Städtenetzwerk „Mitten am Rhein“ Wie die Digitalisierung Städte an Rhein und Ahr verändern wird

Bad Breisig · In zehn Jahren wird auch in den Städten und Gemeinden an Rhein und Ahr nichts mehr so sein, wie es jetzt ist. Jörg Heynkes erklärte beim Zukunftssymposium des Netzwerks „Mitten am Rhein“, wie die Digitalisierung alles verändert.

Roboter kommen in der Seniorenbetreuung zum Einsatz. Zukunftsforscher glauben, dass sie bald in vielen Bereichen zu unserem Alltag gehören.

Roboter kommen in der Seniorenbetreuung zum Einsatz. Zukunftsforscher glauben, dass sie bald in vielen Bereichen zu unserem Alltag gehören.

Foto: dpa

„Sie brauchen einen Blick in die Welt von übermorgen“, rief Jörg Heynkes, Unternehmer, Autor und auf Zukunftsthemen spezialisierter Innovator seinen Zuhörern im voll besetzten Saal des Bad Breisiger Hotels Vier Jahreszeiten zu. Dort hatten sich Kommunalpolitiker aus elf im Netzwerk „Mitten am Rhein“ verbundenen Städten und Gemeinden versammelt, um sich in einem Zukunftssymposium mit der „großen digitalen Transformation“ zu beschäftigen.

Schnell war klar: In zehn Jahren wird auch in den Kommunen nichts mehr so sein, wie es jetzt ist. Bad Breisigs Verbandsbürgermeister Bernd Weidenbach hatte zu der vom Land stark geförderten Zukunftsinitiative „Starke Kommunen – Starkes Land“ eingeladen, um für ein Thema zu sensibilisieren, das Heynkes zunächst mit einem Appell umriss: „Denken Sie sich Ihre Städte völlig neu.“ Und: „Viele von uns haben noch nicht kapiert, was auf uns zukommt.“ Damit dürfte er richtig liegen.

Die Digitalisierung sei wie ein „Tsunami“, von dem man sich nicht überrollen lassen dürfe. Vielmehr gelte es, sich auch im lokalen Handeln auf globale Megatrends einzustellen. Deutschland und seine Kommunen müssten nun eine große Aufholjagd in Gang setzen. Denn: „Seit 20 Jahren befindet man sich hier im absoluten Tiefschlaf“, sagte Heynkes.

 Jörg Heynkes: Die Zukunft wurde verschlafen.

Jörg Heynkes: Die Zukunft wurde verschlafen.

Foto: Martin Gausmann

Während man in China und den USA längst Abschied von der Old-Economy genommen habe, setze man in Deutschland und Europa noch immer auf nicht mehr zukunftsfähige konventionelle Industrie und lebe von Substanz statt von Innovation und von der Digitalisierung getragener Ökonomie. Die „4. industrielle Revolution“ habe woanders stattgefunden. Leider nicht in Deutschland.

Künstliche Intelligenz werde für das „Ende der Dummheit“ sorgen, zeigte sich Heynkes überzeugt. Digitale Assistenzsysteme würden immer besser, immer ausgeklügelter. Der Zukunftsforscher: „Für diese Systeme gibt es kein Ende des Lernens. Jede Sekunde lernen sie dazu.“ Beispielsweise Apps, die Sprachen nahezu in Echtzeit übersetzen. „Für Behörden ist das im Umgang mit Flüchtlingen eine riesige Hilfe“, erklärte der Autor des Buches „Warum wir die Welt nur digital retten – oder gar nicht“.

Roboter, so der aus Wuppertal stammende Referent, „werden in ein paar Jahren selbstverständlich in unser Leben treten. Sie werden immer besser.“ Humanoide Robotik und die damit korrespondierende Veränderung der Arbeitswelt nimmt dann auch bei Heynkes einen großen Raum ein. „Alles wird digital, jedes Produkt wird intelligent sein“, fasste er zusammen.

Ob das T-Shirt, das in der Lage sein wird, den Blutdruck und die Herzfrequenz seines Trägers zu messen und zu melden, ob Lebensmittelproduktion aus einem digitalen Baukasten, ob Telemedizin oder das „Internet of Things“, wo selbst Produkte miteinander vernetzt sind: „Die nächsten Jahre“, so Heynkes, „werden spannend“.

Auch müssten sich die Städte und Gemeinden auf autonom fahrende Fahrzeuge einstellen. Auf Knopfdruck würden E-Mobile vorfahren, um Menschen von A nach B zu fahren. Eine „Schwarmmobilität“ werde den ÖPNV mit dem Individualverkehr vereinen: „Das spart den Kommunen Milliarden“, glaubt Heynkes. Weder gebe es mehr Staus noch Parkraumprobleme, weil nur noch optimal ausgenutzte Fahrzeuge unterwegs seien und „Stehzeuge“ dann der Vergangenheit angehörten. Taxifahrer oder Fahrschullehrer werde es dann nicht mehr geben: „Man braucht sie nicht mehr.“ In den Städten entstehe mehr Lebensqualität, mehr Raum dank nicht mehr benötigter Parkplätze, weniger Lärm und Abgase.

Nunmehr müsse man in Deutschland vom Denken zum Handeln kommen. Dazu gehöre auch eine völlig neue Bildungspolitik. Derzeit sei Deutschland ein Land voller Angsthasen. Zukunftsgestaltung erfordere aber Mut. An sein Publikum adressiert sagte Heynkes: „Werden Sie Zukunftsmacher!“

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