Kreis Ahrweiler Die Fluten des Rheins verdarben vor 20 Jahren das Weihnachtsfest

KREIS AHRWEILER · Vor 20 Jahren hat die größte Hochwasser-Katastrophe seit 1784 den Anliegern von Rhein und Ahr das Weihnachtsfest gründlich verdorben. Starke, langanhaltende Regenfälle hatten die Flüsse über die Ufer treten lassen. 5000 Einwohner des Kreises Ahrweiler waren betroffen.

 Ganze Straßenzüge standen Weihnachten 1993 in Kripp unter Wasser. Häuser wurden zu Inseln.

Ganze Straßenzüge standen Weihnachten 1993 in Kripp unter Wasser. Häuser wurden zu Inseln.

Foto: Martin Gausmann

Hunderte von Rheinanliegern mussten evakuiert werden. In Altenahr machte die Ahr den Straßentunnel der Bundesstraße 266 wie ein Sturzbach zu ihrem Bett, verkürzte ihren Lauf dadurch um rund drei Kilometer. Der Krisenstab des Kreises tagte unter Leitung des damaligen Kreisfeuerwehrinspekteurs Edgar Ropertz permanent - auch nachts.

13 Ölunfälle wurden gezählt. Die Rettungsdienste leisteten Schwerstarbeit. Und am Schluss wurde gerechnet: 3825 Kubikmeter Sperrmüll wurden bis zum 12. Januar auf die Deponien gebracht. Der Gesamtschaden allein am Rhein betrug mehr als zweieinhalb Millionen Euro.

Das Weihnachtshochwasser 1993 Hochwasser am Rhein begann schon 19. Dezember. Die Wassermassen kamen schnell, zu schnell für Bürger und Rettungsdienste. Als Landrat Joachim Weiler Ende Januar 1994 gemeinsam mit den Wehrleitern des Kreises Bilanz zog, wurden zwei wesentliche Gründe für das Ausmaß der Katastrophe genannt: Erstens die Schnelligkeit des anfließenden Wassers, was wenig Zeit für Vorsorgemaßnahmen ließ. Und zweitens die Ungläubigkeit vieler Anwohner.

"Hier wird das Wasser bald stehen", hatten Feuerwehrleute den Rheinanwohnern eindringlich erklärt und dabei auf eine Stelle an der Zimmerwand im Hausinneren gezeigt. "Was? Die Wohnung ausräumen?" So die häufige Antwort. "Viele wollten es nicht glauben, andere wollten es nicht wahrhaben. Es kann nicht sein, was nicht sein darf", sagt der damalige Wehrchef von Remagen und frühere Vize-Kreisfeuerwehrinspekteur Eduard Krahe. Er hat 1993 penibel ein Einsatztagebuch über das Hochwasser verfasst. Die Folge der unzureichenden Vorsorge: Komplette Einrichtungen landeten bald auf der Mülldeponie.

Der Hochwasserstand am Pegel Koblenz zeigte am 23. Dezember 1993, 13 Uhr, auf 9,52 Meter. Normal sind 2,50 Meter. Die Folge: An der Remagener Rheinallee stand das Wasser in den ersten Stockwerken, in Kripp waren ganze Straßenzüge von den Wassermassen eingeschlossen, und nur ganz knapp, es fehlten wenige Zentimeter, kam das Klärwerk Untere Ahr davon. Wären die Fluten übergeschwappt, der Rückstau in den Kanalrohren hätte sich bis in die Kreisstadt ausgewirkt. Denn an vielen Hausanschlüssen fehlten damals noch die Rücklaufsicherungen.

Eduard Krahe, der gemeinsam mit Bürgermeister Hans Peter Kürten die Einsätze von Kripp bis Rolandseck leitete: "Überall wurde gegen die Wassermassen gekämpft. Bis zur totalen Erschöpfung der Einsatzkräfte ging es ohne Schlaf und Pausen immer weiter."

Heiligabend fiel buchstäblich ins Wasser. Auch für Feuerwehrleute, die nicht an Rhein und Ahr wohnten. Denn aus der ganzen Eifel rückten die Trupps freiwillig an, um ihre Kollegen in den Rheinstädten zu entlasten. Und wie aus dem Nichts meldete sich ein kompletter Zug des Technischen Hilfswerkes aus Hameln. "Keiner wusste, dass die kommen", sagt Krahe.

Die 23 Hamelner hatten aber etwa dabei, was dringend gebraucht wurde: zusätzliche acht Boote. Sie waren einem Aufruf des THW Niedersachsen gefolgt und hatten sich unter Leitung von Klaus- Peter Strösau spontan auf den Weg nach Remagen gemacht.

Im Dauereinsatz waren aber auch die Helfer der THW-Einheiten Sinzig und Ahrweiler. Sie kümmerten sich um die Versorgung der vom Wasser eingeschlossenen Bürger, sorgten da, wo es ging, für Strom, verteilten ebenso wie das Rote Kreuz Lebensmittel. Rund 1000 Hilfskräfte standen unter Dauerstress, 60 telefonische Hilferufe gingen pro Stunde in der Leitstelle der Feuerwehr ein.

Erst am Zweiten Weihnachtsfeiertag hatte sich die Lage entspannt. Die ersten Bewohner kehrten wieder in ihre Häuser zurück. Doch schon kommt die zweite Hochwasserwelle. 7,39 zeigt der Pegel Koblenz am Neujahrestag - dann kam das große Aufräumen.

Pegelstände und Folgen

Folgende Pegelstände (bezogen auf den Pegel Koblenz) sind laut Hochwasser-Alarmplan und Wasser- und Schifffahrtsamt wichtige Gradmesser:

6,40 Meter: Die Rheinallee in Kripp wird überflutet. Die Rheinfähre Kripp-Linz stellt ihren Betrieb ein.

7,70 Meter: Die Bundesstraße 9 in Oberwinter wird teilweise überflutet; die Boote und Schiffe im Sporthafen liegen auf Höhe der Bundesstraße.

7,80 Meter: Die Rheinpromenade in Remagen wird in voller Länge überflutet. Sandsäcke werden bereitgestellt. In den Rheingassen werden Stege eingerichtet. Der Krisenstab aus Stadt und Feuerwehr tagt täglich.

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