Handwerker nach der Flutkatastrophe im Ahrtal „Wir sind bereit für den Wiederaufbau“

Kreis Ahrweiler/Koblenz · Handwerker bekennen sich bei der Landeskonferenz in Koblenz dazu, das Ahrtal nicht im Stich zu lassen. Dabei appellieren sie an die Kollegen in ganz Deutschland.

Flutkatastrophe im Ahrtal: Handwerker bekennen sich zum Wiederaufbau
Foto: dpa/Thomas Frey

„Wer in diesen Tagen durch das Ahrtal fährt, der kann sehen, wie sehr die Nothilfe bereits gegriffen hat.“ Kurt Krautscheid, Dachdeckermeister aus Neustadt und Präsident der Handwerkskammer Koblenz, verwies mit Stolz auf die in den vergangenen sieben Wochen im Katastrophengebiet zwischen Ahrbrück und Sinzig geleistete Arbeit des Handwerks.

In der Landeshandwerkerkonferenz in Koblenz, einer Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen Handwerkskammern, stellte Krautscheid aber auch klar, dass „noch eine Mammutaufgabe vor uns liegt“. Der Wiederaufbau des stark zerstörten Tals sei nicht „in zwei oder vier Jahren zu machen“. „Handwerk baut auf“, lautet das Motto der Koblenzer Kammer, die sich als „Wirtschaftsmacht von nebenan“ versteht. „Wir dürfen das Ahrtal nicht im Stich lassen“, so der Tenor in der Landeshandwerkerkonferenz, in der an alle Fachkräfte in Deutschland appelliert wurde, zu helfen, zu unterstützen und Know How einzubringen.

Flutkatastrophe im Ahrtal: 15 Milliarden für blühende Landschaften

Sollte der Bund in wenigen Tagen das milliardenschwere Hilfs- und Wiederaufbauprogramm auf den Weg bringen, dann dürften rund 15 Milliarden Euro in das Ahrtal fließen, um aus einer zertrümmerten wieder eine blühende Landschaft werden zu lassen. Das Handwerk könnte hiervon kräftig profitieren.

Allerdings: Dessen Auftragsbücher sind ohnehin voll, zudem herrscht ein kräftiger Fachkräftemangel. Rund 600 Handwerksbetriebe sind im Ahrtal von der Flutkatastrophe betroffen. Umso mehr sei Solidarität gefordert, mahnte Kammer-Präsident Krautscheid. Johannes Lauer, Vorsitzender des Unternehmerverbandes Handwerk, versprach: „Wir sind bereit für den Wiederaufbau.“

Massive Kritik am Krisenstab im Ahrtal

Thomas Linnertz, Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hörte das gern. Er ist Leiter des im Ahrtal massiver Kritik ausgesetzten Krisenstabes. Was Linnertz nicht daran hinderte, das Bild einer gut organisierten und effektiv koordinierenden Stabsarbeit zu zeichnen: „Es ist schon viel erreicht. Es gibt einen engen Schulterschluss mit den Verwaltungen vor Ort. Wer jetzt in das Tal kommt, der sieht den Unterschied zum Zustand der gleich nach der Katastrophe herrschte.“

 Die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal und in anderen Teilen von Rheinland-Pfalz war das Schwerpunktthema der Landeshandwerkskonferenz, die jetzt im Zentrum für Ernährung und Gesundheit der Handwerkskammer (HwK) Koblenz stattfand.

Die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal und in anderen Teilen von Rheinland-Pfalz war das Schwerpunktthema der Landeshandwerkskonferenz, die jetzt im Zentrum für Ernährung und Gesundheit der Handwerkskammer (HwK) Koblenz stattfand.

Foto: HwK

Die Bürgermeister und Ortsvorsteher der Städte und Gemeinden kamen in den vergangenen Wochen zu anderen Bewertungen: Von Koordination und sinnvollem Miteinander, geschweige denn von engen Schulterschlüssen könne keine Rede sein, heißt es aus den Ortschaften.

Der Blick nach vorne

Auch die Hilfsorganisationen hatten sich vielfach harscher Kritik angeschlossen: Die eine Hand wisse nicht, was die andere mache, so der Tenor. Es gebe kaum Abstimmungen, es herrsche Chaos und Durcheinander. Heppingens Ortsvorsteher Klaus Kniel bescheinigte dem Krisenstab gar öffentlich, wie eine „Amateurtruppe“ zu arbeiten. Petra Dick-Walther, Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, betonte, nun müsse der Blick nach vorne gerichtet werden. Ohne das Handwerk werde der Wiederaufbau nicht gelingen können. Von Anfang an seien die Fachkräfte die tragenden Säulen der Krisenbewältigung gewesen. Die Schäden im Ahrtal seien von „historischer Dimension“, ein Kraftakt stehe beim Wiederaufbau an.

„Wir sind auf Solidarität angewiesen“, so die Staatssekretärin. Handwerker aus ganz Deutschland seien gefordert, sich einzubringen. Und: „Die Menschen brauchen wieder Perspektiven in ihrer Heimat.“ Was Nicole Steingaß nur unterstreichen konnte. Die Staatssekretärin aus dem Mainzer Innenministerium sagte in der Landeshandwerkerkonferenz: „Sie setzen ein starkes Zeichen. Wenn wir in die Zukunft schauen, dann wird das Handwerk eine große Rolle spielen.“ Steingaß ist Beauftragte für den Wiederaufbau des Ahrtals. Hierbei werde es vieler Hände bedürfen. „Ich hoffe, wir sehen uns auf vielen Baustellen“, meinte sie an die Handwerker gerichtet. Das hofft auch Günter Kern, der Leiter des Verbindungsbüros „kommunaler Wiederaufbau“. Der ehemalige Staatssekretär und Ex-Landrat forderte „schnelle und unkonventionelle Entscheidungen“. Das Ahrtal benötige eine „konzertierte Aktion mit Handwerkern aus ganz Deutschland“.

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