Flutkatastrophe im Ahrtal Flut-Untersuchungsausschuss nimmt Befragung wieder auf

Ahrtal/Mainz · Eigentlich wollte der Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal Ende November/Anfang Dezember seinen Abschlussbericht präsentieren. Doch daraus wird nun nichts, denn die Befragung wird wieder aufgenommen.

Ein Bild der Zerstörung: Die Ortschaft Schuld am Tag, nachdem die Flutwelle der Ahr durch den Ort geströmt war.

Ein Bild der Zerstörung: Die Ortschaft Schuld am Tag, nachdem die Flutwelle der Ahr durch den Ort geströmt war.

Foto: dpa/Boris Roessler

Auf dem Zeugenstuhl nimmt am Montag, 27. November, um 9 Uhr der Berliner Professor für Führung und Bevölkerungsschutz, Dominic Gißler, Platz. Er hatte von Juni bis Oktober für die Staatsanwaltschaft, die weiterhin gegen den ehemaligen Landrat Jürgen Pföhler und einen ehrenamtlichen Mitarbeiter des Ahrweiler Krisenstabs wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung ermittelt, ein „katastrophenschutztechnisches Gutachten“ erarbeitet. Es sollte dabei um die Führung des Einsatzes während der Flutkatastrophe im Juli 2021 gehen.

Gißler kam zu dem Schluss, dass der Katastrophenschutz im Kreis Ahrweiler zum Zeitpunkt der Flut nicht optimal organisiert war. Der Landkreis habe kein ausreichend entwickeltes Einsatzführungssystem vorgehalten und die Technische Einsatzleitung (TEL) sei organisatorisch nicht ausreichend gereift gewesen, hieß es in einer Zusammenfassung des Gutachtens durch die Staatsanwaltschaft.

„Wir wollen uns mit dem Gutachten auseinandersetzen“

„Wir wollen uns mit dem Gutachten auseinandersetzen“, sagte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Martin Haller (SPD) in einem kurzen Statement am Freitagmorgen, nachdem das Gremium beschlossen hatte, Gißler als Sachverständigen zu laden. Geplant ist, dass zunächst eine Zusammenfassung des Gutachtens verlesen wird. Danach soll Gißler darüber sprechen und anschließend werde es eine „öffentliche Vernehmung“ des Gutachters geben, so Haller.

Wie es mit den Beratungen des Gremiums danach weitergeht, ist noch unklar. Jedenfalls ist der eigentlich vorgesehene Terminplan ziemlich durcheinandergewirbelt worden. Denn nach der Präsentation des Abschlussberichtes sollte der Landtag in seiner Sitzung Mitte Dezember darüber debattieren.

Möglicherweise könnten weitere Zeugen vernommen werden

Womöglich werden nach der Befragung Gißlers weitere Zeugen einvernommen. Freie-Wähler-Obmann Stephan Wefelscheid sagte in einer ersten Reaktion, dass für ihn bei der Vernehmung des Gutachters „neben dem Krisen- und Katastrophenmanagement im Landkreis Ahrweiler auch die Rolle des Landes von besonderem Interesse“ sei. Weiterhin in Rede steht etwa, ob die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) vor und während der Flutkatastrophe angemessen reagiert hat und ob nicht die Landesbehörde selbst es war, die eigentlich die Einsatzleitung innehatte.

Gißler hatte Anfang des Jahres auch schon ein Gutachten für den Untersuchungsausschuss erstellt. Dabei ging es um das Krisenmanagement der ADD bei der Bewältigung der Flutkata­strophe. Die Landesbehörde hatte drei Tage nach der Flut die Einsatzleitung vom Kreis Ahrweiler übernommen. „Aus meiner Sicht als Gutachter, der sich viel mit Einsätzen beschäftigt, gehört dieser zu den strukturell und funktionell komplexesten, mit denen ich mich beschäftigt habe“, hatte Gißler im März erklärt.

Im Gutachten für die Staatsanwaltschaft kritisierte der Wissenschaftler, dass die TEL wegen des nicht ausreichend entwickelten Einsatzführungskonzeptes dem „komplexen Maximalereignis“ nicht angemessen begegnen konnte. Sie habe zu wenig Personal gehabt und das eingesetzte Personal sei nicht ausreichend aus- und fortgebildet gewesen. In der Flutnacht habe „eine permanente Überlastung in der TEL geherrscht“. Wie die Flutnacht unter besseren Rahmenbedingungen verlaufen wäre, lasse sich aber „aufgrund der Komplexität, der Unsicherheiten und der Unwägbarkeiten des Ereignisses und des Einsatzes“ nicht sagen, so Gißler.

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