Neues Leitbild für die Mittelahr Der lange Weg zur Modellregion

Altenahr · Die von der Flut stark beschädigten Orte in der Verbandsgemeinde Altenahr wollen gemeinsam wieder auf die Beine kommen. In der Ratssitzung wurde die lange Liste der Herausforderungen, aber auch erster kreativer Lösungsansätze, präsentiert.

 Archivbild vom Bahnhof in Altenahr von August 2021: Bis die zwölf Orte der Verbandsgemeinde Altenahr wieder im alten Glanz erstrahlen, ist es noch ein langer Weg.

Archivbild vom Bahnhof in Altenahr von August 2021: Bis die zwölf Orte der Verbandsgemeinde Altenahr wieder im alten Glanz erstrahlen, ist es noch ein langer Weg.

Foto: Martin Gausmann

„Modellregion Verbandsgemeinde Altenahr“ war jetzt Stichwort bei mehreren Tagesordnungspunkten im Rat der Verbandsgemeinde (VG) Altenahr. Dass der Weg dorthin lang ist, dass man nach so einer verheerenden Katastrophe, wie die Ahr sie im vergangenen Jahr erlebt hat, eine „Modellregion“ nicht aus der Erde stampfen oder auf dem Reißbrett entwerfen kann, machten die Beiträge der mit den Planungen beauftragten Institute deutlich.

Tourismus ist das Stichwort, unter dem die Bestrebungen der Verbandsgemeinde in der Vergangenheit standen und unter dem sie künftig stehen sollen. Denn schließlich sind die Landschaft mit dem Fluss, den steilen Hängen, mit Wäldern und Weinanbau das Kapital der zwölf eigenständigen Ortsgemeinden mit ihren (vor der Flut) insgesamt 11.000 Einwohnern. Mit der VG haben sie eine gemeinsame Verwaltung.

Schon im November hatten Workshops zum Thema „Perspektive 2030 stattgefunden

Andererseits ist die von der Flut in großen Teilen so grausam überrollte Landschaft Heimat und Lebensraum vieler Menschen. Folglich berücksichtigen Planungen neben dem Schwerpunkt „Tourismus und Erholung“ Fakten wie „Wohnen und Bevölkerung“, „Wirtschaft und Gewerbe“, „Infrastruktur und Daseinsvorsorge“. Bereits Mitte November 2021 hatten dazu Workshops stattgefunden, damals angesichts der an der Ahr zerstörten Immobilien in der Turnhalle in Grafschaft-Ringen. Dabei hatten sich Vertreter der Ortsgemeinden, des VG-Rates und der Verwaltung zum Austausch getroffen unter dem Stichwort „Perspektive 2030“.

Bis dahin ist es noch weit. Das Ahrtal ist zwar mittlerweile weitgehend aufgeräumt aber lange noch nicht wieder aufgebaut, und Planungen können erst jetzt langsam beginnen. Einig war sich der VG-Rat, dass die Wiederherstellung von Straßen und Schienen oberste Priorität hat. Zustimmung fand der Vorschlag aus dem Rat, den Neuaufbau etwa durch Diplomarbeiten begleiten zu lassen.

Einen Zwischenbericht gab im Rat das Planungsbüro AS+P (Albert Speer + Partner GmbH). Fünf Stadtplaner hatten Schritte empfohlen. Demnach soll zunächst ein städtebauliches Leitkonzept erarbeitet, über das zu entwickelnde Städtebild beraten und die Entwicklung von Ersatzbauflächen in Angriff genommen werden. Wichtig ist den Planern, dass die gesamte VG in Augenschein genommen wird, dazu gehören die von der Flut geschädigten Gemeinden im Ahrtal und an den Seitenbächen und die Höhengemeinden. Der VG-Rat soll eingebunden werden. In der Verwaltung ist bereits ein Steuerungsteam gegründet worden. Einbezogen werden die Ortsgemeinden, der Kreis und die übergeordneten Landesbehörden – und auch die Bürgerinnen und Bürger. Vorgesehen ist, Aktionspläne zu entwickeln, die laufend fortgeschrieben werden können.

Hierbei geht es ebenfalls um den Tourismus, Ziel sind attraktivere Orte mit kreativ gestalteten Ortsmitten. Beim Punkt Mobilität ginge es nicht nur um Straßenausbau, sondern auch um die Wiederherstellung der Ahrtalbahn mit sinnvollen Haltepunkten. Blickpunkte sind die Gestaltung der Landschaft und der Gewässer, nicht nur der Ahr, sondern auch ihrer Nebengewässer. Wichtig ist den Planern außerdem der Sport, da die meisten Sportanlagen in der Flut untergegangen sind.

Idee einer Baulandbörse steht im Raum

Ortsentwicklungsprogramme sind erforderlich, die Bauleitplanung muss angepasst werden, Ersatzbauflächen für entlang der Ahr verlorenes Bauland müssen her. Wie zu hören war wurden 38 potenzielle Ersatzbauflächen gemeldet und von der SGD-Nord geprüft. Die VG werde sie weiter untersuchen. All dies Flächen befinden sich im Außenbereich, so dass es bis zu einer Baureife zwei bis drei Jahre dauern kann. Schneller bebaut werden könnten Baulücken in den Orten. Eigentümer sollen angesprochen und vielleicht eine Baulandbörse entwickelt werden. Platz für Familien muss her, damit die Orte nicht aussterben. Gedacht ist auch an alternative Bauformen. Eine Rolle spielen könnte neues Bauland als Arrondierung an den Ortsrändern. Die Bauleitplanung wird Camping- und Sportplätze berücksichtigen, dafür müssen die Flächennutzungspläne angepasst werden.

Radwege sollen eingeplant und vernetzt werden. „Es wird aber auch Flächen geben, die man der Ahr zurückgeben muss“, war zu hören. Damit das alles klappen kann und Bauland an der Ahr am Ende nicht in die Hand von Spekulanten kommt, sollen sich die Ortsgemeinden Vorkaufsrecht beim Verkauf von Flächen sichern, und mit den Käufern eine Bauverpflichtung verabreden.

Damit es mit dem Wiederaufbau des Tourismus voran geht, beauftragte der Rat die Verwaltung, die notwendigen Schritte für die Erarbeitung eines Tourismuskonzepts einzuleiten, in das alle Ortsgemeinden eingebunden werden. Ziel ist neben der Ausrichtung auf den Wein ein naturnaher, sanfter und aktiver Tourismus. „Das umfassende Tourismuskonzept soll darüber hinaus einen Mehrwert für Naherholung und damit für die Bewohnerinnen und Bewohner des Ahrgebiets darstellen“, heißt es im Auftrag an die Verwaltung. Stichworte hierzu sind unter anderem Öffentlicher Nahverkehr, Rad- und Wanderwege, Beherbergung und Gastronomie, Historie und Kultur, Freizeit und Sport, Hochwasserschutz und Hochwasservorsorge sowie Architektur.

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