Strom, Telefon und Internet in Hochwasser-Gebieten Wiederaufbau der Infrastruktur kann Wochen dauern

Kreis Ahrweiler/Rhein-Sieg · Das Hochwasser hat vielerorts die Infrastruktur beschädigt. Die Stromversorgung ist unterbrochen. Telefon- und Internet funktionieren nicht. Erdgas- und Trinkwasserversorgung sind ebenfalls betroffen. Der Wiederaufbau kann Wochen dauern.

 In weiten Teilen der vom Hochwasser betroffenen Gebiete gibt es momentan keine Stromversorgung. Auch Telefon- und Internetempfang sowie die Trinkwasser- und Erdgasversorgung sind eingeschränkt.

In weiten Teilen der vom Hochwasser betroffenen Gebiete gibt es momentan keine Stromversorgung. Auch Telefon- und Internetempfang sowie die Trinkwasser- und Erdgasversorgung sind eingeschränkt.

Foto: dpa/Boris Roessler

Die Hochwasserkatastrophe in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat velerorts die Infrastruktur beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen. Die Stromversorgung ist unterbrochen. Telefon- und Internetverbindungen funktionieren nicht, auch das Mobilfunknetz ist in weiten Teilen ausgefallen. Auch Erdgas- und Trinkwasserversorgung sind betroffen.

Keine Stromversorgung nach Hochwasser im Kreis Ahrweiler

Die Lage im besonders stark betroffenen Kreis Ahrweiler ist unübersichtlich. Cora Blechen, Pressesprecherin der Kreisverwaltung, erklärt: „Stromversorgung gibt es zur Zeit keine.“ Es werde mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet, allerdings sei zur Zeit nicht absehbar, wann die Stromversorgung wieder hergestellt werden kann. Auch Telefon- und Internetverbindung sind in weiten Teilen noch immer eingeschränkt.

Die Unwetter-Katastrophe wirkt sich dort auch massiv auf die Gasversorgung aus, insbesondere im Bereich Bad Neuenahr-Ahrweiler und in der Grafschaft, da dort eine Erdgasleitung gerissen ist. Nach Schätzung der Energieversorgung Mittelrhein (evm) kann es mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate dauern, bis die Gasversorgung wieder in Betrieb genommen werden kann. Für die betroffenen Bürger bedeutet dies, dass sie kein warmes Wasser mehr beziehen können.

Mehrere Kilometer Gasleitungen müssen nach Angaben der evm komplett neu gelegt werden. „Wir können aktuell noch nicht abschätzen, wie lange sich diese Arbeiten hinziehen werden“, erklärt Pressesprecher Marcelo Peerenboom. „Wir müssen aber leider von mehreren Wochen, wenn nicht sogar Monaten ausgehen.“

Zumindest für einige Orte in der Grafschaft zeichnete sich am Freitag eine Lösung ab. Durch spezielle Netzmaßnahmen können Teile der Erdgasversorgung wiederhergestellt werden. „Dies wird voraussichtlich noch im Lauf des Tages erfolgen, spätestens aber am Samstag“, erläutert Peerenboom. Das Haribo-Werk werde allerdings vorerst weiter ohne Gasversorgung bleiben.

Hochwasser im Rhein-Sieg-Kreis: Stromversorgung weitgehend eingeschränkt

In den betroffenen Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis liegt die Infrastruktur ebenfalls brach. So gebe es nach Angaben der Bürgermeisterin von Swisttal größtenteils keine Telefonverbindungen, auch die Stromversorgung sei in weiten Teilen unterbrochen, erklärt Katja Eschmann, stellvertretende Pressesprecherin des Kreises. „Der Energieversorger Westnetz arbeitet mit Hochdruck daran, die Versorgung wiederherzustellen“, hieß es. Die meisten Umspannstationen seien mittlerweile leergepumpt und würden nun gereinigt. „Definitiv abschätzen, wie lange die Arbeiten noch dauern, können wir aber nicht“, sagt Eschmann.

Warum es so schwierig ist, abzusehen, wann die Stromversorgung in den Hochwasser-Gebieten wieder steht, erklärt Edith Feuerborn vom Verteilnetzbetreiber Westnetz mit Sitz in Dortmund: Die Stromversorgung sei kein Ortsproblem, sondern ein Landschaftsproblem. „Kernpunkt sind die Umspannanlagen, die den Strom bis in die Haushalte verteilen.“ Damit der Strom dorthin kommt, muss aber eine intakte Infrastruktur gegeben sein, also funktionstüchtige Kabel, Leitungen und Strommasten.

Etliche Ortsteile und Ortsgemeinden im Landkreis Ahrweiler wurden jedoch durch die Überschwemmungen so stark getroffen, dass die Netzinfrastruktur komplett zusammengebrochen ist. Zahlreiche Stromanlagen existieren nicht mehr oder sind stark beschädigt. Die Umspannanlagen vor Ort werden nach Angaben von Feuerborn momentan „fieberhaft“ gecheckt, könnten zum Teil bereits wieder betreten werden. Bevor wieder Strom fließen kann, müssen sie jedoch kontrolliert, gereinigt oder auch getrocknet und auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft werden. Wo nötig, müssen Anlagenteile repariert oder ersetzt werden. „Wir wissen noch nicht, ob der Strom durch alle anderen Stationen dahin kommt, wo er hin soll“, erklärt Feuerborn. Westnetz versuche nun sukzessive, die Menschen wieder ans Netz zu bringen.

