Kreuzwege Zahlreiche ehrwürdige Bittwegskreuze im Kreis Ahrweiler

Kreis Ahrweiler · An den Bittwegen beteten die Menschen für eine gute Ernte, Genesung oder Aufnahme eines Verstorbenen ins Paradies. An Rhein, Ahr und Brohlbach sind einige Kreuzwege oder zumindest Stationen davon in alter Form erhalten – Zeugnisse der einst aus der Volksfrömmigkeit heraus entstandenen Gebetskultur.

 Kreuzweg in Bad Neuenahr: Die erste Station befindet sich an der ehemaligen Rentmeisterei. Die Stationen illustrieren die sieben Schmerzen Mariens.

Kreuzweg in Bad Neuenahr: Die erste Station befindet sich an der ehemaligen Rentmeisterei. Die Stationen illustrieren die sieben Schmerzen Mariens.

Foto: Martin Gausmann

Papst Clemens XII. erkannte im Jahr 1731 die Anzahl von 14 Kreuzwegstationen an. Nur wenige Monate später, am 18. Mai 1732, wurde am Ahrtor in Ahrweiler der Grundstein zum Bau der ersten von insgesamt 14 Stationen des zum Kalvarienberg führenden und noch heute existierenden Kreuzwegs gebaut. Den aus dem Mittelalter stammenden Sieben-Stationen-Bittwegen lief die neue Form der Kreuzwege rasch den Rang ab - auch im Kreis Ahrweiler.

14-Stationen-Kreuzwege entstanden seitdem nicht nur in Ahrweiler, sondern zum Beispiel auch in Adenau und Mayschoß, ebenfalls unter freiem Himmel. Vor allem aber sind sie heute in jeder katholischen Kirche zu finden.

Dennoch haben sich an Rhein, Ahr und Brohlbach einige der Bittwege alter Form erhalten. Mehr noch: Es gab sogar Neuauflagen dieser ursprünglichen Bittweg-Form.

So findet sich entlang der heutigen Willibrordusstraße in Bad Neuenahr noch ein verwehtes Zeugnis dieser einst aus der Volksfrömmigkeit heraus entstandenen Gebetskultur. Die erste Station des aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bittwegs steht heute noch am Parkplatz hinter der Stadtbibliothek. Von dort führte der Weg zum Friedhof an der St.-Willibrordus-Kirche im Ortsteil Beul hinauf, wo zwei weitere Stationen erhalten blieben. Die übrigen wurden im Laufe der Jahrzehnte wegen Baufälligkeit entfernt.

Die Tontafeln der einzelnen Stationen illustrieren die sieben Schmerzen Mariens. Denn einer Legende nach folgte die Gottesmutter Maria nach Jesu Tod jeden Tag dem Leidensweg ihres Sohnes durch Jerusalem und betete an sieben Stellen. Wegen ihres siebenmaligen Niederkniens entstand der Name „sieben Fußfälle“. Die Stationen des Beuler Bittwegs wurden erst Mitte des 19. Jahrhunderts geschaffen – von dem Bildhauer Scherf, der im Kölner Stadtteil Kalk in beinahe schon industriellem Maßstab Bittweg-Stationen produzierte. Vollständig erhaltene Scherf-Fußfälle gibt es heute noch in Nürnberg, im Moselort Kobern und im nahen Linz.

An den Stationen in Beul wurde immer dann gebetet, wenn ein Einwohner des Ortsteils im Sterben lag oder gerade verstorben war. Junge Mädchen trafen sich dann am Sterbe- oder Trauerhaus und beteten entlang des Stationsweges den schmerzhaften Rosenkranz. Der kleinen Prozession voran trug ein Junge ein Kreuz. An den einzelnen Darstellungen knieten die Mädchen nieder und beteten je drei Vater Unser, Ave Maria und Ehre sei dem Vater. Der Rückweg zum Sterbe- oder Trauerhaus erfolgte in gleicher Weise. Dort angekommen, beteten sie nochmals für den Sterbenden oder am Sarg für den Verstorbenen. Zum Dank erhielten die Kinder anschließend kleine Gaben oder sie wurden zum Leichenschmaus eingeladen. Letztmalig sollen die Neuenahrer Fußfälle beim Tod von Barbara Steinborn im Jahr 1930 gebetet worden sein.

Außer dem 14-Stationen-Kreuzweg, der zu Anfang des 20. Jahrhunderts an der St.-Nikolaus-Kirche in Mayschoß gebaut wurde, gibt es in dem Weindorf heute noch dessen Vorgänger, einen aus Bruchsteinen gemauerten alten Sieben-Stationen-Weg. Über inzwischen zugewucherte steile Weinbergspfade und -treppen führt er in Richtung des oberhalb von Reimerzhoven stehenden Bockshardtkreuzes. Diesen Weg zu erkunden, ist allerdings nicht nur eine spirituelle, sondern auch eine sportliche Herausforderung.

Im Passionsspielort Schuld wurde erst 1976 ein Passionsweg geschaffen. Von Naturstein-Bildstöcken und -Reliefs flankiert, führt er von der katholischen Pfarrkirche St. Gertrud bergan bis zur 700 Meter entfernt mitten im Wald stehenden Schornkapelle. Bauanlass war ein Diebstahl: 1972 war aus der mehr als 300 Jahre alten Kapelle die Pietà gestohlen worden. Anhand von Fotografien schnitzte der in Adenau lebende Bildhauer Georg Gehring deshalb im Jahr darauf eine originalgetreue neue Pietà. Die ist heute die Zielstation des 1976 um sechs Stationen erweiterten Pilgerwegs.

Der jüngste im Bunde der Bittwege im Kreis Ahrweiler befindet sich in Kripp: Nach Jahren der Vorbereitung ist dieser 3,4 Kilometer lange, um den Quellenort herum führende Weg im Juni 2011 vom örtlichen Bürger- und Heimatverein freigegeben und während einer Prozession von Pater Gottfried Bitter und dem evangelischen Pfarrer i. R. Rolf Schäfer eingesegnet worden. Mit dem Weg wolle der Verein die alte Tradition der Bittwege in Kripp fortführen, an deren Stationen früher für eine gute Ernte oder die Genesung eines kranken Angehörigen gebetet wurde, wie der Vereinsvorsitzende Harry Sander damals sagte.

Ziel des Vereins sei jedoch nicht gewesen, einen alten Bittweg zu rekonstruieren, sondern eine fast vergessene Kripper Tradition neu zu beleben. Mit dieser Intention sei eine Route festgelegt worden, die dem heutigen Kripp Rechnung trägt. Dabei wurden die sieben Stationen nicht eigens für den neuen Bittweg geschaffen. Vielmehr bestehen sie aus umgewidmeten alten Weg- und Grabkreuzen und einem St. Marien-Bildstock.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort