Aufarbeitung im Ahrtal Nicht nur Beifall für „Crisis Center“

Kreis Ahrweiler · Zu den Plänen für ein „Crisis Center“ im Ahrtal regt sich Kritik. Gleichwohl hat der Kreis- und Umweltausschuss eine Machbarkeitsstudie beauftragt. Parallel dazu gibt es eine zweite Studie zu einem möglichen Flutmuseum, das zwischen Schuld und Sinzig zusätzlich entstehen könnte.

 Schlammige Stiefel: Dieses Exponat gehörte zur Ausstellung „Flutgeschichten“, die im Bürgerhaus Ahrweiler zu sehen war.

Schlammige Stiefel: Dieses Exponat gehörte zur Ausstellung „Flutgeschichten“, die im Bürgerhaus Ahrweiler zu sehen war.

Foto: ahr-foto

Der Tourismus im Ahrtal ist ein wesentliches Standbein im Wirtschaftsleben des Landkreises. Das sieht auch Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) so. In der jüngsten Sitzung des Kreis- und Umweltausschusses setzte sie die Situation des Fremdenverkehrs auf die Tagesordnung. Damit folgte sie einem entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion. Gekommen waren Christian Senk, Geschäftsführer, und David Bongart, Projektleiter Tourismuskonzept Ahrtal, von der Ahrtal und Bad Neuenahr-Ahrweiler Marketinggesellschaft, um über die aktuelle Situation beim Wiederaufbau des für die Region so wichtigen Wirtschaftszweiges zu sprechen.

Neue Tourismusbeauftragte

Zugleich stellte Weigand mit Maike Gausmann-Vollrath die neue Tourismusbeauftragte in der Kreisverwaltung vor. Die für die regionale Tourismusförderung zuständige Fachfrau soll mit den lokalen Akteuren in einen intensiven Austausch treten. Gausmann-Vollrath ist 48 Jahre alt. Zwölf Jahre lang arbeitete sie für die Stadt Sinzig als Wirtschaftsförderin, ehe sie nun in die Kreisverwaltung wechselte. Die Diplom-Ingenieurin für Raumplanung hatte ihre Diplomarbeit seinerzeit über die „Gesundheit- und Fitnessregion Kreis Ahrweiler“ geschrieben und ist auf Stadtmarketing spezialisiert. Im Kreishaus wird sie im Rahmen der Tourismusförderung eine koordinierende Rolle übernehmen.

Derweil bestätigten Senk und Bongart, dass es auch für ein Flutmuseum eine Machbarkeitsstudie geben soll. Zum Gesamtthemenkomplex „Tourismus im Kreis Ahrweiler“ gehörte zunächst auch die Beauftragung eines Fachbüros, das eine Machbarkeitsstudie für die Ansiedlung eines „International Crisis Centers Ahrtal“ (ICCA) erstellen soll (der GA berichtete). Wenngleich die Studie auch abgesegnet wurde: Nicht alle Mitglieder des Kreis- und Umweltausschusses sahen eine Sinnhaftigkeit in dem Projekt. „Alleine mit Krise und Katastrophe kann man keine Touristen ansprechen“, meinte SPD-Fraktionsvorsitzender Christoph Schmitt. Und Uli van Bebber, Fraktionschef der Liberalen, meinte: „Ich halte die prognostizierten Besucherzahlen von jährlich 250.000 für völlig unrealistisch. Krisen und Katastrophen sind kein Publikumsmagnet.“ Auch sei die mit dem Projekt verbundene – offenbar gewollte – „Volkspädagogik“ alles andere als ein Erfolgsmodell.

Akademie für Bevölkerungsschutz vorhanden

Ungeachtet dessen sei mit der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung bereits eine auf Krisenfälle spezialisierte Bundesbehörde in der Region ansässig. Wie berichtet, wird die Machbarkeitsstudie dennoch in Auftrag gegeben. Die Kosten in Höhe von mehr als 120.000 Euro werden zum größten Teil von den Rotariern und der Kreissparkasse Ahrweiler aufgebracht. Der Kreis beteiligt sich mit etwa 35.000 Euro daran.

Maike Gausmann-Vollrath

Maike Gausmann-Vollrath

Foto: ahr-foto

Angestoßen hat das „Crisis-Center“-Projekt Andreas Wittpohl, ehemals Geschäftsführer des Ahrtal-Tourismus. Nach Wittpohls Vorstellungen könnte ein Zentrum der Wissenschaft und Forschung sowie des Austauschs entstehen, ein „Think-Tank“ mit Forschungsergebnissen mit dem Schwerpunkt zu Auswirkungen des Klimawandels auf zu erwartende Naturkatastrophen und einer möglichen Vorsorge vor den Folgen sowie eines Katastrophenmanagements

Bei den Sprechern der Ahrtal und Bad Neuenahr-Ahrweiler Marketing GmbH, Christian Senk und David Bongart, stößt das Vorhaben auf Wohlwollen. „Wir sehen die zusätzlichen Investitionen in weitere infrastrukturelle Maßnahmen als sinnvoll an. Hierfür stehen beispielsweise das ICCA mit wissenschaftlichem Hintergrund und ein angedachtes Flutmuseum mit einem stärkeren touristischen Fokus als Mosaiksteine des gesamten zukünftigen Angebotsportfolios im Ahrtal“, sagte Senk gegenüber dem General-Anzeiger. Bongart ergänzte: „Aus unserer Sicht ist es notwendig, einen Raum für das Gedenken und die Phase des Wiederaufbaus herzustellen, ohne die Gäste und vor allem die betroffenen Bewohner permanent und dezentral mit der Flut als Leitthema zu konfrontieren. Gleichzeitig besteht aber dennoch ein dauerhafter Bedarf, die Flut, die Folgen der Flut und die Stationen des Wiederaufbaus für die Nachwelt zu konservieren und thematisch aufzubereiten.“

Im Bürgerzentrum in Ahrweiler war Anfang vergangenen Jahres bereits die Ausstellung „Flutgeschichten“ zu sehen, in der Exponate der Katastrophe gezeigt wurden. In Bonn hat das Haus der Geschichte Hunderte von Flutgegenständen gesammelt. Allerdings wurde dort bisher erst ein Objekt, ein Gaszähler, vorübergehend ausgestellt. Wenn das Museum 2024 und 2025 seine Dauerausstellung neugestaltet hat, könnten weitere Gegenstände ausgestellt werden, wie ein Sprecher Ende vergangenen Jahres der Deutschen Presse-Agentur sagte.

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