ÖPNV auf dem Prüfstand Busse in Bad Neuenahr-Ahrweiler fahren meistens leer

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Nur ein Drittel der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler ist laut einer Studie für ÖPNV-Nutzung attraktiv. Das angeregte Konzept eines On-Demand-Verkehrs wäre sinnvoll, ist aber teuer. Lösungen werden nun auch auf Kreisebene gesucht.

 In Bad Neuenahr-Ahrweiler wird über attraktive Anpassungen und neue Modelle für den ÖPNV diskutiert, um den innerstädtischen Pendlerverkehr einzuschränken.

In Bad Neuenahr-Ahrweiler wird über attraktive Anpassungen und neue Modelle für den ÖPNV diskutiert, um den innerstädtischen Pendlerverkehr einzuschränken.

Foto: Martin Gausmann

Vor zwei Jahren beauftragte der Stadtrat von Bad Neuenahr-Ahrweiler die ioki GmbH, eine Tochter der Deutschen Bahn, mit der Erstellung einer Studie zur Verbesserung des städtischen Angebots im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) durch sogenannten On-Demand-Verkehr. Hintergrund und Ziel war die Vermeidung der Zunahme des Individualverkehrs durch einen attraktiveren ÖPNV. Erste Zwischenergebnisse zeigten damals bereits, dass der bestehende ÖPNV keine attraktive Alternative zum motorisierten Individualverkehr darstellt. Näher untersucht wurden in der Folge zwei Szenarien. Zum einen ein „integriertes On-Demand-Angebot“, bei dem Menschen aus Heimersheim, Green, Heppingen und Gimmigen auf Bestellung einen Transfer zum Bahnhof Heimersheim erhalten. Zweites untersuchtes Szenario war ein „direktes On-Demand-Angebot“ für die gesamte Stadt mit Ein- und Ausstiegen an virtuellen Haltestellen im gesamten Stadtgebiet.

Pendlerströme bestimmen den Verkehr

Die schon 2020 angefertigte Studie zeigte, dass zwei Drittel des Verkehrsaufkommens in der Kreisstadt Pendler aus dem Umland sind, bei einem integrierten On-Demand-Verkehr sollten diese Kommunen mit im Boot sein. Viel gravierender: Der ÖPNV fährt in Bad Neuenahr-Ahrweiler größtenteils am Kunden vorbei. Nur für ein Drittel der erfassten Wegebeziehungen gibt es ein attraktives ÖPNV-Angebot. Bei mehr als der Hälfte der Strecken gibt es keine Alternativen zum eigenen Auto. Vor allem Hemmessen und die Heerstraße würden durch einen On-Demand-Verkehr für den ÖPNV erheblich attraktiver. Gründe, warum die Busse außerhalb der Schülerbeförderung zumeist leer durch die Stadt fahren.

Bad Neuenahr-Ahrweiler wird das On-Demand-Zusatzangebot aber nicht leisten können oder wollen, zumal es sich nicht rechnet und so richtig interessant erst kommunalübergreifend wird. Die Einrichtung- und Betriebskosten für einen direkten On-Demand-Verkehr im Stadtgebiet belaufen sich laut Studie auf 3,47 Millionen Euro, denen Erlöse von rund 1,6 Millionen Euro auf der Basis eines Marktanteils von einem Prozent entgegenstehen. Ein integrierter On-Demand-Verkehr im Nordosten der Stadt kostet demnach rund 870.000 Euro, generiert aber nur Einnahmen von 280.000 Euro.

Mögliche Anpassung des kreisweiten Mobilitätskonzepts

Im Ergebnis bringt On-Demand-Verkehr für Bad Neuenahr-Ahrweiler erhebliche Verbesserungen des ÖPNV. Allerdings sollte dieser in das kreisweite ÖPNV-Angebot sowohl logistisch als auch tariflich eingebunden sein, da ein solcher Service auch in benachbarten Gemeinden von Bad Neuenahr-Ahrweiler zu einer größeren Verkehrsreduzierung führen kann. Es sollten sowohl der Kreis als auch der Verkehrsverbund miteinbezogen werden. Daher schlägt die Verwaltung dem Stadtrat auch vor, die Studie an die Kreisverwaltung als Aufgabenträger für den ÖPNV im Kreisgebiet mit der Bitte weiterzuleiten, selbige in das geplante kreisweite Mobilitätskonzept einfließen zu lassen, spätestens jedoch im Nahverkehrskonzept 2028 zu berücksichtigen. Dabei will man seitens der Stadt das Angebot der DB Regio einer kostenlosen Überarbeitung der Studie nutzen, ist diese doch schon eineinhalb Jahre alt. „Das hätte längst besprochen sein können“, hielt sich Wolfgang Schlagwein (Bündnis 90/Die Grünen) im Haupt- und Finanzausschuss nicht mit Kritik zurück. Er sieht es als richtig an, das Thema dem Kreis zu übergeben und auch mit dem Verkehrsverbund zu diskutieren. „Ich bin aber nicht sicher, ob die bereit sind, Kosten zu übernehmen“, brachte Schlagwein ein mögliches Pilotprojekt in die Diskussion ein.

Auch Bürgermeister Guido Orthen (CDU) sieht die Aktualisierung der Studie als sinnvoll an und schlug vor, dass aktuelle Konzept und die Überarbeitung an den Kreis zu geben. Denn das Mobilitätskonzept soll auf Kreisebene bereits in diesem Monat beraten werden, erfuhr Peter Ropertz (CDU) auf Nachfrage. Rolf Deißler (FDP) sieht es ähnlich: „Der ÖPNV kann nur zur Alternative werden, wenn die regelmäßige Taktung funktioniert. Da kann man nicht als Stadt alleine agieren, es müssen andere mitgenommen werden.“ Werner Kasel (SPD) forderte ein neues Denken des ÖPNV auch angesichts der Folgen der Flut und der aktuellen Preisentwicklungen, die noch gar nicht abschätzbar seien.

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