Geschädigten auch Flächen zum Tausch anbieten können. Dabei gehe es darum, die Abwanderung von Menschen und Betrieben zu verhindern und „die touristische Attraktivität als wesentliches wirtschaftliches Standbein der Verbandsgemeinde wiederherzustellen“. Eine entsprechende Satzung hat bereits der Mayschosser Rat beschlossen, im Dernauer Rat steht das Thema ebenfalls an.

Flutgeschädigte sind bereits Kaufinteressierten angesprochen worden

Claudia Kolle aus der Bauabteilung der VG begründete das Verfahren. Geschädigte Haushalte in Sinzig und Bad Neuenahr seien bereits von Maklern und Grundstückskäufern angesprochen worden. Der Kreis sehe darin eine Gefährdung der Kommunen. Auch im Mayschosser Rat war von derartigen Praktiken die Rede. Die Satzung solle helfen, etwaige Probleme mit neuen Grundstückseigentümern auszuschließen. 

Auf der Basis von Luftaufnahmen, die das Bundesamt für Katastrophenschutz nach der Flut gemacht und der VG zur Verfügung gestellt hatte, hatte das Bauamt Pläne gezeichnet, in denen das Überschwemmungsgebiet eingezeichnet ist und die auch Flächen für künftigen Wohnungsbau vorweisen. Letztere gingen dem Rat jedoch nicht weit genug, und so wurden weitere Flächen einbezogen, etwa an der Sankt-Martin-Hütte und im Bereich Lingenberg. Außerdem sollen am Sahrbach bis zur Gemarkungsgrenze 100 Meter jeweils rechts und links  des Bachs einbezogen werden.

Grundsätzlich, so Kolle, könne jeder sein Haus aufgrund eines gültigen  Bebauungsplans wieder aufbauen, es sei denn, die Gemeinde beschließe, den Bebauungsplan neu aufzustellen oder eine Veränderungssperre auszusprechen. Die Räte könnten den Betroffenen Ersatzbauflächen vorschlagen. Es sei mit Land und Kreis besprochen, dass die Gemeinden in die Lage versetzt werden, ihr Vorkaufsrecht auszuüben, hob der Bürgermeister abschließend hervor.

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