Aktion in Altenahr Kettensägen-Künstler helfen Flutopfern an der Ahr

Altenahr · Freiwillige zeigen bei einer Kunstaktion in Altenahr ihr Können an der Kettensäge. Ihre Objekte stehen zum Verkauf, der Erlös soll Flutopfern im Ahrtal zugutekommen.

Könner an der Kettensäge: Der Kulturverein Mittelahr hat zu einer ungewöhnlichen Kunstaktion eingeladen.

Könner an der Kettensäge: Der Kulturverein Mittelahr hat zu einer ungewöhnlichen Kunstaktion eingeladen.

Foto: Martin Gausmann

Bohrer heulen und Motorsägen rattern. Im Schneematsch gehen auf dem Holzplatz neben den Märkten in Ahrbrück-Pützfeld Männer in Arbeitskleidung und mit Schutzbrillen dicken Baumstämmen zu Leibe. Diesmal nicht, weil im geschundenen Ahrtal Brennholz benötigt wird. Das liegt zwar auch zum Abholen da, die aktuellen Aktivitäten gehören jedoch zu einer Kunstaktion.

Martin Breunig, Olli Schulz und weitere Freiwillige, die ansonsten Holz für Öfen sägen und spalten, zeigen ihr Können als Künstler mit der Kettensäge. Dabei entstehen filigrane Figuren. Beliebtestes Motiv ist offenbar die Eule, die sich, wohl angesichts des Tageslichts, in den Rest ihres Baumstamms duckt. Zu sehen auch ein sorgfältig modellierter Baum auf einem Felsen, etwa wie ein Holz gewordener Bonsai. Ein junges Mädchen betrachtet gebannt ein hölzernes Alpaka, eine aus den Anden stammende Kamelart, und der hölzerne Tannenbaum könnte hier und da für Abwechslung im Garten sorgen. Die Objekte stehen zum Verkauf, der Erlös soll Flutopfern zukommen.

Mittagessen am Arbeitsplatz

Eingeladen zu der ungewöhnlichen Kunstaktion hat der Kulturverein Mittelahr. Dessen Vorsitzende, Angelika Furth, schneidet im Versorgungszelt am Sportplatz Ahrbrück Zwiebeln für den Salat. Das Mittagessen will sie den Aktiven gleich an ihren Arbeitsplatz bringen. „Die kommen nicht so gerne ins Zelt“, sagt sie.

Seit 20 Jahren führt Angelika Furth den Kulturverein Mittelahr. Mit einem vielfältigen Programm aus Konzerten, Ausstellungen, Theater- und Kabarett-Aufführungen sowie Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche, auch in Zusammenarbeit mit dem Jugendbüro, hat sie kulturelles Leben in der Verbandsgemeinde verankert.

Meisterkonzerte im September

2021 sind die meisten Dorfhäuser der Flut zum Opfer gefallen. Das Rathaus in Altenahr ist zerstört. Nur etwas höher gelegene Objekte stehen noch zur Verfügung. Und so konnte der Kulturverein schon im September die Tradition seiner Meisterkonzerte wieder aufnehmen: in der Pützfelder Kapelle, denn die steht am halben Berg. „Musik und Tanz vertreiben Gram und Kummer“ war das Motto. Bei dem emotionalen Konzert erklangen Stücke von Vivaldi, Debussy, Mozart und Ravel. „Ich habe geheult wie ein Schlosshund“, beschreibt Furth ihre Gefühle bei der Aufführung. Leider waren nur wenige Zuhörer gekommen, wohl aufgrund von Corona, denkt die Vorsitzende.

Im Versorgungszelt in Ahrbrück nahe der Schule hat es schon einige Workshops für Kinder gegeben – in Zusammenarbeit mit dem Jugendbüro. „Clowns ohne Grenzen“ waren zu beklatschen, das Figurentheater fand im Zelt statt. Und selbst eine Krippe mit großen getöpferten Figuren konnte Furth organisieren. Das war ein Zugeständnis an Weihnachten, denn die Kirche wurde im Untergeschoss geflutet und darf nicht benutzt werden. Das Pfarrhaus wurde zur Ruine, ein Pfarrer ist nicht mehr da. Auf den Weltkindertag konnten Kulturverein und Jugendbüro im vergangenen Jahr aufgrund der Pandemie nur mit Plakaten hinweisen. „Wir bringen das bunte Leben zurück – Kinderrechte nicht ohne uns“ hieß das Motto auf den Postern, die überall in der Verbandsgemeinde zu sehen waren.

Erste Pläne fürs Jubiläum

Der Kulturverein hat Tradition. In diesem Jahr feiert er sein 30-jähriges Bestehen, ist aber aufgrund von Corona und Flut auf Sparflamme gesetzt. Angelika Furth gibt nicht auf. Irgendwie soll das Jubiläum begangen werden, eine Mitgliederversammlung ist vorgesehen. Durch Rundbriefe hält die Vorsitzende den Verein zusammen und denkt, dass Veranstaltungen zunächst nur in den Höhengemeinden möglich sind.

Angelika Furth und der Verein haben einen Namen in der Kulturszene der Region. Trotz Schlamm und Zerstörung in den Dörfern lässt die Vorsitzende den Kopf nicht hängen. „Ich habe schon einige Angebote für Konzerte bekommen, aber ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, ich weiß nicht, ob das jetzt das Wichtigste ist“, sinniert sie und schneidet weiter Zwiebeln für den Salat für Flutopfer und Helfer.

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