Teile von Rheinbach, Sinzig und Remagen haben wieder Strom

In Rheinbach ist das zu Teilen bereits gelungen. Nachdem die Feuerwehr noch am Donnerstagabend zwei Umspannstationen von Wasser und Schlamm befreit hat, konnten Techniker in der Nacht zumindest die Stromversorgungen für die Rheinbacher Innenstadt wiederherstellen, ebenso in Teilen von Merzbach und Neukirchen. In Sinzig fließt der Strom seit Freitag wieder in den Stadtteilen Löhndorf, Koisdorf, Westum, dem Industriegebiet und Großteilen der Innenstadt. Auch in der Stadt Remagen konnten nach Angaben von Westnetz alle Bürgerinnen und Bürger wieder mit Strom versorgt werden. Westnetz bittet jedoch darum, den Energieverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren, da die Versorgung vorerst nur provisorisch aufgebaut wurde.

Große Teile von Euskirchen, Weilerswist, Mechernich und Erftstadt sind derweil weiter spannungslos. Um sich ein Bild der Gesamtlage zu machen, überfliegen Techniker die überfluteten Gebiete am Freitag mit Hubschraubern oder Drohnen. An vielen Orten in der Region setze Westnetz derzeit Notstromaggregate ein, erklärt Feuerborn: „Alle unsere Aggregate sind im Einsatz. Wir arbeiten eng zusammen mit Städten und Gemeinden sowie den Krisenstäben. Genaue Zeitangaben, wie lange die Arbeiten dauern werden, kann ich aber zur Zeit nicht machen.“

 Auch die Rettungskräfte kämpfen mit der fehlenden Stromversorgung.

Auch die Rettungskräfte kämpfen mit der fehlenden Stromversorgung.

Foto: dpa/Thomas Frey

Fehlende Stromversorgung auch für Rettungskräfte problematisch

Die fehlende Stromversorgung wird auch für die Retter vor Ort zum Problem. Nicolas Ottersbach, hauptberuflich Redakteur des General-Anzeigers, ist momentan mit der Feuerwehr im Einsatz. „Alle Feuerwehren sind mit Digitalfunkgeräten ausgestattet“, erklärt er. Diese werden zum einen genutzt für den lokal begrenzten Einsatzstellenfunk. „Darüber kommunizieren nur die Leute miteinander, die in derselben Ecke sind.“ Zum anderen gebe es den überörtlichen Funk, der über lange Distanzen zwischen Leitstelle und Einheiten in verschiedenen Kreisen funktioniert. Letzterer sei zur Zeit nicht nutzbar.

„Wir haben keinen Empfang, können nicht miteinander sprechen. Lokal funktioniert es noch einigermaßen gut, aber wir können nicht aus den Gebieten rausfunken. Wir sind hier vor Ort und wissen nicht, was anderswo passiert“, sagt Ottersbach. Dies sei vor allem mit Blick auf die Steinbachtalsperre, die seit Donnerstag zu brechen droht, problematisch. Von notwendigen Evakuierungen würden die Einsatzkräfte vor Ort so möglicherweise erst spät erfahren.

Telefon-Infrastruktur in Hochwasser-Gebieten stark beschädigt

Auch die Telefon-Infrastruktur wurde stark beschädigt, wie Peter Kespohl, Pressesprecher der Deutschen Telekom, erklärt: „Die Wasser- und Geröllmassen im Ahrtal und der Eifel haben große Schäden an unserer Festnetz-Infrastruktur verursacht. Das betrifft insbesondere die abgesetzte Technik, also die bekannten ‚grauen‘ Kästen an den Straßen und Bürgersteigen.“ Noch immer fehle ein Gesamtüberblick, da einzelne Orte noch nicht angefahren werden können oder dürfen. „Und es gibt Orte, in denen wir eine komplett neue Infrastruktur aufbauen müssen, da dort ganze Straßen mit unseren Leitungen weggerissen sind.“ Im Einzelfall könne es mitunter Wochen dauern, bis einzelne Störungen beseitigt werden können.

Beim Mobilfunk liege das zentrale Problem aktuell in der fehlenden Stromversorgung der Antennenstandorte. „Hier sind im Ahrtal und der Eifel viele Standorte wieder ‚on air‘“, sagt Kespohl. „Es kommt aber immer noch zu temporären Unterbrechungen der Stromversorgung.“

Trinkwasser im Kreis Ahrweiler besser abkochen

Auch bei der Trinkwasserversorgung kommt es aufgrund des Hochwassers zu Problemen. Im Kreis Ahrweiler ist das Technische Hilfswerk vor Ort, um Aufbereitungsanlagen zu installieren. „Es steht momentan nur an ganz, ganz wenigen Stellen Trinkwasser zur Verfügung“, erklärt Pressesprecherin Cora Blechen. Dort, wo Wasser aus dem Hahn komme, werde empfohlen, dieses abzukochen – „das geht aber auch nur, wenn man Strom hat“, sagt Blechen. „Sie sehen, da dreht man sich im Kreis.“

Bei der Trinkwasserversorgung im Rhein-Sieg-Kreis hingegen seien keine Probleme bekannt. Nach Angaben der Kreis-Pressestelle gebe auch keinerlei Hinweise darauf, dass das Wasser verunreinigt sei und abgekocht werden müsse.

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