Einrichtung in Bad Neuenahr-Ahrweiler Kleiderkammer für Flutopfer vor dem Aus

Bad Neuenahr-Ahrweiler · In Bad Neuenahr-Ahrweiler soll die Kleiderkammer in der Schulturnhalle der Grundschule im Vehner Weg schließen. Die Initiatoren der Hilfseinrichtung für Flut-Opfer aus dem ganzen Ahrtal suchen verzweifelt nach Ersatzräumen, weil der Andrang weiter groß ist.

 Auch die ehrenamtlichen Helferinnen (v.l.n.r.) Ulla Reinarz, Lydia Maurer, Brigitte Ley und Gisela Schreier gehören zum Team der Kleiderkammer.

Auch die ehrenamtlichen Helferinnen (v.l.n.r.) Ulla Reinarz, Lydia Maurer, Brigitte Ley und Gisela Schreier gehören zum Team der Kleiderkammer.

Foto: Martin Gausmann

Geht es nach der Stadtverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler, muss die Kleiderkammer im Vehner Weg im Stadtteil Heimersheim bald die Pforten schließen. Die Organisatoren müssen ihr Quartier in der Schulturnhalle räumen, weil dort wieder Sport getrieben werden soll. Für die Kleiderkammer soll schon am 24. Oktober Schluss sein. Das Problem: Eine greifbare Ersatzlösung ist nicht in Sicht und die Nachfrage vor dem Winter ungebrochen.

Gabriele Kramer-Mix ist verzweifelt auf der Suche nach einer adäquaten Lösung. „Wir benötigen dringend Alternativen für das Lager, denn die Schulsporthalle müssen wir leider aufgeben“, sagt die Heimersheimerin. Zusammen mit sieben ehrenamtlichen Helferinnen betreut die Organisatorin bisher in der Halle der Grundschule am Vehner Weg, die zuvor auch als Notunterkunft und Helfer-Lager diente, die Ausgabe von Kleidung, aber auch Dingen des täglichen Bedarfs, darunter etwa Betten, Kinderwagen oder Haushaltsgeräte, an Flutopfer aus Heimersheim und dem Ahrtal.

Für viele Helferinnen ein Stück heile Welt

„Als Initiatorin hat Petra Monreal die Kleiderkammer ins Leben gerufen. In Heimersheim wurde das Projekt von Anfang an gut angenommen. Und wir haben das Gefühl, dass wir damit einen wichtigen Beitrag leisten können“, sagt Claudia Redercher, die als Flut-Betroffene zunächst in der Halle untergebracht war, in der sie kurz darauf täglich Kleidung sortierte und ausgab. „Hier mit anzupacken ist für viele Helferinnen und auch mich einfach ein Stück heile Welt“, sagt Redercher.

 Engagieren sich seit Monaten mit der Kleiderkammer für Flutopfer: Claudia Redercher (l.) und Gabriele Kramer-Mix.

Engagieren sich seit Monaten mit der Kleiderkammer für Flutopfer: Claudia Redercher (l.) und Gabriele Kramer-Mix.

Foto: Martin Gausmann

„Und es bedeutet uns viel, den Menschen helfen zu können“, ergänzt Kramer-Mix, die in den vergangenen Wochen auf so einige eindrückliche Begegnungen zurückblickt. „Eine Mutter, die das erste Mal zu uns kam, hat so geweint, weil sie sich so geschämt hat, hier Sachen mitzunehmen. Später kam sie erneut, hatte die Scham überwunden, für die es einfach keinen Grund gab. Dann war es in Ordnung für sie. Und erst recht für uns.“

Nun steht die Kleiderkammer vor einer unfreiwilligen Zäsur: „Dass wir die Räume nur noch bis zum 24. Oktober nutzen können, hat uns die Stadtverwaltung mitgeteilt“, sagt Kramer-Mix. „Weil wir aber jeden Tag sehen, dass der Bedarf an gespendeten Sachen bei den Betroffenen noch ungebrochen ist, blicken wir dem Ende der Spendenausgabe hier besorgt entgegen.“ Nach Einschätzung des Kleiderkammer-Teams sei drei Monate nach der Flutkatastrophe weder in Heimersheim noch im Ahrtal auch nur ansatzweise etwas wieder beim Alten. 

