Depot des Stadtmuseums im Weißen Turm Flutbeschädigte Kunstwerke werden gerade in der Pfalz restauriert

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Eine Museumsdirektorin aus Frankenthal hat mit viel Engagement erreicht, dass acht flutgeschädigte Kunstwerke in ihrem Haus restauriert werden können. Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler muss dafür lediglich die Materialkosten tragen.

 Begutachtung von Grete Willers’ „Schloss Kreuzberg“ und den anderen Gemälden in Frankenthal durch (v.l.) Maria Lucia Weigel, Joanna Bella, Bettina Scheeder, Martin Hebich, Jürgen Hardeck und Heike Wernz-Kaiser.

Begutachtung von Grete Willers’ „Schloss Kreuzberg“ und den anderen Gemälden in Frankenthal durch (v.l.) Maria Lucia Weigel, Joanna Bella, Bettina Scheeder, Martin Hebich, Jürgen Hardeck und Heike Wernz-Kaiser.

Foto: Bernd Mohr/Erkenbert-Museum Fran

Der „Kurgarten“ soll wieder leuchten. Wenn wohl auch nicht mehr ganz in der früheren Pracht. Die Darstellung des im Kreis Ahrweiler geborenen und gestorbenen Malers und Bildhauers Bernhard Müller-Feyen liegt aktuell in einer Werkstatt des Erkenbert-Museums in Frankenthal. Dort wird es als erstes von sieben Gemälden aus dem Depot des ehemaligen Museums der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler im Weißen Turm, die bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal beschädigt wurden, restauriert. Es liegt hier neben Werken von Carl Weisgerber, Pitt Kreuzberg, Ernst Kley und Grete Willers.

„Solche Arbeiten sind Gemälde von unschätzbarem Wert für die Region. Erst recht nach der Flutkatastrophe. Sie gehören zum kulturellen Gedächtnis“, stellt Maria Lucia Weigel, Direktorin des Erkenbert-Museums, fest. Es ist eines der Museen, die Schützenhilfe leisten bei der Rettung der Kunst aus dem Ahrtal. Auf der Webseite des Museumsverbands Rheinland-Pfalz, der die Restaurierungsarbeiten koordiniert und in dem auch das Erkenbert-Museum Mitglied ist, hat sie den Spendenaufruf „und die Fotos, die das ganze Elend offenbarten“ gesehen. „Man muss solidarisch sein mit denen, die in Not sind. Auch wenn bei allen Museen schon allein der Lagerraum knapp ist“, sagt sie und hat nicht nur diesen angeboten, sondern den Oberbürgermeister ihrer Stadt gebeten, „dass wir hier unsere Fachkräfte kostenfrei für das Museum im Ahrtal zur Verfügung stellen – und er hat sofort zugestimmt.“ Dabei ist die Restaurierung nicht nur langwierig und kostspielig. „Es ist ein tückisches Unterfangen“, sagt Weigel.

 Mit Feingefühl, Tupfer und Messer arbeitet Gemälderestauratorin Joanna Bella an der Restaurierung von Bernhard Müller-Feyens "Kurgarten".

Mit Feingefühl, Tupfer und Messer arbeitet Gemälderestauratorin Joanna Bella an der Restaurierung von Bernhard Müller-Feyens "Kurgarten".

Foto: Bernd Mohr/Erkenbert-Museum Fran

Die Kunstwerke haben seit der Flut schon eine ordentliche Reise hinter sich

Nach der Notbergung aus der zweiten Etage der Tiefgarage am Ahrweiler Markt (der GA berichtete) sind die Kunstwerke aus dem Stadtmuseum ans Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe gekommen. Von dort holte sie das Erkenbert-Museum im Dezember nach Frankenthal, wo sie beim Besuch des Kulturstaatssekretärs Professor Jürgen Hardeck begutachtet wurden – gemeinsam mit Frankenthals Oberbürgermeister Martin Hebich, der Geschäftsführerin des Museumsverbands Rheinland-Pfalz, Bettina Scheeder, Gemälderestauratorin Joanna Bella und Heike Wernz-Kaiser, Leiterin des geschlossenen Stadtmuseums und Kulturbeauftragte der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. „Man konnte sofort riechen, welchem Schicksal diese Arbeiten ausgesetzt waren“, erinnert sich Weigel.

Die Gemälde sind noch immer Schlamm bedeckt und die Bildseite zudem mit Japanpapier, das nach der Trocknung mit dem Flutschlamm eine betonartige Verbindung eingegangen ist. Wie es üblich sei, wurden die Gemälde bei der Erstversorgung mit Japanpapier abgedeckt, um sie zu schützen und die Farbe auf der Vorderseite zu fixieren. „Man weiß ja nicht, ob da in feuchtem Zustand nicht gerade die Malschicht herunterläuft.“ Deshalb geht auch abwaschen nicht, man kann nur trocken arbeiten.

Problematisch sei, dass der Schlamm nicht nur an den sichtbaren Stellen sitzt, sondern in die Leinwand eingezogen ist und sich in feuchtem Zustand unter die Keilrahmen geschoben hat, die wiederum aufquollen. Bevor man das Japanpapier vorne entfernt, müssen Nägel entfernt und Rahmen abgenommen werden: „Man fängt mit der Restaurierung also von hinten an.“

Vor dem ersten Arbeitsschritt indes wurde in enger Abstimmung mit Wernz-Kaiser, die dazu auch immer wieder vor Ort ist, eine Restaurierungsstrategie entwickelt: „Das ist der wichtigste Teil einer Restaurierung“, sagt Weigel. „Man muss klären: Was soll gemacht werden, in welcher Reihenfolge und wie tief darf es gehen? Dürfen wir die Keilrahmen abnehmen und die historisch zum Bild gehörenden, aber nun korrodierten Nägel durch neue ersetzen?“

Bei Grete Willers‘ „Schloss Kreuzberg“ aus dem Jahr 1915 haben die Farben deutlich nachgelassen. „Wenn man die Farben auffrischt, ist das ein Eingriff in die Originalsubstanz. Will man das? Oder möchte man die Flutspuren als Zeitzeugnis konservieren?“ Eine Herausforderung für die Restauratorin ist auch Pitt Kreuzbergs „Petri Fischzug“ aus den 1950ern: Bei der abstrahierten Darstellung ist mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen, was gemalt ist und was Schlamm. Weigel: „Da muss man unter dem Mikroskop arbeiten. Zudem ist nur eine ganz kleine Stelle freigelegt, die noch die originale Farbigkeit zeigt.“ Nötig sind da viel Fingerspitzengefühl und Spezialwissen. „Und das haben wir hier im Haus. Wir sind sehr froh, dass wir das bieten können.“ Das gehe auch, weil das Erkenbert-Museums derzeit geschlossen ist, da eine große Sanierung ansteht.

Die Restauratoren arbeiten auf Kosten des Erkenbert-Museums. Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler zahle nur das benötigte Material. „Neue Keilrahmen, neue Nägel, Spezialpinsel und Schwämme und ein bisschen Farbpigment. Das ist mit wenig Geld bezahlt“, so Weigel. Bei der Arbeit der Restauratoren rechnet sie mit einer höheren vierstelligen Summe pro Bild. Nach derzeitigem Stand wird es noch Monate dauern, bis der „Kurgarten“ und die anderen Kunstwerke aus der Pfalz ihren Weg zurück an die Ahr finden.

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