100. Geburtstag Diese Spuren hat der Bildhauer Georg Gehring im Kreis Ahrweiler hinterlassen
Kreis Ahrweiler. · Vor 100 Jahren wurde der Bildhauer Georg Gehring geboren. Bekannt ist er etwa als Schöpfer der Buttermarktfrau in Adenau. Doch hat er noch mehr Spuren im Kreis Ahrweiler hinterlassen.
Aus Dank für die Wiederherstellung einer versiegten Quelle erfüllte Willy Schuh im Jahr 1957 ein Versprechen seiner Mutter: Er ließ aus schwarzem Eifelbasalt eine Mariensäule schlagen und in Niederbreisig aufstellen. Aber was hat diese mit der 30 Kilometer südwestlich stehenden und aus Bronze gegossenen „Buttermarktfrau mit Kindern“ in Adenau gemeinsam, einem der Wahrzeichen des Eifelstädtchens? Die Säule am Rhein wie die Skulptur in der Hocheifel sind Werke des am Sonntag vor 100 Jahren geborenen Bildhauers Georg Gehring.
Der schuf, nachdem er 1963 nach Adenau gekommen war, in Orten ringsum eine Vielzahl von Ehrenmalen für die Opfer der beiden Weltkriege, und er gestaltete Kirchenräume neu oder restaurierte sie. Typisch für sämtliche Werke des öffentlichkeitsscheuen Bildhauers ist, dass sie tiefe Frömmigkeit bezeugen, religiöse Motive dabei aber mit einer bemerkenswerten Vitalität künstlerisch umsetzen. Dank seines Geschicks und seines Einfühlungsvermögens in alte künstlerische Techniken machte sich Georg Gehring auch als Restaurator einen Namen. So ist ihm auch zu verdanken, dass viele künstlerische Kleinode erhalten blieben.
Georg Gehring stammte aus dem Kreis Breslau. Am 27. Dezember 1920 wurde er in Lanisch geboren. Schon Vater und Großvater waren Steinmetze, und so kam Georg bereits in jungen Jahren mit dieser Kunst in Kontakt. Nach Jahren als Soldat im Zweiten Weltkrieg traf Georg Gehring am 25. Mai 1945 in Kinding im bayerischen Kreis Eichstätt ein, wohin seine Familie aus Breslau geflüchtet war. Mit kleinen Schnitzereien, Schachspielen und Krippenfiguren etwa, konnte sich die sechsköpfige Familie notdürftig über Wasser halten. Ab 1946 studierte Georg Gehring in der Bildhauerklasse von Otto Weber-Hartl an der Münchener Akademie der bildenden Künste. Nach der Währungsreform im Jahr 1948 war er aber gezwungen, sein Studium abzubrechen.
Weil die Aufträge für ihn rapide abgenommen hatten, versuchte er im Mai 1949 bei der Dombauhütte in Köln Arbeit als Steinmetz zu bekommen. Durch einen Besuch bei einer mit ihm verwandten Nonne in Antweiler erhielt er den Auftrag, ein Kruzifix und eine Marienfigur für die dortige Kapelle zu schnitzen. Während dieser Tätigkeit lernte er den Bürgermeister des Dorfes kennen. Der bot ihm an, in Antweiler sesshaft zu werden. Über den Bürgermeister kam Gehring auch mit dem damaligen Landrat Hermann Schüling in Kontakt, der ihn beauftragte, für seine verstorbene Tochter ein Grabmal zu entwerfen und den Entwurf in Stein auszuführen. Im Zusammenhang mit diesem Auftrag erteilte Schüling dem Bildhauer eine Zuzugsgenehmigung, woraufhin sich Gehring mit seiner Familie in Antweiler niederließ – bis er 1953 ins nahe Adenau umzog, wo die produktivste Phase seines Schaffens begann.
Gehring arbeitete mit Stein, Holz und Metall, ab 1965 auch mit Galvanokupfer. Ständig war er auf der Suche nach neuen Möglichkeiten der Formen und des Ausdrucks. Für seine Arbeiten machte er sich die handwerklichen Kenntnisse und Fähigkeiten der alten Meister ebenso zunutze wie technische Neuerungen. Trotz zweier Herzinfarkte blieben seine Schaffenskraft und sein Schaffenswille bis zu seinem Tod im Jahr 1991 ungebrochen.
Kunstwerke waren für Gehring immer auch Gebrauchsgegenstände. Und sie sollten nicht nur dem Auge schmeicheln, sondern sie forderten den Betrachter zum genauen Hinsehen und Nachdenken auf – ganz gleich ob er nun, wie etwa bei der 1963 geschaffenen und zur Kriegsopfer-Gedenkstätte Adenau gehörenden Pietà aus Basaltlava, eine gegenständliche Darstellung bevorzugt oder ob er abstrahiert, wie bei dem 1976 für die St.-Nikolaus-Kirche in Nürburg aus Kerpener Marmor geschaffenen Altar mit der Darstellung des brennenden Dornbuschs.