Erinnerungen an den Bombenkrieg Ahrweilers schwärzester Tag

AHRWEILER · Es war der schwärzeste Tag in der Geschichte von Ahrweiler: Bei einem Bombenangriff am Mittag des 29. Januar 1945 verloren 85 Menschen ihr Leben.

 Die Ahrweiler Ahrhut nach dem Bombenangriff vom 29. Januar 1945.

Die Ahrweiler Ahrhut nach dem Bombenangriff vom 29. Januar 1945.

Foto: Hans-Jürgen Vollrath/Martin Gausmann

Der Morgen des 29. Januar 1945 ist trüb und diesig. Der achtjährige Heinz Koll geht mit seiner dreijährigen Schwester und seiner Mutter über die Ahrweiler Schützbahn, um den vor Fliegerbomben Schutz bietenden Adenbachtunnel – die sogenannte Stadt im Berg – aufzusuchen.

Dort lebten in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges 2500 Menschen in Bretterverschlägen. Nur die nötigsten Habseligkeiten und wichtige Papiere trägt Maria Koll in einem Koffer. Der steht in diesen Kriegstagen immer griffbereit an der Tür. Auf der Schützbahn versucht sie ein Bürger zur Rückkehr in die Wohnung an der Bachemer Straße 15 zu bewegen: „Geht ruhig zurück, es ist so diesig, heute kommt keiner.“ Wenige Stunden später ist der Mann tot, unter Trümmern begraben. Denn die Ahrhut und das Ahrtor werden um 12.50 Uhr von einem Bombenteppich zerstört. Es wird eine Wunde in die Stadt gerissen, die Jahre braucht, um zu verheilen. Grund des Angriffs: Die Amerikaner vermuten einen deutschen Radarwagen im Torbogen.

Die Erinnerung bleibt

Wenn Heinz Koll heute – nach 75 Jahren – im Durchgang des Ahrtors steht und sich die Liste der Spender und Helfer ansieht, die vor mehr als einem halben Jahrhundert mit dazu beigetragen haben, das Tor, das bis dahin nahezu 700 Jahre überstanden und vielen Anstürmen widerstanden hatte, wieder aufzubauen, werden Emotionen geweckt. „Auch wenn ich ein kleiner Junge war, vieles ist in Erinnerung geblieben von den furchtbaren Ereignissen, aber auch von den bewegenden Dingen“, sagt Koll.

Erst zwei Tage nach dem verheerenden Angriff traut sich Maria Koll mit ihren Kindern aus dem Tunnel zurück in die Stadt. Ihnen bietet sich ein Bild der Verwüstung. 85 Zivilpersonen, davon 35 Frauen und 18 Kinder unter 14 Jahren sowie mehrere Soldaten kommen bei dem Angriff ums Leben. 115 Häuser mit 250 Wohnungen sind zerstört. „Die Schützbahn war verschüttet, der Weg zum Tor versperrt“, berichtet Koll, der heute an der Plätzerstraße wohnt. Sie kehren voller Angst um und gelangen über die Schützbahn ans Tor. Dort treffen sie auf Menschen, die ihre Angehörigen verloren haben oder vermissen.

„Das alles machte mir Angst. Den Geruch der Trümmerlandschaft und den Anblick der vielen Toten werde ich nie vergessen“, so Koll. Zu Hause an der Bachemer Straße angekommen, muss Familie Koll ebenfalls mit dem Aufräumen beginnen. Der Zugang zu ihrem Haus ist blockiert. Die Häuser rechts daneben und gegenüber sind zerbombt. Mit bloßen Händen suchen die Menschen nach ihren Habseligkeiten. „Um in die Stadt zu gelangen, überquerten wir auf einem Trampelpfad einen riesigen Schutthaufen im Ahrtorbogen.“

Bomben auf die Klinik

Unweit dieses Bogens spielte sich am Mittag des schwärzesten Tages in der mehr als 1100-jährigen Geschichte Ahrweilers eine weitere Tragödie ab. 24 Bomben zerstörten das sogenannte „Schlösschen“ der Ehrenwall-Klinik, das Platz für 50 psychisch erkrankte Patienten bot. Das Ganze geschah, obwohl die gesamte Anlage mit roten Kreuzen auf den Dächern deutlich gekennzeichnet war. Zahlreiche Patienten kamen bei dem Angriff ums Leben. Ebenso sieben Pfleger und Helfer, die die Patienten trotz des Alarms nicht alleine lassen wollten. Sie hatten sich dafür eingesetzt, unruhige und aggressive Kranke so menschlich wie möglich zu pflegen und ihnen beizustehen. Ihre Namen sind heute noch bekannt: Margarite Beese, Josef Hubert Hörsch, Magdalene Krämer, Dominikus Sperber, Lina Steinrand, Anneliese Weber und Walter Wetzler.

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