Wiedereröffnung der IHK Geschäftsstelle in Ahrweiler Beratungen in Gummistiefeln sind endlich Geschichte

Ahrweiler · Die IHK hat ihre Regionalgeschäftsstelle in Ahrweiler wieder bezogen. Gearbeitet wurde in den über 600 Tagen seit der Flut trotzdem. Die IHK half sogar beim Ausfüllen wichtiger Anträge.

Festliche Wiedereröffnung: Es feierten der IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel, Wirtschaftsförderer Tino Hackenbruch und Regionalgeschäftsführer Martin Neudecker (v.l.)

Festliche Wiedereröffnung: Es feierten der IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel, Wirtschaftsförderer Tino Hackenbruch und Regionalgeschäftsführer Martin Neudecker (v.l.)

Foto: AHR-FOTO

Blaue und weiße Luftballons über der Tür, ein Glas Sekt und Häppchen im Inneren: wieder eine von derzeit vielen Neu- oder Wiedereröffnungen im Ahrtal gab es am Freitagmorgen in der Ahrweiler Joerresstraße zu feiern. Dort waren buchstäblich die untergegangen, die eigentlich nach der Flut und nach den Ersthelfern die ersten Ansprechpartner für die Wirtschaft sein sollten und es auch in den meisten Fällen irgendwie schafften, Ansprechpartner zu sein: die Industrie- und Handelskammer mit ihrer erst wenige Jahre zuvor eröffneten Regionalgeschäftsstelle. Sie ereilte das gleiche Schicksal, wie rund 800 ihrer Mitglieder. Sie versank in der Nacht zum 15. Juli in den Fluten der Ahr. Ganze 604 Tage später war nun offizielle Wiedereröffnung, nachdem das dortige Team schon ein paar Wochen zuvor eingezogen und sich in den neu gestalteten Räumlichkeiten eingewöhnt hatte.

„Bis hierhin stand die Brühe“, zeigte Regionalgeschäftsführer Martin Neudecker den Gästen bei der Wiedereröffnung an. Als Neudecker sich nach der Katastrophe den Weg in die Joerresstraße gebannt hatte, war das Wasser zwar weg, Schlamm und Zerstörung aber waren geblieben, Trockenbauwände aufgeweicht. Die IHK in Ahrweiler war obdachlos. Zunächst habe das Team mobil gearbeitet, berichtete Neudecker von den ersten Tagen. Dann sei man zu den Kollegen nach Neuwied gezogen, Besprechungsräume standen in der nicht betroffenen Geschäftsstelle der Kreishandwerkskammer zur Verfügung. Denn man wollte den betroffenen Betrieben ja schnell Hilfe anbieten. „Wir waren zudem überall vor Ort und haben auf den Baustellen wichtige Gespräche geführt“, erinnerte der Regionalgeschäftsführer auch an Beratungsrunden in Gummistiefeln. Anders ging es nicht.

IHK fang Unterschlupf in benachbartem Verlagshaus

Da wollte es der Zufall, dass Neudecker dem Verlagsleiter der Linus Wittich Medien in Ahrweiler, Andreas Noll, über den Weg lief. Der bot der IHK Obdach in den unversehrt gebliebenen Verlagsräumen in der Wilhelmstraße an. Mehr als ein Jahr agierte die IHK nun vor dort, wo die Verlagsmitarbeiter zusammenrückten, um Platz für die neuen Mieter zu schaffen. Viele der umfangreichen Kammerbestätigungen für die Anträge auf Gelder für den Wiederaufbau wurden in der Wilhelmstraße gefertigt, insgesamt hat die IHK mittlerweile 550 solcher Bestätigungen erstellt.

Heißt aber auch: Gut 200 Mitgliedsbetriebe haben noch keinen Förderantrag gestellt. Auch wenn die Antragsfrist bis zum Jahr 2026 verlängert wurde, appellieren die Wirtschaftsförderer, sich möglichst bald bei der Regionalgeschäftsstelle in Ahrweiler zu melden. „Hier kann alles ausgefüllt werden, Platz und Computer sind vorhanden, falls ein Unternehmer noch keine eigenen Möglichkeiten hat“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel. Er sieht es auch als Erfolg der IHK an, dass die Antragsfrist für Fördergelder verlängert wurde. Auf die Politik und die hinter ihr stehende Verwaltung auf Bundes- und Landesebene ist er bis heute dennoch nicht gut zu sprechen: „Politik tut sich bis heute schwer, die Regeln des Bürokratismus zu verlassen. Das kriegt Deutschland irgendwie nicht hin.“ Also müsse man sich über kleine Schritte freuen. Und das tat man nun in Ahrweiler.

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