Traditionsgeschäft in Bad Neuenahr Konditorei Irmgartz kreiert nach der Flut wieder Schokofiguren und Pralinen

Bad Neuenahr · Seit Ende März hat die Konditorei Irmgartz nach schweren Flutschäden wieder geöffnet. Der Verkaufsraum ist komplett neu gestaltet und auch in der Produktpalette zeichnen sich neue Trends ab.

Die Fachverkäuferinnen Andrea und Karin Strauß (vl.) im neu gestalteten Verkaufsraum der Konditorei Irmgartz in Bad Neuenahr.

Die Fachverkäuferinnen Andrea und Karin Strauß (vl.) im neu gestalteten Verkaufsraum der Konditorei Irmgartz in Bad Neuenahr.

Foto: ahr-foto

Intensiv blickt ein Herr von außen auf die schokoladigen Auslagen, wo sich ein einfallsreiches Motiv an das nächste reiht, wie Eule, Schiff, Pandabär, Turteltäubchen, Golfschläger und Kosmetik-Set. „Die Leute bleiben vor unserem Fenster stehen“, sagt Karin Strauß über die ersten Tage nach der Wiedereröffnung.

Seit die Flut auch die seit über 100 Jahren am Ort bestehende Traditionskonditorei Irmgartz in der Hauptstraße traf, ist dort vieles anders, außer der Eingangstür, die die Besitzerin „unser Schätzchen“ nennt. Durchs Schaufenster sieht man nun weit in den komplett umgestalteten Laden, der einen neuen Boden und eine riesige Theke für Torten und Co hat. Der Anlieferer urteilte über die Pralinenabteilung: „Die kriegen Sie nie voll“. Indes ist sie aber bestückt: „Wir sind stolz auf unsere 70 Sorten“.

Die beiden Senioren im Betrieb wollen zum Jahresende komplett an die jüngere Generation übergeben

Stets berieten die Fachverkäuferinnen Karin und Mutter Doris Strauß, geborene Irmgartz, die Kunden freundlich, während im Betriebsinnern der Inhaber, Konditormeister Vater Karl-Heinz Strauß und seine zu Konditoren ausgebildeten Kinder Andrea und Peter Strauß, die süßen Kreationen schufen. Gerade fallen die Eltern krankheitsbedingt aus. Und nach der Genesung? Strauß Senior winkt ab. „Ende des Jahres wollen meine Frau und ich aufhören.“ In der Katastrophen-Nacht, als die Mutter schrie, „das Wasser steht im Haus“, hat die ganze Familie gekämpft, mit Handtüchern, Zucker- und Mehlsäcken versucht, die Ladentür abzudichten. Tochter Andrea wollte die Kellerfenster mit Steinen verschließen. Ohne Erfolg. Die neuen Kühlschränke samt der Ware, auch im Froster, und die ganze Ladeneinrichtung, „alles hin“.

Dass die Maschinen aber „nach oben“ geschafft wurden, die Backöfen und die Behälter mit den über Jahrzehnte erworbenen Formen für die vielen Schokoladenfiguren eh hoch liegen, mildert den Verlust. Wie sollte es weitergehen? „Es hat lange Diskussionen gegeben“, so Karin Strauß. Schließlich entschieden sich Karin, Andrea und Peter Strauß für den Neustart. Sie zählen auf die Stammkunden und hoffen auf mehr Touristen.

Aktueller Verkaufsschlager: Bohrmaschinen und Schlüssel aus Schokolade

Versichert waren sie nicht. Auf das Gutachten wartend, hat die Familie noch keinen Antrag auf Wiederaufbauhilfe gestellt. Allerdings gewährte die Bank sofort einen Kredit. So stürzt sich das Trio in die Arbeit. Karin Strauß bedient, Bruder Peter wirkt in der Backstube und Schwester Andrea lässt sich süße Neuigkeiten einfallen, wie Trüffel in den Geschmacksrichtungen Mango, Holunder-Likör, Brombeere und zu Weihnachten Lebkuchentrüffel. Apropos Weihnachten: bis zum Fest ist auch mittwochs, sonst Ruhetag, geöffnet. Schon zu haben sind Spekulatius, Printen und Schokolutscher mit Themenfiguren. Die eigentliche Weihnachtsbäckerei mit Nikoläusen, Spitzkuchen und Stollen beginnt etwas später.

Der Auslagenbetrachter betritt das Geschäft und erwirbt ein großes Schokoladenohr. Viele derzeitige Verkaufsschlager aber resultierten aus der Flut. Bohrmaschinen und Traktoren seien gefragt sowie Schlüssel für die vermehrt wieder in ihre Häuser einziehenden Bürger.

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