Starkregen und Unwetter Höchste Hochwasser-Warnstufe für den Kreis Ahrweiler

Kreis Ahrweiler · Bis zum Mittag haben noch viele gehofft, dass es mit dem Hochwasser nicht so schlimm kommen würde wie 2016. Doch seit dem Nachmittag zeichnet sich ab: Für die Ahr und ihr Einzugsgebiet ist die höchste Hochwasserwarnstufe ausgegeben und es werden neue Pegelhöchststände von bis zu fünf Metern erwartet.

 Vorbereitung auf den Ahr-Anstieg: In Mayschoß ist die neue Brücke zum Sportplatz bereits gesperrt und die Geländer sind hochgeklappt, damit kein Treibgut hängen bleiben kann.

Vorbereitung auf den Ahr-Anstieg: In Mayschoß ist die neue Brücke zum Sportplatz bereits gesperrt und die Geländer sind hochgeklappt, damit kein Treibgut hängen bleiben kann.

Foto: Martin Gausmann

Update: In Altenburg trat die Ahr schon am frühen Nachmittag über die Ufer, und spätestens seit den neuen, offiziellen Warnmeldungen wird klar: Es könnte schlimmer kommen, als beim letzten dramatischen Hochwasser im Juni 2016. Nicht nur die direkten Anrainer der Ahr stellen sich wieder auf ein Katastrophenszenario ein – auch in der Grafschaft laufen schon die Keller voll und sind etliche Straßen wegen Überschwemmung gesperrt.

Die Hochwassermeldezentrale des Landesamts für Umwelt passt die Abschätzungen für die Ahr-Pegel laufend an. Am Mittwochnachmittag lag die Prognose noch bei 3,40 Meter. Im Vergleich: Im Juni 2016 erreichte die Ahr ihren bisherigen Höchststand mit 3,71 Metern. Mittlerweile wurden die Abschätzungen sogar noch deutlich nach oben, auf über fünf Meter korrigiert. Der Hochwassermeldedienst sagt dazu auf Nachfrage des GA, dass kein technischer Fehler vorliege und die Prognosen durchaus ernst zu nehmen seien. Der Sprecher relativiert zwar, dass gerade bei Starkregen-Ereignissen die Prognosen sehr schwierig seien. Aber bei anhaltendem Regen sollte man schon von einem neuen Pegel-Hoch von mindestens vier Metern ausgehen. Auch beim Krisenstab der Kreisverwaltung geht man am frühen Mittwochabend nun von einem neuen Pegelhoch von fünf Metern aus, bestätigt die Pressesprecherin auf Nachfrage des GA. Auf Informationen zu laufenden Einsätzen wartet die Redaktion zu diesem Zeitpunkt noch.

Zudem gilt für das Ahr-Einzugsgebiet seit 17:17 die Hochwasserfrühwarnung der Stufe „Sehr hohe Hochwassergefährdung: 50-jährliches Hochwasser“. Das bedeutet, dass es sich zu einem Hochwasser entwickeln könnte, das im statistischen Mittel etwa alle 50 Jahre einmal eintritt.

Bernd Fischer, Diplom-Meteorologe erklärt die Ereignisse an der Ahr so: „Über drei Meter - das wäre wieder ein Topereignis, aber wir hoffen natürlich, dass es nicht so schlimm wird.“ Rückblickend habe sich das Tief Bernd aber bereits so entwickelt wie befürchtet mit großen Niederschlägen am Dienstagabend, und immerhin einer Entspannung in der Nacht auf Mittwoch und am Mittwochmorgen. „Doch das Problem der weiter erwarteten flächigen Niederschläge aus Osten ist, dass sie nur noch oberflächlich abgeführt werden. Die Böden sind schon zu nass, die nehmen nichts mehr auf.“ Und damit wird ein massiver Zulauf für die Ahr wahrscheinlich, gespeist immerhin aus einem Einzuggebiet von sieben Tausend Quadratkilometern.

