St. Mauritius Kirche in Heimersheim wird 800 Jahre alt

Heimersheim · Die St.-Mauritius-Kirche in Heimersheim spiegelt die wechselvolle Geschichte der Region wider. Nun wird das Gotteshaus 800 Jahre alt. Der GA blickt in die Historie der Kirche.

 Die St.-Mauritius-Kirche in Heimersheim wurde 1222 eingeweiht.

Die St.-Mauritius-Kirche in Heimersheim wurde 1222 eingeweiht.

Foto: Martin Gausmann

Wie kaum ein zweites Gebäude spiegelt die vor 800 Jahren in Heimersheim erbaute St.-Mauritius-Kirche die Geschichte der gesamten Region wider – ihre Besiedlung und ihre Herrscher, die Kriege, von denen sie heimgesucht wurde, und das damit verwobene Leben und Leiden des einfachen Volks.

Am 22. September 1222 wurde die Heimersheimer Kirche konsekriert. Das belegen Aufzeichnungen aus der Abtei Prüm, wie Udo Heimermann weiß. Der Architekt gehört zum Team, das die Festwoche vorbereitet, die von der Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler anlässlich des 800. Jahrestages der Konsekration einlädt. Das Gotteshaus wurde dem um 290 geborenen und seit dem 4. Jahrhundert verehrten St. Mauritius gewidmet, dem Schutzheiligen der Heere, der Infanterie sowie der Messer- und Waffenschmiede, der vor Kämpfen, Gefechten und Schlachten angerufen wird.

Unter den Fundamenten wurden Gräber aus dem 7. Jahrhundert entdeckt

Zuvor war die Kirche auf den Resten wesentlich älterer Opferstätten erbaut worden. Unter den Fundamenten sind zum Beispiel Reste eines römischen Gebäudes und fränkische Gräber aus dem 7. Jahrhundert entdeckt worden. Und es gab eine Vorläuferin der heutigen Kirche. Die ist allerdings im Jahr 1198, beim Kampf der Welfen gegen die Staufer, völlig zerstört worden.

Rasch machten sich die Heimersheimer an den Wiederaufbau. Aber das Projekt verzögerte sich, bis der Stauferkönig Philipp von Schwaben zu Anfang des 13. Jahrhunderts den Bau der Reichsburg Landskron begann. Die sollte die damals wichtigste und verkehrsreichste Straße der Region schützen, die Aachen-Frankfurter Heerstraße. Nachdem die Burg 1206 fertiggestellt war, kamen die Arbeiter dann nach Heimersheim herunter, um die zerstörte Kirche wieder aufzubauen.

Im Mittelalter galten nur Gott und die Kirche

Vorbild war der ebenfalls achteckige Turm des Aachener Doms. Das jedenfalls vermuten die Autoren des Flyers, den die Pfarrei anlässlich des 800. Jahrestages herausgibt. Nach diesem Vorbild seien zu dieser Zeit in der näheren Umgebung auch die St.-Peter-Kirche in Sinzig und der Limburger Dom gebaut worden. Außerdem vermuten die Flyer-Autoren, dass der Kaiser persönlich den Bau unterstützte. „Ein Dorf wie Heimersheim mit 400 bis 500 Menschen hätte ohne Unterstützung der reichen Staufer die Kirche sicherlich nicht in diesem Stil aufbauen können, zumal der Burgherr von der Landskron auch eher arm war“, schreiben sie.

Im Mittelalter galten nur Gott und die Kirche. Wer der Baumeister der Heimersheimer Kirche und wer die am Bau beteiligten Künstler und Handwerker waren, weiß man deshalb nicht. „Dennoch finden sich in den Verzierungen hier und da, geschickt angebracht, Gesichter, von denen man vermuten darf, dass sich Baumeister und Steinmetze hier verewigt haben“, heißt es in dem Flyer.

Heimersheim wurde fast ausgelöscht

Kriege, Brände und Zerstörungen folgten. Die Schäden, die sie an der Kirche hinterließen, wirken bis heute nach. 1554/1555 etwa, im Zweiten Markgrafenkrieg, brannten Teile des Ortes, darunter Pfarrhaus und Kirche, teilweise ab, wurden danach aber wieder aufgebaut. 1583 und 1589, im Truchsessischen Krieg, ist Heimersheim von plündernden und brandschatzenden spanischen Truppen heimgesucht worden, wobei auch die Kirche in Mitleidenschaft gezogen wurde. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche erneut beschädigt: 1633 ist Heimersheim von schwedischen Truppen erobert worden, und kaum waren sie wieder abgezogen, steckten weimarische Truppen das Dorf samt Kirche 1646 erneut in Brand und töteten und verstümmelten Pfarrer Christian Develich, nach dem später eine Straße in Heimersheim benannt wurde, und weitere Einwohner. Heimersheim wurde damals fast ausgelöscht.

Diese Brände entzogen dem Tuffstein der Vierungspfeiler das Bindemittel, sodass die Pfeiler wegzubrechen drohten. Außerdem verbrannten damals tragende Eichenbalken im Mauerwerk und wurden nicht ersetzt. Auch weil die Kirche auf sandigem und feuchten Grund steht, geriet der Turm über die Jahrhunderte mehr als einen Meter aus dem Lot.

Die Fenster gehören zu den ältesten Kirchenfenstern Deutschlands

Das historische Gebäude ist zwar immer wieder restauriert worden. Erhaltenswertes ist dabei aber häufig durch Unwissenheit zerstört oder auch gestohlen worden. Auch als die Kirche im späten 19. Jahrhundert innen und außen instandgesetzt werden sollte, sind Fehler gemacht worden, die bis heute statische Probleme verursachen. Seit April 2002 ist deshalb im historischen Teil der Kirche kein Gottesdienst mehr gefeiert worden. Aber die Schließung behindert das Gemeindeleben nicht wesentlich, weil 1960/61 nach Plänen des Trierer Architekten Heinrich Otto Vogel ein größerer Anbau geschaffen wurde. Am 17. Dezember 1961 ist dieses Gebäude, das wie eine eigenständige zweite Kirche wirkt, eingesegnet worden.

Die aus dem 13. Jahrhundert stammenden spätromanischen Fenster von St. Mauritius – sie stellen Heilige sowie Verkündigung, Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt Christi dar – zählen zu den ältesten Kirchenfenstern Deutschlands. Besonders erwähnenswert sind auch eine Pieta aus den Jahren zwischen 1401 und 1415 und eine Grabplatte an der Südwand des Chores, die einen Ritter mit gefalteten Händen zeigt. Es handelt sich um das Grab von Hermann Quadt von Landscron (gestorben 1539), dem ersten Ehemann von Catharina von der Leyen, der der Kreuztragungsaltar gewidmet ist.

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