Bereits 100 Tote im Kreis Ahrweiler „Das sind kriegsähnliche Zustände“

Kreis Ahrweiler · Nach der Flutkatastrophe im Kreis Ahrweiler werden noch viele weitere Opfer befürchtet. Bislang wurden 100 Todesopfer gemeldet. Die Bundeswehr ist mit Panzern und Pionieren im Einsatz. Schon mehr als 2 Millionen Euro Spenden eingegangen.

 Das Unwetter hat verheerende Schäden in der gesamten Region angerichtet.

Das Unwetter hat verheerende Schäden in der gesamten Region angerichtet.

Foto: Martin Gausmann

Tag drei nach der Katastrophe im Ahrtal, deren Ausmaß immer verheerender wird. So stieg die Zahl der Toten auf mittlerweile 100, zudem gibt es rund 600 gemeldete Verletzte, berichtete der Leiter der technischen Einsatzleitung, Heinz Wolschendorf, bei einer Pressekonferenz im Kreishaus.

Auch eine Angehörige der Feuerwehr verlor ihr Leben. Dazu kommen aktuell rund 30.000 Menschen, die ohne Infrastruktur auskommen müssen. Trinkwasser, Strom, Gas oder auch Handynetze fehlen fast überall. „Wir befürchten zudem noch viele weitere Tote“, ergänzte Udo Schumacher. Hunderte von Kellern stehen noch unter Wasser, viele Häuser konnten noch nicht durchsucht werden.

Immerhin sind nun alle betroffenen Orte an der Ahr für die Retter zugänglich. „Das sind kriegsähnliche Zustände“, so Schumacher. Wie lange alleine die Personensuche noch andauern wird, konnte auch Schumacher nicht sagen, seine Schätzungen belaufen sich auf acht bis 14 Tage. Parallel begonnen wurde mit Abrissarbeiten. Unter anderem wurde das Feuerwehrhaus in Ahrweiler abgebrochen und eine Fußgängerbrücke in Heimersheim gesprengt.

Hunderte Soldaten im Einsatz

Große Hilfe, nicht nur bei der Personensuche, leistet die Bundeswehr. „Alle Kräfte, über die die Bundeswehr verfügt und die nicht selber im Einsatz sind oder an anderer Stelle benötigt werden, stehen dem Landkreis zur Verfügung“, machte des Kommandeur des Landeskommandos, Oberst Stefan Weber, deutlich. Aktuell sind 350 Soldaten im Einsatz an der Ahr.

In der Kreisstadt arbeiten sie an der Bevölkerungsversorgung und räumen mit Panzern Fahrzeuge zum Abtransport aus den Gärten der Menschen. In Dernau leistet man Transportdienste, in Altenahr kümmern sich Pioniere mit Statikern um die Bewertung der Belastbarkeit von Brücken und in Schuld räumen Bergepanzer die Ortsmitte frei vom Schutt der eingefallenen Häuser.

Zudem koordiniert in Nürburg ein Logistikbataillon die Verteilung angelieferter Hilfsgüter und vom Flugplatz Bengener Heide starten acht Hubschrauber mit Höhenrettern immer wieder ins Katastrophengebiet.

Insgesamt sind aktuell rund 2.000 Helfer im Einsatz, ständig rücken neue zu den Sammelpunkten in Nürburg nach und werden von dort in die Einsatzgebiete entsendet. „Auch das Technische Hilfswerk ist mit seiner gesamten Kompetenz und aktuell 500 Kräften im Einsatz“, berichtete Fachbereichsleiter Christian Niemeyer. Dabei seien gerade von den örtlichen THW-Helfern aus Ahrweiler und Sinzig viele selbst vom Hochwasser betroffen.

Plünderungen und Katastrophentourismus

Vor allem auf der Zufahrt nach Ahrweiler reiht sich Fahrzeug an Fahrzeug. Darunter sind immer mehr Katastrophen-Touristen, die die Helfer teilweise bei ihrer Arbeit behindern. Aber auch Plünderungen gibt es mittlerweile in fast allen betroffenen Orten, berichtete Landrat Dr. Jürgen Pföhler aus einer Sitzung mit den Bürgermeistern der betroffenen Kommunen.

Aus diesem Grund wurde die Polizeipräsenz vor Ort massiv verstärkt. 250 Polizisten unterstützen die hiesigen Kräfte bei der Verhinderung von Straftaten und sprechen auch Platzverweise an „Gaffer“ aus, berichtete Udo Schumacher, der neben der Personensuche nun die Versorgung der Bevölkerung und die Unterbringung der Obdachlosen als dringlichste Aufgaben bezeichnet. Landrat Pföhler sprach von drei Teilbereichen.

So würden vorwiegend im Brohltal Ferienwohnungen für Obdachlose rekrutiert. Kreis und Kommunen stellen Turn- und Sporthallen zur Verfügung. Bei der Suche nach langfristigen Angeboten gab es in der Stadt Bonn einen Aufruf zur Mithilfe, alleine hier wurden bereits mehr als 1.000 Wohnungen angeboten. Überhaupt gibt es eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft aus allen Teilen der Republik.

Das geht soweit, dass man derzeit keinerlei Sachspenden mehr annehmen kann. Auf dem Spendenkonto bei der Kreissparkasse sind nach nur zwei Tagen bereits 2,4 Millionen Euro für die Opfer eingegangen, davon alleine eine Million Euro von der Volkswagen AG und jeweils 500.000 von Kreis und Kreissparkasse.

Auf Initiative der Nürburgring GmbH wird das Spendenkonto beim nächsten Formel Eins Rennen weltweit in englischer Sprache am unteren Bildrand eingeblendet werden.

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