Evakuierung der Camper hat begonnen

Unter anderem in Gelsdorf ist die Feuerwehr bereits kräftig im Einsatz: Hier werden seit dem Nachmittag die ersten Keller leergepumpt. Auf der Straße, die zum Impfzentrum führt, stehen bereits fast alle Häuser unter Wasser. Auch die Ortschaften Vettelhoven, Holzweiler und Esch haben seit dem Nachmittag mit heftigen Überschwemmungen zu kämpfen. 

Auch die Zubringer, so zum Beispiel die L83 zwischen Gelsdorf und Ahrweiler sind laut unseren Beobachtern – wenigstens teilweise – wegen Überschwemmung gesperrt. Ebenso die Landesstraße zwischen Eckendorf und dem nordrhein-westfälischen Fritzdorf. Auch die A61 Mönchengladbach Richtung Koblenz war gestern zwischen Rastplatz Goldene Meile und Dreieck Sinzig gesperrt. Hier ist unweit der Autobahnunterführung zwischen Ringen und Beller ist durch das Unwetter ein mehr als zehn Quadratmeter großer Betonblock der Seitenwand an der Autobahn A61 herausgebrochen.

Auch Frank Linnarz von der Feuerwehr Altenahr erklärt, welche Maßnahmen bereits am Mittag in seinem Bereich schon getroffen wurden: „Wir arbeiten gerade den Alarmplan ab. Die Campingplätze und die Jugendherberge sowie die Baustellen sind bereits gewarnt.“ An der Oberahr seien schon sechs Trupps im Einsatz und kontrollierten die Bachläufe. Auch die Sandsäcke für eine mögliche Spundwand zwischen Reimerzhoven und Laach würden schon befüllt.

Für die Nacht wird der Uferübertritt der Ahr an vielen Stellen befürchtet. Die Polizei ruft hier jeweils die Anwohner auf, ihre Autos an anderer Stelle zu parken.

Jolanta Schulz vom Campingplatz Altenahr bestätigt die Warnungen: “Wir haben bereits gestern unsere Dauercamper informiert und mit der Evakuierung von allen begonnen. Die letzten fahren gerade ab.“ Einige der Saisoncamper hätten sie an die Schule, weiter oben im Ort gelegen, gebracht. Über die fehlende Solidarität einiger Lehrer kann sich die Campingplatz-Miteigentümerin aber nur aufregen: „Die haben uns wieder weggeschickt und überhaupt kein Verständnis gezeigt“. Schulz sitzen die Ereignisse von 2016 noch im Nacken und sie weiss: „Wenn die Ahr wirklich auf einen Pegelstand von 3,40 Meter kommt, dann versinkt die ganze Rasenfläche und das Wasser kommt bis zum Anmeldehäuschen.“ Ihre einzige Hoffnung: Das Wasser solle dieses Mal wohl sehr schnell ansteigen, aber auch ebenso schnell wieder abfließen.

Vielleicht können auch schon Maßnahmen, die nach 2016 installiert wurden, in diesem Sommer Schlimmeres verhindern. Die Brücke zum Sportplatz bei Mayschoß beispielsweise ist bereits gesperrt und die Geländer umgelegt, „so dass kein Treibgut hängen bleiben kann und an der Brücke einen Rückstau verursacht“, so Hubertus Kunz. In Hönningen-Liers beobachtet der Bürgermeister Jürgen Schwarzmann aktuell das Rückhaltebecken. Er berichtet, dass am Nachmittag noch nichts eingelaufen sei. Auch in den anderen Kommunen laufen die Vorbereitungen: die Freiwillige Feuerwehr Sinzig und der THW Ortsverband Sinzig verteilen in der Kernstadt und in Bad Bodendorf schon den ganzen Tag Sandsäcke und Sand zur Selbstbefüllung sowie entsprechende Hilfsmittel.

 Mehr Informationen und Bilder auf www.ga.de/starkregen

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