Aufräumarbeiten an der Ahr Campingplatz-Betreiber sagen im Ausschuss zur Flut aus

Mainz/Ahrtal · Im Mainzer Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe ging es um die Aufräumarbeiten auf den Campinglätzen. Offenbar gab es dabei Unterschiede zwischen Rheinland-Pfalz und NRW.

 Nach der Flut haben sich in Kreuzberg meterhoch Trümmer an einer Brücke über die Ahr gestapelt, darunter Wohnwagen.

Nach der Flut haben sich in Kreuzberg meterhoch Trümmer an einer Brücke über die Ahr gestapelt, darunter Wohnwagen.

Foto: dpa/Boris Roessler

Als Mario Frings, der Betreiber des Campingplatzes Stahlhütte in Dorsel, im Mai zum ersten Mal vor dem Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags zur Flutkatastrophe vernommen wurde, geriet er arg in Bedrängnis. Die Wehrführerin der Freiwilligen Feuerwehr Antweiler hatte zuvor erklärt, Frings habe das Hochwasser nicht ernst genommen und den Platz nicht rechtzeitig evakuieren lassen. Der Campingplatz-Betreiber selbst sagte hingegen, er habe sehr wohl die Menschen aufgefordert, ihre mobilen Heime zu verlassen, doch nicht alle Bewohner hätten dem Folge geleistet. Traurige Bekanntheit erlangte der Platz auch deshalb, weil dort die ersten beiden Flutopfer zu beklagen waren: eine 19-jährige Feuerwehrfrau und eine bettlägerige Frau.

An diesem Freitag sitzt Campingplatz-Betreiber Frings wieder auf dem Zeugenstuhl und berichtet von den Tagen und Wochen nach der Flut. Er habe von den Behörden in Rheinland-Pfalz „lange Zeit überhaupt keinen gesehen“, sagt der 47-Jährige. „Wir sind einfach vergessen worden.“ Frings betreibt noch einen weiteren Campingplatz – 1500 Meter entfernt in Ahrdorf in der Gemeinde Blankenheim, also schon in Nordrhein-Westfalen.

Mondlandschaft in Dorsel

„Bei der Krisenbewältigung war das ein Unterschied wie Tag und Nacht“, sagt Frings. In Ahrdorf sei es ziemlich unproblematisch gewesen. Die Bürgermeisterin habe zwei Tage nach der Flut gefragt, wie sie helfen könne. „Bei der Müllentsorgung wurde uns geholfen, der Grünschnitt durfte verbrannt werden und die Platten, auf denen die weggeschwemmten Wohnmobile standen, konnten wir schreddern und als Grundlage für neue Wege nutzen“, sagt Frings. Heute seien wieder viele Dauercamper da. In Dorsel gäbe es hingegen immer noch eine Mondlandschaft. Wie in NRW habe er auch dort Grünschnitt verbrennen wollen, doch die örtliche Feuerwehr habe dafür gesorgt, dass das Feuer wieder gelöscht wird. Geholfen hätten ihm nur Freiwillige. Unterstützung durch die Bundeswehr habe er nicht bekommen.

 Überblick über die von der Flut betroffenen Campingplätze an der Landesgrenze von Rheinland-Pfalz und NRW.

Überblick über die von der Flut betroffenen Campingplätze an der Landesgrenze von Rheinland-Pfalz und NRW.

Foto: GA

Als SPD-Obmann Nico Steinbach ein Foto von Frings mit zwei Soldaten und einem Bundeswehr-Fahrzeug zeigen lässt, muss der Campingplatz-Betreiber einräumen, dass die Bundeswehr Treibstoff auf den Platz gebracht habe. Der Adenauer Verbandsbürgermeister Guido Nisius (CDU) berichtet, dass Frings „massiv gefordert“ habe, den Müll zu beseitigen. Das sei für ihn aber nachrangig gewesen. Wichtiger sei die Hilfe für die Menschen und die Gefahrenabwehr gewesen. „Hier hatten wir es ja mit einem quasi leeren Campingplatz zu tun.“ Die Ortsgemeinde habe dann aber doch eine Fläche für den Müll zur Verfügung gestellt.

