Häusliche Gewalt Wie das Frauenhaus im Kreis Ahrweiler mit der Krise umgeht

Kreis Ahrweiler · Trotz der Krise verzeichnet das Frauenhaus im Kreis Ahrweiler keinen größeren Andrang. Das könnte aber laut Experten bald anders werden, wenn die Beschränkungen gelockert werden.

 Gestellte Szene: Häusliche Gewalt ist das Thema, mit dem sich das Frauenhaus im Kreis Ahrweiler beschäftigt.

Gestellte Szene: Häusliche Gewalt ist das Thema, mit dem sich das Frauenhaus im Kreis Ahrweiler beschäftigt.

Foto: Martin Gausmann

Schulen teilweise und Kitas fast gänzlich geschlossen, Kontakt zu Freunden und Verwandten gedrosselt, stattdessen: Homeoffice und Kinderbetreuung rund um die Uhr. In der Corona-Krise stehen die Familien vor Herausforderungen, aus denen schnell Überforderungen werden. Konflikte können ausbrechen, besonders da, wo es ohnehin brodelt. Seit Pandemiebeginn warnen Experten vor einem Anstieg häuslicher Gewalt.

„Die Befürchtung stand im Raum, dass es sich verschärft“, bestätigt Beatrix Böhm. Die Diplomsozialarbeiterin kann in ihrem Einsatz für Frauen, die Gewalt in engen sozialen Beziehungen erfahren haben, allerdings keinen größeren Ansturm feststellen. Böhm ist eine von fünf Mitarbeiterinnen – zwei mit psychotherapeutischer, drei mit gewaltpräventiver Zusatzausbildung – die im Frauenhaus Ahrweiler tätig sind. Einige arbeiten mit den Frauen, die anderen mit den Kindern. Denn, so macht Böhm klar, „bei beiden Gruppen handelt es sich um ganz verschiedene Interessen“.

Die Kolleginnen aus der Kindergruppe sind zudem mit weiteren Institutionen im Arbeitskreis Victoria eingebunden. Er wendet sich im Sinne der Prävention mit Angeboten ausschließlich an Mädchen. Nicht nur das Frauenhaus bindet die Arbeitskraft des Fünfer-Teams, sondern auch das öffentliche Beratungsbüro in Bad Breisig, Zehnerstraße 23 und unter derselben Adresse die Interventionsstelle Ahrweiler.

Zu Frauenhaus und Beratung müssen die Betroffenen selbst Kontakt aufnehmen. Anders die Interventionsstelle. Sie erhält von der Polizei durch das Einverständnis gewaltbetroffener Frauen deren Personaldaten und nimmt daraufhin mit ihnen Verbindung auf. Es wundert Böhm keineswegs, dass sich derzeit nicht mehr Frauen bei den Frauenhäusern in Rheinland-Pfalz melden. Offenbar trügt die Ruhe: „Die Frauen sind ja nicht allein; der Gewalttäter sitzt neben ihnen“, sagt Böhm. Er kontrolliere die Situation. „In jeder Gewaltbeziehung sind Macht und Kontrolle immer die Grundlage“, erklärt die Sozialarbeiterin. Über eines ist sie froh: Niemand ist infiziert im Frauenhaus, das vier aus anderen Regionen stammenden Frauen und ihren Kindern eine Unterkunft bietet.

Darüber hinaus, so versichert Böhm, „gibt es auch eine Nachsorge für die ehemaligen Bewohnerinnen“. Dennoch macht die Krise alles schwerer. Rheinland-Pfalz und der Kreis Ahrweiler fördern die Einrichtungen des Trägervereins „Frauen für Frauen“. Trotzdem benötigt dieser zur Kostendeckung noch 35 000 bis 50 000 Euro Spenden. Einnahmen erzielt er etwa durch seine Kleiderkammer (Zehnerstraße 23). Dort decken sich die Frauenhaus-Bewohnerinnen ein. Als Second-Hand-Laden öffnet „Ladylike“ dann gewöhnlich samstags von 10 bis 13 Uhr. Im Laden stehen Spendendosen, auch auf etlichen Märkten, wie dem Breisiger Zwiebelmarkt und Neuwieder Herbstmarkt, wo Ehrenamtler für den Verein ein eigenes Kochbuch und Seifen feilbieten sowie alles, was sie übers Jahr stricken, häkeln und basteln. „Da geht richtig Geld verloren. Das werden wir dieses Jahr merken“, so Böhm.

Alle im Haus haben ihre Masken bekommen. Zu den vorhandenen Problemen der Frauen kommt die Angst, sich anzustecken, besonders bei zwei in systemrelevanten Berufen außer Haus arbeitenden Bewohnerinnen. Hygiene-Vorschriften prägen den Alltag mit. Aufwendiger gestalten sich auch die Hausversammlungen der Mitarbeiter und Bewohner. Sie regeln, „wer putzt was, man erfährt, der Herd funktioniert nicht oder Probleme im Haus werden angesprochen“. Denn, so erläutert Beatrix Böhm, „es ist ja eine Zwangsgemeinschaft von Frauen, die ganz unterschiedliche Auffassungen, ein anderes Erziehungsverhalten und eine andere Esskultur haben“.

Nun trifft man im Garten zusammen. „Wir werden das durchstehen, weil ein Impfstoff oder Medikamente gefunden werden“. Aus Beatrix Böhm spricht Zuversicht, eine Haltung, die unschätzbar wichtig in ihrem Aufgabengebiet ist. Denn auch jenseits von Corona bildet Zuflucht verbunden mit Zuversicht einen guten Ausblick auf einen gelungen Neuanfang.

Der gemeinnützige Verein Frauen für Frauen ist erreichbar über die Adresse Bad Breisig, Postfach 1206, ☏ 0 26 33/47 05 88, im Internet unter www.frauenhaus-ahrweiler.de und per E-Mail unter beratungsladen@t-online.de.

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