Holzwirtschaft in Eifel, Sinzig und Vehn Der Wald und seine Besitzer

SINZIG · Helmut Willerscheid, Revierförster auf Schloss Vehn, referierte über die Holzwirtschaft in Eifel, Sinzig und Vehn.

 Der Sinziger Stadtwald, hier auf dem Mühlenberg, ist das Kapital der Stadt.

Der Sinziger Stadtwald, hier auf dem Mühlenberg, ist das Kapital der Stadt.

Foto: GAUSMANN/SINZIG AKTIV

"Man sollte sehen und weinen!", schrieb der preußische Beamte Johann Nepomuk von Schwerz in den 1830ern über eine elende Entwaldung. In der Eifel, "wo es nicht an Raum fehlt, wo der Boden zum Theil keinen Werth für die übrige Cultur hat, ...erheben die Berge von allen Seiten ihre nackten Schädel, welche kein Gesträuch deckt, und wo kein Vöglein ein Schattenplätzchen zu seinem Nest findet."

Heute dagegen steht der Wald gut da, sagte Helmut Willerscheid, Revierförster und Gutsverwalter auf Schloss Vehn im Sinziger Ortsteil Löhndorf, beim Turmgespräch im Schloss auf Einladung des Denkmalpflegevereins. "Rheinland-Pfalz und Hessen sind mit 40 Prozent Wald die waldreichsten Gegenden Deutschlands, und mit 52 Prozent ist der Kreis Ahrweiler Spitze!" Der zur Waldnutzung Referierende wollte durchaus "über den forstlichen Tellerrand von Vehn hinausblicken".

Dazu passte der Hinweis auf Hannß Carl von Carlowitz. Hätten die Eifeler beherzigt, was der sächsische Bergbauingenieur vor rund 300 Jahren anmahnte, wäre das Desaster ausgeblieben. Der Erfinder der Nachhaltigkeit empfahl 1713, nur so viel wegzuschlagen, wie nachwachse.

Der Eifelwald aber ging damals in die Knie wegen Intensivnutzung durch Köhlerei zur Holzkohlegewinnung für die Erzverhüttung und Kahlschläge für Brenn- und Bauholz. Auch die Schweinemast setzte ihm zu, denn "der Waldbetrieb war der landwirtschaftlichen Nutzung untergeordnet".

Er genoss einst einzig Schutz, wenn Könige und Fürsten den Waldbann aussprachen, um ungestört zu jagen. "Noch heute erkennt man im Kottenforst die Jagdschneisen", so Willerscheid. Rotwild, Kaninchen und Eichelhäher durften auch die Bürger jagen, während die "hohe Jagd" für Hirsche und Wildschwein dem Adel vorbehalten blieb.

Auf Sinziger Gebiet gab es dreierlei Wald. Ziemert, Aulberg und Mühlenberg gehörtem zum Märkerwald, eine bis ins Mittelalter zurückreichende Form gemeinschaftlichen Waldbesitzes, den gewählte Vertreter bewachten. Jeder Märker besaß in Ruten oder Marken gemessene Anteile von den Märkerschaften.

Einschlag und Aufforstung wurden gemeinschaftlich oder nur mit Genehmigung der Gemeinschaft betrieben. Schon im 13. Jahrhundert besaß die Stadt Sinzig Waldungen auf dem Harterscheid zwischen Ahrenthal und Königsfeld. Dieser Stadtwald diente zur Beweidung des Viehs und als Holzlieferant. Da Weideland knapp war, grasten die Dörfler gerne auch gerne fremden Besitz ab. Um die Franzosenzeit wurde aus dem Märkerwald im Kreis Ahrweiler Gemeindewald.

"Die Frankener aber, die waren immer schon etwas schlauer, haben den Märkerwald damals aufgeteilt und die Anteile in Privatwald umgewandelt", betonte Willerscheid.

Der an den Vehner Hof gebundene Wald wurde seit Jahrhunderten privat genutzt. Allerdings existiert die Bezeichnung, "Vehner Wald" nur noch für den Eigenjagdbezirk des Grafen Spee in Ahrenthal. Dies geht zurück auf den kurzfristigen Besitz von Vehn durch Ahrenthal, woraufhin indes der größte Teil des Waldes beim Schloss Ahrenthal blieb.

Erstmals erwähnt wurde Vehn 1019 durch eine Urkunde des Kölner Erzbischofs Heribert, der dem Kloster Deutz Güter vermachte. Als Lehen kamen Hof und Besitz später an die Landskroner Burggrafen, die Herren Colve von Ahrweiler und schließlich 1564 an Wilhelm von Orsbeck. Von 1450 bis 1561 existierte in Vehn ein Kloster der Augustinerinnen, das westlich vom Hof gelegen haben muss, wie der Revierförster am Wechsel des Bewuchses abliest. Zum Ende der Franzosenzeit wurden die kirchlichen Besitzungen, so auch das landwirtschaftliche Gut Vehn, aufgehoben.

Nach mehreren Besitzerwechseln gehörte das Anwesen 1936 Graf Westerhold, der vieles umbaute, ein gesellschaftlich aufwendiges Leben führte, mit seiner jüdischen Frau nach Südamerika ging und zurückkehrte.

Für Löhndorf bedeutete das Paar ein wenig Glamour: "Man war fasziniert, wenn die Gräfin im offenen Wagen Kamelle an die Kinder verteilte". Heute gehört Vehn einem Zweig der Familie Bahlsen aus Hannover, genauer der Erbengemeinschaft dreier Brüder, die dort Waldwirtschaft betreiben. Letztere hatte in den vergangenen 200 Jahren "einen eindeutig jagdlich dominierten Hintergrund", wie Helmut Willerscheid erklärte.

Derzeit sei als forstliche Ausrichtung das LöWe-Programm zur "langfristigen ökologischen Wald-entwicklung" installiert. Da schloss sich für die Zuhörer des Turmgesprächs ein Kreis: Der 300 Jahre alte, daueraktuelle Gedanke der Nachhaltigkeit kam in den Sinn.

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