Erste Stolpersteine in Sinzig verlegt Die Erinnerung an die Opfer wachhalten

Sinzig · Zwei Gymnasiallehrer kämpfen seit 2005 dafür, die Erinnerung an jüdisches Leben und die Judenverfolgung in Sinzig wachzuhalten. Das Projekt Stolpersteine konnte realisiert werden und der Künstler Gunter Demnig verlegte nun die ersten von insgesamt 28 Messingplatten in der Stadt.

 Der Künstler Gunter Demnig verlegt die ersten Stolpersteine in Sinzig.

Der Künstler Gunter Demnig verlegt die ersten Stolpersteine in Sinzig.

Foto: Martin Gausmann

„Hier wohnte…“ steht auf den bekannten Messing-Karrees, die als Stolpersteine bekannt sind, dazu Name und Daten zu je einer Person. Für die Gudestraße 12 in Sinzig sind es Gottfried Wolff, Karoline Wolff, Adele Wolff, Frieda Wolff, Rosa Wolff und Mathilde Wolff – alle ermordet.

Zweimal wurde der Termin verschoben. Beim dritten Ablauf wurden am Mittwoch in Sinzig durch den Künstler Gunter Demnig die ersten „Stolpersteine“ verlegt, um der jüdischen Mitbürger zu gedenken, die Opfer des Nationalismus wurden. Umringt von Bürgern, Schülern und Vertretern der Stadt passte er die Steine vor Häusern ein, in denen die Geschundenen und Getöteten oder deren Familien einst wohnten. Schüler des Rhein-Gymnasiums trugen jüdische Volksweisen vor, verlasen Texte zu den Opfern und legten weiße Rosen nieder. Den ersten 18 verlegten Steinen an vier Adressen in der Innenstadt sollen weitere folgen. Insgesamt werden es alleine in Sinzig 28 sein.

Zum musikalisch begleiteten Auftakt auf dem Kirchplatz betonte der Erste Beigeordnete Hans-Werner Adams, es sei wichtig, „an den Terror der Nazi-Diktatur zu erinnern, der Opfer zu gedenken und zu mahnen, dass Ähnliches nie wieder geschieht“. Mit der Verlegung und einer Begleitschrift, „möchten wir mit dazu beitragen, die Erinnerung zu bewahren und an die nächste Generation weiterzugeben.“ Adams weiter: „Die Gedenksteine verdeutlichen uns, dass es nicht irgendwo geschah, sondern mitten in Sinzig“. Vorausgegangen waren ab 2018 die „Stolpergänge“ einer Arbeitsgruppe. Frühe Recherchen, ein Buch, eine Arbeitsgruppe „Erinnerungskultur“ und die Rhein-Gymnasiasten trugen dazu bei, „dass der Stadtrat Ende 2019 einstimmig beschloss, das Projekt Stolpersteine zu realisieren“. Finanziert werden Steine und Broschüren von der Stadt.

Steine erinnern unter anderem an einen koscheren Metzger und einen Viehhändler

Den langen Vorlauf legte Rudolf Menacher dar. Mit Hans-Ulrich Reiffen, früher beide Pädagogen des Rhein-Gymnasiums, schrieb er über jüdisches Leben in Sinzig. „Noch 1988, also 43 Jahre nach Kriegsende, war über die Opfer der Schoah aus Sinzig kaum etwas bekannt.“ Dass sich das änderte und heute in Sinzig Stolpersteine verlegt werden, sei maßgeblich Reiffen zu verdanken, der auch der Verlegung beiwohnte. Eine Schüler-Arbeit über die Juden-Verfolgung im Ort, Reiffens und Menachers Nachforschungen und Kontakte zu Nachfahren, ihr unter Schülerbeteiligung verfasstes Buch „Knoblauch und Weihrauch“, das Synagogen-Mahnmal und zuletzt bürgerliches Engagement haben die Verlegung vorbereitet. 2005 fehlte Reiffen und Mitstreitern noch die politische Unterstützung für das Stolperstein-Projekt.

In Sinzigs Koblenzer Straße 5 und 7 wurden Steine für die Eheleute Albert und Dora Liebmann mit Sohn Hans Heinz eingelassen, die eine koschere Metzgerei betrieben sowie für Leopold Salomon, Josef Salomon, Klara Salomon, Rosa Hein und Erwin Hein. Die Mühlenbachstraße 29 hat Gedenksteine erhalten für Mathilde Meyer, Ehemann Isaak, einen Viehhändler, den Sohn Karl und Mathildes Schwester Selma.

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