Effekte und Emotionen So laufen die Vorbereitungen zur sechsten Klangwelle an der Ahr

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Mit "Meilensteinen" rollt die sechste Klangwelle im Kurpark Bad Neuenahr an. Die insgesamt acht Shows erfordern eine tagelange Vorarbeit. So läuft der Aufbau.

Die Macher der Klangwelle sind ein eingespieltes Team: Der künstlerische Leiter Roland Nenzel (l.) und Showdesigner Mischa Anton.

Die Macher der Klangwelle sind ein eingespieltes Team: Der künstlerische Leiter Roland Nenzel (l.) und Showdesigner Mischa Anton.

Foto: GA/Martin Gausmann

Sie sind Effekthascher und Emotionsmacher, ihre Elemente sind Musik und Wasser in harmonischer Vollendung. Wenn Roland Nenzel aus Bonn als künstlerischer Leiter und Mischa Anton von der Wiener Firma "Consortium" als Showdesigner über der Konzeption der Bad Neuenahrer Klangwelle brüten, dann stecken zwei die Köpfe zusammen, die von Perfektionismus und Kreativität getrieben sind.

Beide geben sich erst zufrieden, wenn Songs, Wasserfontänen, Videos, Licht, Laser und Feuer sekundensynchron aufeinander abgestimmt sind. Auf die sechste Klangwelle im Kurpark ab Donnerstag unter dem Motto "Meilensteine", veranstaltet von der Ahrtal und Bad Neuenahr- Ahrweiler Marketing GmbH, freuen sich schon Tausende von Besuchern. Doch zuvor gibt es noch viel zu tun.

Tagsüber, wenn die Bouler in aller Seelenruhe ihre Kugeln auf den Kies werfen, meterhohe Palmen per Hubwagen versetzt, Scheinwerfermasten positioniert sowie rund 20 Kilometer Kabel verlegt werden und das 22 mal sechs Meter große, mit 124 000 Litern Ahrwasser gefüllte Bassin vollläuft, schläft Anton. Jetzt, nach sechs Monaten Vorbereitungszeit in Wien, in denen ihm der Kurpark im 3D-Computer als Animationsbasis diente, wird er zum Nachtarbeiter.

Viel Arbeit in der Nacht

"Oft verlasse ich erst morgens um 7 Uhr den Kurpark", so der 38-jährige Lichtdesigner im GA-Gespräch, dessen Schaltzentrale ein unscheinbarer Container ist. Sein Innenleben hat es jedoch in sich: Ein Wust aus Computern, Tastaturen, Knöpfen und Reglern verwirrt den Laien, doch Anton ist mit der 150 000-Euro-Technik blind vertraut. Der Profi weilte für seine Firma in Katar und in Moskau, stemmte bei der Bundesgartenschau in Heilbronn mit Europas größtem Wassershowsystem 173 Acts und setzte in Graz die erste Silvestershow für 20 000 Besucher statt mit Feuerwerk und Böller mit Wasser und Licht um.

Nenzel war auch in Heilbronn und Graz der Mann, der den passenden Musikschnitt lieferte.Doch zurück nach Bad Neuenahr: Probeläufe am Tag bringen dem Operator nichts. Zwar checkt er beim zweitägigen Aufbau mit seinen 16 Helfern, die 20 Tonnen Equipment mit zwei Trucks in die Kurstadt brachten, ob die jeweils 70 Wasserdüsen und -pumpen optimal platziert, die 100 Scheinwerfer fein justiert sind, damit die Gesamtinstallation inklusive Springbrunnen und Baumalleen stimmt.

Doch des Nachts, wenn Security-Mitarbeiter ihre Runden drehen und ein wachsames Auge auf die Aufbauten haben, erfolgt der Feinschliff, das Anpassen von rund 40 Meter hohen Wasserfontänen, Licht und Laser an die Musik. "Hier vor Ort hole ich die letzten 30 Prozent Qualität aus dem im Studio erarbeiteten Konzept heraus. Jedes Detail muss berücksichtigt werden, selbst Dinge wie die Reflexion der Bäume", erklärt Anton.

Hinzu kommen Unwägbarkeiten wie das Wetter. Während Regen nicht stören würde, könnte ein Sturm die Klangwelle ebenso bedrohen wie Niedrigwasser der Ahr oder ein Stromausfall. "Wir ziehen das komplette Wasser aus dem nahen Fluss und führen es auch dorthin wieder zurück. Es wird kein Trinkwasser verbraucht", betont Nenzel, der erneut mit Thomas Spitz die Moderation übernimmt.

Jedes Jahr neue Technik und Superlative

Dass dem künstlerischen Leiter Natur und Umwelt ein Herzensanliegen sind, bringt er seit Jahren auch in den Bildern und Videos zum Ausdruck. "Als wir hier die mit Plastik vermüllten Weltmeere zeigten und die Message hatten, mit der einen, einzigen Erde maßvoll umzugehen, war die Diskussion um Plastik plötzlich in aller Munde", so der Bonner Nenzel.

Wenn er ans Bewusstsein der Menschen appelliert, dann nie mit dem erhobenen Zeigefinger. "Ich setze da lieber auf den gesunden Menschenverstand, die Klangwelle soll die Botschaft spielerisch transportieren." So wird beispielsweise Michael Jacksons "Earth Song" den Klangwelle-Zugaben-Block einleiten. Das Stück, das in den 1990er-Jahren im Wiener Hotel Imperial geschrieben wurde, war der erste Titel von Jackson, der sich mit ökologischen Aspekten beschäftigte und als Klage über das zerstörerische und rücksichtslose Handeln der Menschen zu verstehen ist.

Größer, höher, weiter: Diesen Anspruch stellen die Klangwelle-Macher Jahr für Jahr an sich selbst wenn moderne Technik mit den Elementen der Natur eine Symbiose eingehen. So ist allein der Videobeamer so groß wie ein Smart und kostet so viel, dass man zwölf dieser Kleinwagen kaufen könnte. Der "Waterscreen", die Wasserleinwand, wird statt 26 nun 35 Meter breit sein.

25 000 Einzelszenen addieren sich zu der 75-minütigen Show, die an acht Abenden präsentiert wird. Und: "Es wird mehr Licht geben. Neue Scheinwerfer sorgen für neue Lichtbilder und ein anderes Farbspektrum", verrät Anton. Während der Show findet im Container und im Systemzelt eine dauerhafte Überwachung durch die sechs Techniker, Ton- und Lichtexperten statt, auch der Tausch von defekten Düsen oder Scheinwerfern ist jederzeit möglich. Anton: "Das Systemzelt ist der Knotenpunkt für Strom, Daten sowie der Wasserstandsüberwachung im Becken per Ultraschall."

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