Kunst in Ahrweiler Vernissage des Bananensprayers trotz Corona-Krise

Ahrweiler · Die Galerie Diede bringt Kunst von Thomas Baumgärtel in den Weißen Turm in Ahrweiler. Der sogenannte „Bananensprayer“ aus Köln hat die gelbe Frucht bereits auf ungewöhnliche Untergründe gebannt.

 Vernissage im Weißen Turm: Marcus Diede (links) und Thomas Baumgärtel.

Vernissage im Weißen Turm: Marcus Diede (links) und Thomas Baumgärtel.

Foto: Martin Gausmann

Hat die Kreisstadt noch mal Glück gehabt? Im Weißen Turm in Ahrweiler ist trotz Corona-Krise die Ausstellung „German Urban Pop Art“ mit mehr als 50 Werken aus dem gleichnamigen Zyklus des Künstlers Thomas Baumgärtel eröffnet worden. Dagegen war die Vernissage der Wanderausstellung, die an 27 Orten bis 2021 touren sollte, in Münster schon am 5. März abgesagt worden.

Seit Jahr und Tag bannt der „Bananensprayer“ aus Köln die gelbe Frucht in unzähligen Kontexten nicht nur auf die üblichen Malgründe. Galerist Marcus Diede zeigt sie in der Stadtgalerie auf mehreren Ebenen. Die Kunst findet also im (gelb aufgeladenen) Saal statt, hatte aber ihren Auftakt vor dem Gebäude. Rechts des Eingangs griff der Künstler vor Publikum zu Spraydose und Schablonen. Akt eins: die gelbe Form erscheint an der Wand, Akt zwei, sie erhält ihre charakteristischen Linien in Schwarz.

Einst verteilte der 1960 in Rheinberg geborene Baumgärtel „seine“ Banane an Kunsteinrichtungen, die er für auszeichnungswürdig hielt, darunter Galerien und Museen von New York bis Moskau, Paris bis Rolandseck. Das Ahrweiler Siegel ist seiner Schätzung nach „das 4000. bis 5000., irgendwas dazwischen“. Früher sprayte er ungefragt und kassierte auch Strafanzeigen.

Heute läuft alles gezähmter ab. Für die Stadtgalerie hat man vorab die städtische Genehmigung eingeholt. Man kann sich fragen, warum der Weiße Turm mit dem Signum geadelt wird, in dem die Stadt ein Museum schloss, weil sich ihr Betrieb „nicht rechnet“, wie es hieß. Die Auszeichnung gilt „für 20 Jahre Kulturarbeit von Diede an dem Ort“, erklärt Baumgärtel.

Zwar hat Marcus Diede sein Engagement für die Kunst vor allem lange in Burgbrohl entfaltet, doch wer wird bei Künstlern kleinlich sein. Außerdem führt der Sprayer an: „Ich würde nirgendwo ausstellen, wenn es da keine Banane geben kann.“ Den Widerstand gegen die Markierung genießt er andererseits auch. So erfahren die Ahrweiler Zuhörer, wie er am Oberlandesgericht Köln, einem klassizistischen Bau aus dem 18. Jahrhundert, seine Marke setzen durfte nach dreitägiger Diskussion und unter der Bedingung sie später zu entfernen. Sein Werk insgesamt verteidigt er: „Auch wenn’s manchmal Banane aussieht, steht ein Konzept dahinter.“

Seit er sich im Zivildienst in einer Klinik die Provokation einfallen ließ, statt einer heruntergefallenen Christusfigur eine Bananenschale ans Kreuz zu hängen, fühlte sich der Mann zum Künstler berufen, studierte Kunst und Psychologie und reizte fortan künstlerisch die Wirkungen aus, die sich mit Banane in obstfremden Zusammenhängen erzeugen lassen. Im Turm wird viel davon geboten. Das meiste in Grellgelb. Niedlich: Snoopy auf Bananenboot mit Vögelchen mitten im Seestück in Öl.

Es gibt nichts, was der Maler, Aktionskünstler, Bildhauer nicht vereinnahmt. Greta blickt mit starren Zügen aus einem Bild oder von der Blechtonne. Aus der „Despoten-Serie“ stammt eine nur auf den ersten Blick harmlos wirkende Darstellung, wo Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un auf einer Bananen-Atomrakete reitet.

Es gibt witzige, nette, freche, alberne, anzügliche, überwiegend frische, aber auch einige vollreife Bananen. Sie füllen im warmen Gelbton ein Riesenformat im Obergeschoss. Im ersten Stock sind Editionen fürs schmalere Portemonnaie zu erwerben und der 416-seitige Katalog.

Die Ausstellung läuft samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr bis einschließlich Sonntag, 12. April.

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