Mit Tiny-Haus-Dörfern und Seilbahn Wie Hoteliers und Gastronomen das Ahrtal wieder aufbauen wollen

Bad Neuenahr-Ahrweiler · In der Gesprächsrunde „Dachmarke Ahrtal“ haben Hoteliers und Gastronomen jetzt über den Wiederaufbau nach der Flut gesprochen. Ihre Ideen: Tiny-Haus-Dörfer, eine Seilbahn und Hostels im Zwei-Sterne-Segment für junge Leute.

 Tauschen sich über die Zukunft des Ahrtals aus (im Vordergrund von links): Hans Stefan Steinheuer, Frank Mies, Gregor Lersch und Engelbert Felk.

Tauschen sich über die Zukunft des Ahrtals aus (im Vordergrund von links): Hans Stefan Steinheuer, Frank Mies, Gregor Lersch und Engelbert Felk.

Foto: Martin Gausmann

Den Qualitätsgedanken darf man im Ahrtal im Wiederaufbau nicht aus den Augen verlieren, da sind sich die Macher großer Events vergangener Jahre einig. Jetzt traf sich die Gesprächsrunde zur „Dachmarke Ahrtal“ zum zweiten Mal. In der Alten Gärtnerei in Bad Neuenahr betonte Moderator Frank Mies, in den vergangenen 40 Jahren habe das Ahrtal die Transformation hin zu einer Qualitätsregion vollbracht. Jetzt baue man das Ahrtal für die nächsten Generationen wieder auf und müsse sowohl die Identität als auch Innovationen im Auge behalten. Das werde schwer genug, so Mies. Ein Beispiel: Aktuell sei zu beobachten, dass in kompletten Straßenzügen gleiche Fenster eingebaut würden. Sorgen macht sich der Vorstand einer Werbeagentur auch um den Einzelhandel. Und von den einstigen Planungen hin zu Gesundheits- und Wellnessregion sei nicht viel zu sehen. Ebenfalls zu beachten seien die aktuellen „Megatrends“, wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder Mobilitätsfragen.

Konkret gab es eine Vielzahl von Ideen und Visionen zu hören. Die Architekten Annette Bartsch und Jürgen Mertens machten klar, dass das Tal nur gemeinsam stark sein kann. „Essen, Trinken und Übernachten im Weinberg“, so ihr Thema, bei dem sie den Ausbau von Plateaus und Hütten in den Weinbergen an der Ahr hin zu Treffs, gerne auch mit Übernachtungsmöglichkeit, vorschlugen. Diese könnten von Hoteliers aus dem Ahrtal gebaut und unterhalten werden.

Anonyme Hotelketten will man im Tal nicht

Dass jedes Dorf an der Ahr seine eigene Identität bewahren müsse, meinte Hotelier Manfred Gangnus. Er sprach bewusst von „Weindörfern“, nicht von Weinorten, und ging auf die Übernachtungssituation ein. „Je näher an der Ahr, desto besser“, sei das Credo gewesen, das nun zu den großen Zerstörungen im Gastgeberbereich geführt habe. Demnach machten die großen „Ankerhotels“ mit mehr als 50 Betten noch lange nicht wieder auf. Im Gegenteil, hinter seinem Seta-Hotel, aber auch dem Haus Weyer, der Lochmühle und anderen Privathotels, stünden große Fragezeichen. Anonyme Hotelketten wolle man im Tal aber auch nicht. Gangnus‘ Idee: Die Nutzung der aktuell rund 160 Tiny-Häuser für Übernachtungsdörfer auf den Höhen, was jährlich rund 40.000 Übernachtungen bringen könnte. Zudem brauche das Ahrtal Hostels im Zwei-Sterne-Segment für junge Leute.

Wieder bunt machen möchte Gregor Lersch das Tal. Geschehen soll das mittels Pop-up-Gästen in allen Orten, auf Plätzen und Lichtungen. Er plant schon konkrete Ausstellungen in den kreisstädtischen Parks. Dabei sieht Lersch eine mögliche Kombination mit Weinhöfen auf den großen Freiflächen in den Weinbergen. Allerdings räumte der Florist auch ein, dass das Konzept angesichts immer noch großer Probleme bei den Betroffenen vielleicht ein wenig zu früh komme.

Positive Signale von Landrätin und Bürgermeister

Sternekoch Hans Stefan Steinheuer betonte derweil die Wichtigkeit der Regionalität in der Identitätsfindung. Die Region biete so viele unterschiedliche Möglichkeiten für die Küche, vom rauen Klima in der Eifel, wo Kartoffeln und Bohnen wachsen, bis zu den Spargelfeldern am Rhein. Aber: Neuenahrer Rauchfleisch sei komplett verschwunden, und einen Döppekooche suche man auf den Speisenkarten vergeblich, schlug Steinheuer die Gründung eines Repräsentationshauses vor, wo man die Identität des Ahrtals erleben könne.

Engelbert Felk ging schließlich auf die Ahrtalbahn ein, mit deren Wiederaufbauplänen man sich nicht zufriedengebe. Es drohten dort veraltete Technologien. Felk brachte ins Spiel, was schon oft zu hören war, nämlich ab Walporzheim ein Seilbahnsystem anstelle einer Bahntrasse. Die bolivianische Hauptstand La Paz macht vor, wie das effektiv gehen kann.

Dass die Teilnehmer der Gesprächsrunden nicht auf taube Ohren stoßen, stimmt sie zuversichtlich. So habe es positive Signale sowohl von Landrätin Cornelia Weigand als auch von Guido Orthen, Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler, gegeben. Begrüßen konnte man in der Runde den künftigen Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenahr, Dominik Gieler.

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