Hoffnung auf neue Gäste Ahrtal soll wieder eine touristische Top-Destination werden

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Die meisten Hotels und Gaststätten an der Ahr sind von der Sturzflut im Juli beschädigt oder gar zerstört worden. Ein Hotelverband blickt nach vorne: Das Rotweingebiet solle touristisch eine innovative Modellregion werden. Schnell dürfte dies nicht gehen.

 Die Pressekonferenz fand im zerstörten Hotel „Villa Aurora“ von Christian Lindner in Bad Neuenahr statt.

Die Pressekonferenz fand im zerstörten Hotel „Villa Aurora“ von Christian Lindner in Bad Neuenahr statt.

Foto: Martin Gausmann

Am Montag besuchte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DeHoGa), Ingrid Hartges, das Ahrtal. In Bad Neuenahr ließ sie sich die an der Ahr gelegenen Hotels „Villa Aurora“ und „Central“ sowie das rund 400 Meter vom Fluss entfernte Hotel Krupp zeigen. „Es ist so bitter“, zeigte sie sich beim Anblick der entkernten Häuser und dem Blick auf die Überreste der Georg-Kreuzberg-Straße und den Kurpark auf der anderen Uferseite aus der Villa Aurora heraus erschüttert. Gemeinsam mit den DeHoGa Landespräsidenten Gereon Haumann (Rheinland-Pfalz) und Christoph Becker (Nordrhein-Westfalen) richtete sie klare Forderungen an die Politik.

Die Branche habe nun zwei absolute Krisenjahre hinter sich: Erst die Schließungen zu den Corona-Lockdowns, danach die Flutkatastrophen. Rund 600 Mitgliedsbetriebe gebe es im Ahrtal, berichtete Landesgeschäftsführerin Anna Roeren-Bergs. „Etwa 75 bis 80 Prozent sind direkt von der Flut betroffen“, ergänzte Christian Lindner, Vorsitzender des Ahrtal-Tourismus. Aber auch die anderen, intakten Häuser an der Ahr haben seit der Flutnacht keine Gäste mehr.

Stornierungen auch in Regionen rund um die Flutgebiete

Nicht nur hier: In ganz Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen, wo in den Gebieten um Euskirchen und Aachen rund 1000 Betriebe direkt betroffen sind, hagelte es nach der Flut Stornierungen. „Das war ein Totalausfall bis runter in die Pfalz: Wenn die Leute nur Rheinland-Pfalz hörten, sagten sie ab“, so Gereon Haumann. Christoph Becker bestätigte: „In Nordrhein-Westfalen war es ähnlich.“

Jetzt geht es an den Wiederaufbau, den sich Ingrid Hartges ganz schnell wünscht. Darauf klärte Christian Lindner auf: „So schnell wird es nicht gehen, denn die Häuser müssen nun über Wochen und Monate mittels Bautrocknern trockengelegt werden, sonst droht Schimmelbefall.“ Als dringende Fragen und Probleme wurden auf der Pressekonferenz noch folgende Themen identifiziert: Wer erhält welche Hilfsgelder? Decken diese den Schaden und den Wiederaufbau eins-zu-eins ab? Dazu gäbe es die Möglichkeit, die Herbergen jetzt auf den neuesten Stand zu bringen. Lindner warf die Stichworte Modernisierung, Digitalisierung und energetische Sanierung in den Raum.

Die Zusage von Betriebsausfallgeldern bis zu sechs Monate werde nicht reichen, so Hotelbesitzer Lindner

Der Bad Neuenahrer Hotelier schätzt, dass er frühestens Ende 2022 wieder öffnet. Betriebsausfallgelder werden nach aktuellem Stand aber nur sechs Monate gezahlt. „Das muss verlängert werden, wir brauchen die Unterstützung ein bis eineinhalb Jahre“, so Lindner. Punkte, die Ingrid Hartges mit der Bundespolitik in Berlin klären will. Bleibt Lindner mit seiner Villa Aurora im Zeitplan, wie sieht es dann vor der Tür aus? „Ich denke, die komplette Wiederherstellung der Infrastruktur wird fünf bis zehn Jahre dauern“, so seine Vermutung. Der Umkehrschluss für ihn: das Angebot für Gäste im Haus muss größer werden, beispielsweise durch Veranstaltungen.

Große Aufgabe für den Verband: Die Regionen wieder attraktiv machen

Dass schnellstens wieder Touristen kommen, dafür sollen die Mitgliedsverbände sorgen. Bei der DeHoGa wird bereits über Marketingkampagnen nachgedacht. Dem Ahrtal-Tourismus sollen Gastgeber, die Betten oder Restaurantplätze anbieten können, diese unbedingt melden. Schon jetzt könnten Veranstaltungen, wie das aktuelle Wandern für den Wiederaufbau an der Mittelahr, Gäste locken. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden die Betten in den kommenden Jahren aber von denen belegt, die den Wiederaufbau im Ahrtal verwirklichen sollen.

Hier steht die Forderung nach zügiger Umsetzung im Raum, zu der Gereon Haumann sagt: „Ein Bauantrag darf nicht in neun Monaten entschieden werden, sondern in neun Tagen.“ Andererseits sind Qualität, Modernisierung und der Bau der immer wieder betonten zukunftsgerichteten Modellregion angesagt. Das Ahrtal müsse die Nummer eins unter den Tourismusdestinationen in Rheinland-Pfalz werden, den weltbesten Hochwasserschutz und die innovativsten Gastgeberideen bieten, setzte Haumann hohe Maßstäbe. Christoph Becker ergänzte die Forderung nach einem schnellen, aber innovativen Neuaufbau der Infrastruktur: „Auch hier ist der Staat gefordert, damit nicht weiter Diesel- oder Dampfloks fahren.“ Gereon Haumann verlangte zum Wiederaufbau erneut die Installation eines Bundesbeauftragten. „Schließlich kommt das Geld auch vom Bund“, so der DeHoGa-Landespräsident.

Der Kreisvorsitzende Günther Uhl sprach noch ein weiteres Problem an, nämlich das Verhalten der Versicherungen ihren Kunden gegenüber. Hier seien die Vertreter durch die Bank mit der Aussage, man sei unterversichert aufgetreten und hätten sich dann wochenlang nicht mehr gemeldet. Michael Lenz beispielsweise setzte seinen Versicherungsvertreter kurzerhand vor die Tür und übergab die Schadensregulierung seinem Anwalt. „Hier muss es mehr Verlässlichkeit geben“, so Uhl.

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