Platz an der Linde in Bad Neuenahr Auf Knopfdruck sprudelt Wasser aus dem Brunnen

Bad Neuenahr. · Einst spöttisch als „Platz des himmlischen Friedens“ bezeichnet, mausert sich der „Platz an der Linde“ im Herzen von Bad Neuenahr mehr und mehr zu einer Wohlfühloase. Allerdings nur provisorisch.

Den ersten Schluck aus dem neuen Trinkbrunnen genehmigten sich (von links) David Bongart, Peter Diewald, Timo und Daniela Boden, Richard Lindner und Robert Helmrich.

Den ersten Schluck aus dem neuen Trinkbrunnen genehmigten sich (von links) David Bongart, Peter Diewald, Timo und Daniela Boden, Richard Lindner und Robert Helmrich.

Foto: AHR-FOTO

Schnellwüchsige Platanen sind es, die am „Platz an der Linde“ – dem zentralen Punkt in der Bad Neuenahrer Fußgängerzone – dominieren. Eine Linde indes sucht man vergebens. Der jetzige Baumbestand gehört zu einem provisorischen Mini-Park, der erst nach der Flutkatastrophe geschaffen worden ist. Die zuvor gepflasterte und nur karg bepflanzte Fläche war in der Flutnacht stark zerstört worden. Die Pflastersteine wurden weggeschwemmt, Autos, Anhänger, Laternen oder Bänke an die vorhandene Bebauung an der Ostseite des Platzes gedrückt und türmten sich dort auf. Die gesamte Fläche glich einem großen Trümmerhaufen, der kaum mehr begehbar war. Alle am Platz oder in seiner Nähe gelegenen Geschäfte mit ihren Schaufenstern standen bis zur Decke unter Wasser und wurden völlig zerstört. Die Ahr hatte verheerende Spuren in der Innenstadt hinterlassen.

Zweieinhalb Jahre nach der Naturkatastrophe ist das Zentrum der Kreisstadt wieder zu neuem Leben erwacht. Wenngleich auch vorerst nur mit temporären Lösungen. Das gesamte Quartier wird allerdings neu überplant. Dabei wird auch der „Platz an der Linde“ Gegenstand neuer Gestaltungsüberlegungen sein, vermutlich aber erst 2025. Bis zumindest dahin soll die „Pop-up-Grünanlage“ als Provisorium Bestand haben. Die wurde nun um einen Trinkbrunnen angereichert.

Tristesse gehört der Vergangenheit an

Als sich die braunen Wassermassen wieder aus der Innenstadt zurückgezogen hatten, blieb eine Schlammwüste zurück. Eingedrückte Schaufensterscheiben, zerstörte Geschäftseingänge, weggebrochene Gehwege, ein in alle Einzelteile zerlegter Springbrunnen – Tristesse, soweit das Auge reichte. Das gehört nun der Vergangenheit an. Der von Ortsvorsteher Richard Lindner angeführte Ortsbeirat lud zu Workshops und Bürgerbeteiligungen ein, um den für die Geschäftswelt so wichtigen Platz wieder so herzurichten, dass ein Mindestmaß an Aufenthaltsqualität erreicht wird. Bekanntlich war der Platz nach der Flut als wilde Parkfläche für Anwohner und Handwerker genutzt worden. Gemeinsam mit einem ortsansässigen Garten- und Landschaftsbauunternehmen wurde analog zu den „Pop-up-Malls“ für den Einzelhandel ein „Pop-up-Park“ geschaffen – eine kleine, feine, wieder abbaubare Grünanlage. Ein damals vielfach vorgetragener Wunsch fehlte bislang: ein Trinkbrunnen.

Auch der nun offiziell in Betrieb genommene Wasserspender kann problemlos demontiert und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden, erklärte Ortsvorsteher Lindner im Hinblick auf etwaige künftige Umgestaltungen des Platzes. Gemeinsam mit dem Ersten Beigeordneten Peter Diewald (CDU) ließ er per Knopfdruck die ersten 200 Milliliter Wasser aus dem Brunnen fließen. Die Wasserqualität sei hervorragend, bestätigte Lindner, der sich dabei auf Untersuchungen des Kreisgesundheitsamtes beruft. Einmal wöchentlich, so Lindner, werde das Trinkwasser aus dem Brunnen von Experten untersucht: „Wasser ist und bleibt das bestuntersuchte Lebensmitteln im Land“, weiß der Ortsvorsteher. Nicht getrunkenes oder überquellendes Wasser wird übrigens in einer unterirdischen Zisterne aufgefangen und dient im Sommer der Bewässerung der kleinen Parkanlage.

Zwei weitere Trinkbrunnen geplant

Der Name des Platzes „An der Linde“ geht auf die Gerichtsverhandlungen zurück, die in der Stauferzeit unter einer in der Platzmitte stehenden Linde abgehalten wurden. Längst gibt es diesen Baum dort nicht mehr. Verbrieft sind Gerichtsverhandlungen und Versammlungen der Bürger bereits 1284, berichtete Anton Simons in seinem „AW-Wiki“. Bis 1974 stand das „Palast-Hotel“ an dieser Stelle. Nach dessen Abriss wurde der Platz im Volksmund wegen seiner wenig erfreulichen Optik und seiner tristen Pflastersteinfläche auch spöttisch „Platz des himmlischen Friedens“ genannt. Laut Lindner sollen im kommenden Jahr noch zwei weitere Trinkbrunnen in der Innenstadt aufgestellt werden.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der bisherige große Brunnen aus Sandstein nicht wieder auf dem Platz an der Linde installiert werden wird. Stattdessen schweben dem Ortsbeirat Wasserspiele vor, die auch für Kinder eine höhere Aufenthaltsqualität in der Innenstadt schaffen. Ende 2025 soll es konkrete Pläne dafür geben. Die Beschaffung des Trinkbrunnens hatte ein örtlicher Lebensmittelhändler möglich gemacht: Timo Boden, der in der Kreisstadt und auch in Bad Godesberg ein großes Geschäft betreibt, überreichte Diewald und Lindner einen Spendenscheck. Boden war von der Flut selbst stark betroffen: Seinen von der Flutkatastrophe stark zerstörten Edeka-Markt an der Bad Neuenahrer Weinbergstraße will der Kaufmann neu errichten. Die Wiedereröffnung sei für das nächste Jahr vorgesehen.