Stadtverwaltung bestreitet hohe Nachfrage

Dennoch soll nach Ansicht der Stadtverwaltung schleunigst wieder auf Normalbetrieb umgestellt werden. „Die Kleiderkammer befindet sich in der einzig verbliebenen Sporthalle im Stadtgebiet. Die Halle wird in der kommenden kalten Jahreszeit dringend für Schul- und Vereinssport benötigt“, sagt Verwaltungssprecher Karl Walkenbach. Eine Kompromisslösung, die auch die Kleiderkammer berücksichtigt, kann die Stadt allerdings nicht anbieten. „Wir haben uns um Alternativen bemüht, allerdings keine gefunden, denn Lagerflächen sind im Stadtgebiet gerade jetzt sehr begehrt.“ Zudem zweifelt Walkenbach an, dass die Nachfrage im flutgeplagten Heimersheim noch derart hoch sei, wie es die Helferinnen behaupten. „Wir sehen auch nicht mehr den unmittelbaren Bedarf an Kleiderspenden. Die täglichen Nutzerzahlen der Kleiderkammer bestätigen dies.“

Ein Schlag ins Gesicht für Kramer-Mix. „Die Leute rennen uns in den letzten Tagen die Bude ein“, sagt sie. Das liegt zum Teil daran, dass das Lager der Kleiderkammer verkleinert werden soll, um möglicherweise auch in weniger geräumige Ausweichquartiere umsiedeln zu können. Deshalb werden die Artikel aktuell gegen eine Spende auch an nicht von der Flut Betroffene ausgegeben, was wiederum die Nachfrage erhöht. Allerdings steht für Kramer-Mix fest: „Die Menschen kommen aus dem ganzen Ahrtal, denn normal ist nach der Flut zwischen all den Trümmern ringsum überhaupt nichts. Beispielweise Wintersachen finden reißenden Absatz. Warum sollen die nicht weiter ausgegeben werden, wenn die Leute sie offensichtlich brauchen? Auch unsere Zulieferer könnten weitere Spenden bringen, aber wohin sollen wir damit nun, wenn es nicht weitergeht? Es ist ein Dilemma.“ 

Bisher erfolglose Suche nach Ersatzräumen

Weil die Verwaltung nichts unternahm, suchten die Helferinnen in Eigenregie nach einer geeigneten Lösung. Einen alten Pfarrsaal kann die Kleiderkammer nicht beziehen, weil er zu stark durch das Hochwasser beschädigt wurde. Gestoßen sind sie auch auf zwei bislang ungenutzte Räume in der benachbarten Mehrzweckhalle. „Das Platzangebot ist zwar deutlich geringer, allerdings stellen wir uns dann gerne darauf ein“, sagt Kramer-Mix, die sich von der Stadtverwaltung aber gleich wieder den Wind aus den Segeln nehmen lassen musste. Denn: „Bei diesen Räumen handelt es sich um Klassenräume, die ebenfalls benötigt werden“, verkündet Walkenbach die nächste Hiobsbotschaft für die Kleiderkammer.

Doch für Initiatorin Monreal und ihr Team steht fest: „Wir wollen nicht aufgeben.“ Eine aussichtsreiche Chance hat sich erst kürzlich mit den Räumen der Kapelle des St.-Vinzens-Seniorenheims in der Heppinger Straße aufgetan. „Die Räume sind allerdings viel kleiner als bisher und eine provisorische Heizung müsste erst installiert werden“, sagt Kramer-Mix. Um den Betrieb der Kleiderkammer also gleich nach einem möglichen Umzug aufrechtzuerhalten, werden übergangsweise ohnehin schon rare Heizlüfter benötigt. „Dennoch wäre es schön, wenn es trotzdem klappt“, sagt Kramer-Mix. „Vielleicht meldet sich bei uns jemand, der uns dabei hilft oder sogar noch andere Räumlichkeiten zur Verfügung stellen kann. Das wäre unser größter Wunsch und sicher auch im Sinne der Betroffenen.“ 

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