Frings hatte zuvor erklärt, weil es in Dorsel keine Möglichkeit gegeben habe, den Müll zu entsorgen, habe man ihn zuerst nach Müsch und dann nach Antweiler gebracht. Aber in beiden Orten sei mit der Polizei gedroht worden, wenn Müll aus Dorsel angeliefert würde. Daher, so berichtet es der freiwillige Helfer Torsten Schupp, seien Hunderte private Lastwagenladungen ins 70 Kilometer entfernte Ochtendung gefahren worden. Von insgesamt 250 freiwilligen Helfern am Campingplatz spricht Schupp.

Die hätten unter anderem uneigennützig Bagger, Lastwagen oder auch Stromaggregate mitgebracht. „Wenn es das private Engagement nicht gegeben hätte, sähe es wohl heute noch so aus wie am ersten Tag nach der Flut.“ Er hätte sich gewünscht, dass die Bundeswehr zum Beispiel mit Bergepanzern gekommen wäre oder das Technische Hilfswerk mehr unterstützt hätte. Doch man sei „von staatlichen Stellen im Stich gelassen worden“, so Schupp.

Ein gänzlich anderes Bild als Frings und Schupp zeichnet Christoph Zerwas, der Betreiber des Campingplatzes Viktoria-Station in Kreuzberg. Er hatte angesichts der bedrohlichen Wettervorhersagen schon in den Tagen vor der Katastrophe Urlauber und Saisoncamper aufgefordert, ihre Wagen wegzufahren. Viele der Besitzer hätten dies auch getan, sagte er dem GA einmal. 50 Wagen habe er noch am Tag der Katastrophe selbst vom Platz gezogen, bevor sie ein Opfer der Flut geworden wären.

Vor den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses berichtet er an diesem Freitag, dass das Thema Campingplatz in den ersten Wochen nach der Katastrophe überhaupt keines gewesen sei. „Wir haben uns zuerst um das Dorf gekümmert, damit die Leute überhaupt wieder rein- und rauskommen konnten“, sagt Zerwas. Erst nach sechs oder sieben Wochen habe man angefangen, auf dem Campingplatz aufzuräumen.

Die Kreuzberger Ortsvorsteherin Anke Hupperich spricht davon, dass an eine Wiedereröffnung der Plätze lange nicht zu denken gewesen wäre. „Der ganze Ort war ja voller Müll.“ Der Campingplatz im Sahrbachtal, wo es auch Tote gegeben habe, sei längere Zeit von der Außenwelt abgeschnitten gewesen. Auch der Altenahrer Ortsbürgermeister Rüdiger Fuhrmann sagt, dass die Campingplätze zunächst keine Bedeutung gehabt hätten. „Unsere Priorität lag eindeutig auf bewohnten Bereichen.“

Und auch Landrätin Cornelia Weigand macht deutlich, dass es vorrangig gewesen sei, die Orte zugänglich zu machen. Während der Flutkatastrophe war sie Verbandsbürgermeisterin von Altenahr. Weil sie ihr Rathaus nicht mehr nutzen konnte, arbeitete sie in den ersten Wochen mit acht Mitarbeitern aus dem kleinen Schankraum einer Gaststätte heraus, ausgestattet mit ein paar Kugelschreibern und Blöcken sowie Computern, die noch für Schulkinder vorgehalten wurden, und einer instabilen Internetverbindung, wie sie erzählt.

Weil das Mobilfunknetz im Tal nicht funktionierte, habe sie mit den Ortsgemeinden „nur physisch“ Kontakt halten können. Mit ihrem Wehrleiter sei sie über Waldwege und manch noch intakte Straßen dorthin gefahren. „Es war eine schwierige Situation und die Ortsgemeinden hätten sich auch mehr Unterstützung gewünscht, aber das konnten wir nicht leisten“, sagt Weigand. Ob die Wiederinbetriebnahme der Campingplätze denn ein Thema gewesen sei, fragt Freie-Wähler-Obmann Stephan Wefelscheid. „Uns waren zwei Dinge wichtig: Wie bekommen wir den Schulunterricht für die Kinder hin? Und wie bekommen wir die Leute durch den Winter? Die Campingplätze hatten wir nicht im Fokus.“

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