Der Kreis öffnete sich Von Ausbildung bis Zecken

AHRWEILER · Tag der offenen Tür mit Mitmach-Rallye im Kreishaus als Auftakt zur 200-Jahr-Feier.

 200 Jahre Kreis AW ToT

200 Jahre Kreis AW ToT

Foto: Martin Gausmann

Es war der Kreissaal, in dem Politik gemacht wird, und nicht der Kreißsaal, in dem Kinder zur Welt kommen, in dem Landrat Jürgen Pföhler gestern Morgen zunächst Schüler von drei der zwölf Realschulen plus, Gymnasien und Berufsbildenden Schule anlässlich des Tages der offenen Tür im Ahrweiler Kreishaus willkommen hieß. Ob der Auftakt zur 200-Jahr-Feier die Geburtsstunde für Politiker in spe war, bleibt abzuwarten. Auch wenn viele die Gelegenheit für ein Foto hinterm Schreibtisch des Landrates nutzten und er versuchte, dem Nachwuchs, der auf den Plätzen mit Namensschildern der Kreistagsmitglieder saß, künftige Weichenstellungen für das Gemeinwesen auf kommunaler oder Landes-Ebene schmackhaft zu machen.

Weil er den mehr als 300 Schülern der Klassen 9 bis 12 den Geschichtsunterricht ersparen wollte, ging Pföhler nur knapp auf die Geburtsstunde des Kreises am 14. Mai 1816 und die Historie ein. Von 26 000 Einwohner auf heute 130 000 gewachsen, von zwei Mitarbeitern, die Landrat Freiherr von Gruben hatte – ein Bote und ein Sekretär – auf heute rund 430.

Doch wie in der Schule führte nur gutes Zuhören – es gab den Vortrag „Kreisgremien und Ausbildungsmöglichkeiten in der Kreisverwaltung“ – und aufmerksames Lesen gestern bei der dann folgenden Kreishaus-Rallye mit mehr als 40 Mitmach-Stationen zum Erfolg. Es machte nur mehr Spaß, im Team zum Teil anstrengende, knifflige oder lustige Aufgaben zu lösen. Ins Schwitzen gerieten die Schüler zum Beispiel auf dem Fahrrad, mit dem eine Glühlampe zum Leuchten, das Wasser in einem Kocher erhitzt oder die Autos auf einer Modellbahn zum Laufen gebracht werden sollten. „Wir alle kennen den Begriff Kilowattstunde“, so Tobias Beckers. „Was es aber heißt, eine zu produzieren, das kann kaum jemand ermessen.

Eine achte Klasse brauchte 1,5 Stunden ununterbrochenes Treten, um das Wasser auf 50 Grad zu erhitzen.“ Ins Grübeln gerieten die Besucher, zu denen sich im Laufe der sieben Stunden auch mehr und mehr neugierige Bürger gesellten, bei Fragen wie „Wie groß ist das Kerngebiet des Naturschutzprojektes Obere Ahr-Hocheifel?“ – nämlich 3287 Hektar – oder „Wie hoch ist das Haushaltsvolumen des Kreises für 2016?“ – nämlich 190 Millionen Euro.

Zwischendurch konnten die Gäste bei den hilfsbereiten Verwaltungsmitarbeiten, der Alltagsbetrieb in den Büros lief parallel ganz normal weiter, am Glücksrad drehen für „Nachbarn in Not“ oder Rubbeln für Ruanda. Man durfte aber auch bei den Mineralbrunnen der Region einen guten Schluck Wirtschaft probieren, oder Äpfel und Erdbeeren im Vorbeigehen naschen. Ausrufe der Entzückung dann im Flur bei der Tierarztshow mit Oskar, dem Labrador-Retriever. Im Tausch gegen Leckerlis ließ sich der Hund mit Engelsgeduld von unzähligen Teenies, die später alle mal Tierarzt werden wollen, das Herz abhören oder den Puls fühlen. Und ekelig wurde es auch: Nicht nur bei den Zecken im krabbelnden und vollgesogenem Zustand, die Gesundheitsamtsleiter Stefan Voss und sein Team neben Gesundheitschecks oder Infos der AG Jugendzahnpflege präsentierten, sondern auch beim Hauptzollamt Koblenz: Eine Kobra im Glas mit einer Flüssigkeit, die als Potenzmittel gilt, wurde ebenso über die deutschen Grenzen geschmuggelt, wie ein Bärenfell oder Elfenbein.

Zurück in die Heimat: Die hielten die Besucher gestern auf drei farbigen Großleinwänden fest, die Künstler und Musiker Stephan Maria Glöckner vorbereitet hatte, mit Worten, die den Besuchern beim Begriff Heimat einfielen. „HE-IM-AT“, was auch „he im Ahrtal“ heißen kann, soll dann später einen Platz im Kreishaus finden. Auch Architektin Annette Bartsch arbeitete mit den Kids fleißig weiter an ihrem Eiffelturmprojekt: „Jetzt sind es 22 000 Postkarten, es sollen 50 000 werden.“ Für alle beeindruckend war der Demenzparcours mit Übungen zu „Bürotätigkeit“, „Einkaufen“ oder „Autofahren“. Are-Schülerin Annika Münch (17), die begleitetes Fahren macht: „Mir ist das Nachfahren der kurvenreichen Strecke mit einem Miniauto nicht gelungen.“

Erschütternd auch die Erkenntnis, bei der diverse Simulationsbrillen halfen, wie sich Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit bis hin zur Blindheit fühlen müssen. Fakt ist: So antiquiert das Rallye-Lösungswort, das auf Postkarten dutzendfach in der Box im Foyer landete, war, so modern präsentierte sich gestern die Kreisverwaltung Ahrweiler als Dienstleister. Wer „Amtsblatt der königlichen Regierung zu Coblenz“ herausgefunden hatte, der kann vom Rundflug über den Kreis bis zu Gutscheinen oder Eintrittskarten Preise gewinnen.

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