Wiederaufbau in Bad Neuenahr Warum die Pläne für die neuen Ahr-Thermen in Gefahr sind

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Für den Wiederaufbau der Ahr-Thermen wird das Land Rheinland-Pfalz voraussichtlich weniger zuzahlen als erwartet. Die Planungen für einen Neubau an einem anderen Standort werden deshalb wohl kaum noch umsetzbar sein. Doch auch am bisherigen Standort wird es nicht einfacher.

 Ein trauriger Anblick: Die Ahr-Thermen nach der Flut.

Ein trauriger Anblick: Die Ahr-Thermen nach der Flut.

Foto: Martin Gausmann

Es ist nur eine kleine Passage im Ministerialblatt Nummer 10 der Landesregierung vom 1. Oktober 2021, die nun eine große Wirkung entfacht. Geregelt werden in dem Schriftstück die Kriterien, nach denen das Land nach der Flutkatastrophe für den Wiederaufbau zahlt. Das Problem: Die in der Katastrophennacht nahezu komplett zerstörten Ahr-Thermen in Bad Neuenahr sollen nur als „Gewerbebetrieb“ betrachtet werden - und nicht als ein für die Daseinsvorsorge zwingend erforderliches Teil der kommunalen Infrastruktur. Die Folge: Nur die durch die Flutwelle verursachte Minderung des Marktwertes, das heißt die Differenz zwischen dem Wert der Anlage unmittelbar vor der Naturkatastrophe und seinem Wert unmittelbar danach, soll „zuwendungsfähig“ sein. Also fließt viel weniger Geld. „Damit können wir keinen Wiederaufbau der Thermen bezahlen“, stellt Kreisstadt-Bürgermeister Guido Orthen (CDU) ernüchtert fest.

Das neue Kombi-Bad war bereits beschlossen

In noch weitere Ferne gerückt ist auch die eigentlich bereits beschlossene Variante, eine neue Therme in Kombination mit einem neuen Freizeitbad „Twin“ zu bauen. Nun soll eine Machbarkeitsstudie aufzeigen, wie die Kosten für einen Wiederaufbau der Ahr-Thermen an Ort und Stelle einzuschätzen sind. Festgehalten werden soll an der Absicht, losgelöst von der Thermenlandschaft ein neues Freizeitbad zu bauen. Der Standort kann nach derzeitigem Stand der Dinge nur da sein, wo sich das bereits vor der Flutnacht geschlossene und von der Stadt aufgegebene „Twin“ befunden hatte: in der Straße „Am Gartenschwimmbad“.

Die Flut hatte sowohl die Thermen im Herzen der Kurstadt als auch die östlich davon gelegenen Freiflächen des Twin, dessen Aufbauten sich wenige Wochen vor der Flutnacht im Abriss befanden, massiv getroffen. „Der Hallenbad-Bereich des Twin befand sich zum Zeitpunkt der Katastrophe bereits im Rückbau und sollte durch ein neues Sport- und Familienbad ersetzt werden“, erinnerte Bürgermeister Orthen im Gespräch mit dem GA. Die Kosten für die Beseitigung der Flutschäden und den Wiederaufbau schätzte die Stadt im Rahmen der Maßnahmenplanerstellung für das Freibad des Twin auf über fünf Millionen und für die Ahr-Thermen auf über 64 Millionen Euro. „Um den Wiederaufbau möglichst effizient und wirtschaftlich zu gestalten, wurde zunächst an einer Kombilösung für beide Bäder an einem Standort gearbeitet. Diese Lösung wurde vom Stadtrat im Juli 2022 einstimmig beschlossen“, blickte Orthen zurück. Die Kombilösung sah einen Neubau eines Hallen- und Freizeitbades mit Saunalandschaft sowie einer integrierten Therme am Standort des ehemaligen „Twin“ vor.

Neubau an anderer Stelle plötzlich unwirtschaftlich

Inzwischen habe sich der Sachverhalt allerdings geändert, so Orthen. „Entgegen der ursprünglichen Annahme, wird die Ahr-Therme im Wiederaufbau förderrechtlich als Gewerbebetrieb behandelt. Damit gelten für eine Förderung aus dem Wiederaufbaufonds die gleichen Regeln, wie bei anderen flutbetroffenen Unternehmen auch. Und ein Ersatzneubau an anderer Stelle ist unter diesen Gesichtspunkten wirtschaftlich vermutlich nicht darstellbar“, stellt der Bad Neuenahr-Ahrweiler Bürgermeister klar.

Ahr-Therme nach der Flut: Bilder vom Inneren
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Bilder vom Inneren der Ahr-Thermen knapp 20 Monate nach der Flut

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Foto: ahr-foto

Grund: Für den Neubau der Therme an einer anderen Stelle werde nur der Zeitwert der Therme vor der Flut erstattet. Zu diesem Zweck lässt man derzeit ein Gutachten erstellen. „Unsere Bäder und unsere Therme sind für uns als Stadt und Heilbad von großer Bedeutung. Das Twin ist für Vereine, Schulen und Freizeitgestaltung, nicht zuletzt zum Schwimmenlernen für die Bewohner im Landkreis unentbehrlich. Die Therme ist auf der anderen Seite für den Tourismus- und Kurstandort essentiell. Daher haben beide Bäder in der weiteren Bearbeitung hohe Priorität“, sagte Orthen gegenüber dem GA. Den beiden Bädern werden nicht nur in der Kreisstadt besondere Bedeutung beigemessen: Im gesamten Landkreis gibt es derzeit nicht ein einziges Hallenbad, in dem Schul- oder Vereinsschwimmen stattfinden könnte. Die Römer-Thermen in Bad Breisig befinden sich – wie berichtet – in der Generalsanierung und stehen für Monate nicht zur Verfügung.

Das beauftragte Gutachten zum Wert der Ahr-Therme werde in den nächsten Wochen erwartet und dann ausgewertet. Orthen: „Auf dieser Grundlage sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einer Sanierung und eines gemeinsamen Neubaus mit dem Twin neu zu bewerten.“ Diese Bewertung werde als Basis einer erneuten Beratung im Stadtrat zum Neubau der Bäder dienen. Vorgesehen ist diese Beratung nach GA-Informationen für den September dieses Jahres.

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