Panorama-Sauna Holzweiler Die dritte Generation im Wartestand

HOLZWEILER · Spatenstich der Panorama-Sauna Holzweiler erfolgte vor 40 Jahren. Familie Schmidt investierte zehn Millionen Euro

 Seit 40 Jahren kommen Besucher von nah und fern nach Holzweiler.

Seit 40 Jahren kommen Besucher von nah und fern nach Holzweiler.

Foto: Martin Gausmann

Dass jede Tragik im Leben auch enorme Chancen birgt, davon kann der heute 89-jährige Josef Schmidt aus Holzweiler ein Lied singen.

Mit 17 Jahren wurde er zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, mit 19 verlor er beim Kriegseinsatz in Italien durch eine Verwundung sein Augenlicht. Zurück in der Heimat hatte er die Wahl, auf Bürstenmacher oder Masseur umzuschulen. Sich für Letzteres zu entscheiden, war ein Segen für ihn, denn fortan trieb ihn der Gedanke, im Deutschland des Wirtschaftswunders den Menschen die Sehnsucht nach Entspannung zu stillen.

Mit seiner Frau Heidi, die er bei seiner ersten Anstellung in der Kurverwaltung Bad Neuenahr kennenlernte, begann er, von der Selbstständigkeit zu träumen.

Nach Stationen in Bad Soden, Mayen und Troisdorf erfolgte dann am Rosenmontag 1974 auf einem 7000 Quadratmeter großen Grundstück der Spatenstich für die heute bis weit über Köln hinaus bekannte Panorama-Sauna Holzweiler, die in Spitzenzeiten von 220 000 Besucher pro Jahr besucht wurde.

"Als wir 1975 eröffneten, war mein Vater ja schon 50", ist sein Sohn Ralf Schmidt (51), der seit 1993 Geschäftsführer des Familienbetriebes "Panorama-Sauna Holzweiler GmbH" ist, stolz auf den eisernen Willen des blinden Vaters. Seine Eltern hatten auf der Insel Borkum die Pläne fürs Projekt in Holzweiler in den Sand gemalt. "Die Flut spülte sie weg, aber in den Köpfen saßen sie fest."

So mussten Ponystall und Pflaumenbäume auf dem Terrain den ehrgeizigen Zielen weichen. Bank und Bürgermeister zogen mit, auch wenn die Dorfbevölkerung skeptisch war nach dem Motto "Da laufen sie ja alle nackig rum". Es gab zunächst Saunen, Freischwimmbad, Ruheräume, Solarien, Massagen, Fango-Behandlungen, Kneipp-Anwendungen, Restaurant, Club-, Fernseh- und Gymnastikraum, ein Heißsprudelbad sowie eine riesige Liege- und Sportwiese. "Bis heute ist das alles nach immensen Erweiterungen, Veränderungen und Erneuerungen FKK-Gelände geblieben - bis aufs Restaurant natürlich", sagt Schmidt.

In den 40 Jahren - das Unternehmen beschäftigt auf einem heute 30 000 Quadratmeter großem parkähnlichen Gelände 80 Voll- und Teilzeitkräfte - nahm Familie Schmidt zehn Millionen Euro in die Hand. "Wir werden nicht wie andere Bad-Betriebe steuerlich subventioniert. Ich muss sehen, wie ich betriebswirtschaftlich agiere. Ich bekomme noch nicht mal günstigeres Wasser", so Schmidt.

Dass sein Vater, der sich trotz seines Handicaps wie kein anderer auf dem Gelände auskannte und ohne Hilfe bewegte, Visionen hatte und den Betrieb ständig der großen Nachfrage anpasste, davon profitiert heute Ralf Schmidt, der schon mit 14 Jahren im elterlichen Betrieb gearbeitet und dann auch den Beruf des Masseurs gelernt hat.

"In den Boom-Jahren, wo wir von 80 Gästen pro Tag im Gründungsjahr auf 650 bis 700 Anfang der 1980er-Jahre hochschnellten, wurde permanent erweitert. Badehaus, zweites Schwimmbad, weitere Saunen, ein Teich, ein Panoramabach und die Vergrößerung des Massage- und Fangobereiches folgten. Die Gartensauna mit 120 Plätzen war damals eine der größten der Welt. Besonders ist auch die Hot-Whirl-Pool-Terrasse: drei Pools in verschiedener Form und Größe, terrassenförmig in einer Felslandschaft integriert." Die genossen auch Gäste wie Norbert Blüm oder Walter Giller.

Einen ersten wirtschaftlichen Knick brachte Anfang der 1990er die Gesundheitsreform, die Euro-Umstellung den zweiten. "Im Lauf der Jahre haben wir 40 Prozent unserer Gäste verloren. Darunter auch viele aus den Ministerien nach dem Umzug von Bonn nach Berlin", so Schmidt. Gestiegene Energiekosten, zu wenig Innovation und zu viel Konkurrenz sind für Schmidt die Gründe.

Der 51-Jährige räumt im Rückblick aber auch ein, dass es für den Gast einen spürbaren Generationenkonflikt zwischen ihm und seinem Vater gab, "der zu lange als Patriarch auf dem Stuhl klebte". "Vieles wirkte zwar bei uns familiär, aber auch oft verkrustet oder altbacken." Heute frage der 89-jährige Firmengründer nur noch wohlwollend "Was machst du?", kritisiere aber nicht mehr.

Und so langsam gehe es für die Panorama-Sauna auch wieder aufwärts. "Wir haben uns neu aufgestellt, die Schandflecken verschwinden lassen und sind zeitgemäß. Wir verkaufen uns selbst besser, geben vielen Bereichen durch kontinuierliche kleine Schritte ein neues Gesicht.

Die familiäre Gemütlichkeit in rustikalem Ambiente soll erhalten bleiben, der langjährige und ältere Gast - die rund 400, die heute pro Tag kommen sind zwischen 50 und 60 Jahre alt - nicht abgeschreckt werden. Aber natürlich sind wir bemüht, an den 360 geöffneten Tagen im Jahr vermehrt jüngere Gäste anzusprechen", so Schmidt, der gerade mit Kino-Spots der Panorama-Sauna ein neues Image verpassen will.

Eine sichtbare Verjüngung macht auch die Unternehmensführung durch. Denn Ralf Schmidt hat Sohn Jannik (20) nach einer Ausbildung zum Gas-Wasser-Installateur nun als Betriebstechniker und Saunameister angestellt, Tochter Carina (23) ist seine Assistentin. Die dritte Generation steht in den Startlöchern, in zwei bis drei Jahren soll Übergabe sein.

"Es bleibt genug zu tun, denn die Sehnsucht nach Entspannung in einer Arbeitswelt voller Hektik und Stress, die meine Eltern schon motivierte, ist bei den Menschen geblieben. Und der von meiner Mutter gewählte Name 'Panorama-Sauna' hat im übertragenen Sinne als Weitblick fürs Leben mehr denn je Bedeutung", betont Schmidt.

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